Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
der Burg und der Umgebung.« Er musterte mich kritisch von Kopf bis Fuß. »Bring Er mir mein Schreibzeug. Ich gebe Ihm einen Kreditbrief mit, für Scrandon, den Schneidermeister.« Der Narr räusperte sich und wechselte den Ton. »Du wirst seine Werkstatt leicht finden, du kennst sie von früher. Mollys Vater hatte dort seine Kerzlerei. Er soll dir Maß nehmen für eine vollständige Ausstattung: Alltagskleider, und einen Anzug für solche Gelegenheiten, bei denen ich will, dass du etwas hermachst. Wenn du sowohl Diener als auch Leibwächter sein willst, dann halte ich es für passend, dass du bei Festmahlen hinter meinem Stuhl stehst und mich auf Ausritten begleitest. Und geh auch zu Croy. Er hat einen Verkaufsstand in der Nähe der Straße der Schmiede. Waffen aus zweiter Hand. Schau dir seine Schwerter an und such dir eine Klinge aus, die dir brauchbar erscheint.«
Ich nickte zu jeder seiner Anweisungen, dann begab ich mich zu dem Pult in der Ecke und legte für meinen Herrn Papier und Feder zurecht. Derweil bemerkte hinter mir der Narr halblaut: »Die Wahrscheinlichkeit ist zu groß, dass man sowohl Hods Arbeit als auch Veritas Klinge wiedererkennt. Ich rate dir, dieses Schwert in Chades Turmgemach aufzubewahren.«
Ohne mich umzudrehen, sagte ich: »Ich werde den Rat befolgen. Und ich werde auch mit dem Waffenmeister sprechen und ihn bitten, mir einen Fechtpartner zuzuteilen. Ich werde vorgeben, meine Fähigkeiten wären ein wenig eingerostet und mein Herr möchte, dass ich wieder in Schwung komme. Wer war des Prinzen Fechtlehrer?«
Der Narr wusste es. Man konnte sich darauf verlassen, dass er solche Dinge wusste. Er antwortete und nahm auf dem Stuhl vor dem Pult Platz. »Cresswell war sein Lehrer. Am häufigsten ließ er ihn gegen eine junge Frau mit Namen Delleree antreten. Leider kannst du nicht ausdrücklich sie verlangen. Hm. Sag ihm, du möchtest mit jemandem fechten, der mit zwei Schwertern kämpft, um deine Paraden zu verfeinern. Ich glaube, das ist ihre Spezialität.«
»Damit versuche ich es. Danke.«
Einige Minuten lang kratzte seine Feder eifrig über das Papier. Einoder zweimal hob er den Kopf und musterte mich mit einem abschätzenden Blick, der mich unruhig machte. Ich wanderte zum Fenster hinüber und schaute hinaus. Draußen blaute ein herrlicher Tag. Gern hätte ich ihn für mich gehabt. Bei dem Geruch von erhitztem Wachs drehte ich mich um und sah, wie der Fürst die gefalteten Schriftstücke versiegelte. Er wartete bis das Wachs hart war, dann hielt er sie mir hin.
»Nun nehm Er die Beine in die Hand und spute sich zum Schneidermeister und zum Waffenhändler. Meine Durchlaucht wird, denke ich, ein wenig durch die Gärten lustwandeln und danach bin ich bei der Königin zur Audienz …«
»Ich habe sie gesehen – Kettricken.« Ich würgte an einem bitteren Lachen. »Eine Ewigkeit schien es her zu sein, dass wir die steinernen Drachen geweckt haben und so weiter. Und dann geschieht etwas, und plötzlich ist mir, als wäre es gestern gewesen. Als ich Kettricken das letzte Mal sah, saß sie auf dem Rücken von Veritas-als-Drache und wünschte mir Lebwohl. Und dann sehe ich sie heute wieder, und es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Seit mehr als einem Jahrzehnt herrscht sie hier als Königin.
Ich habe all dem hier den Rücken gekehrt, um meine Wunden heilen zu lassen und weil ich glaubte, ich könne nicht länger Teil davon sein. Nun, da ich zurückgekehrt bin und mich umschaue, drängt sich mir die Erkenntnis auf, dass ich mein Leben verpasst habe. Während ich als Einsiedler meine Tage an mir vorüberziehen ließ, hat sich hier das Rad der Zeit weitergedreht, ohne mich, und ich bin dazu verurteilt, auf ewig ein Fremder im eigenen Haus zu sein.«
»Bedauern ist sinnlos«, erwiderte der Narr. »Dir bleibt nichts anderes übrig, als dein Leben an dem Punkt wiederaufzunehmen, an dem du jetzt stehst. Und wer weiß? Vielleicht stellt sich heraus, dass du aus deinem selbst auferlegten Exil etwas mitbringst, das uns hilfreich sein kann.«
»Und die Zeit läuft uns davon, während wir schwatzen.«
»Er nimmt mir das Wort aus dem Munde.« Fürst Leuenfarb wies auf den Schrank. »Meinen Rock, Dachsenbless. Den Grünen.«
Ich öffnete die Schranktüren und befreite das gewünschte Kleidungsstück aus der Enge des drangvollen Kastens, dann drückte ich gegen den Widerstand der schwellenden Stoffmassen die Türen zu. Ich hielt die Jacke, wie ich es bei Charim, Veritas altem Leibdiener,
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