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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aus, der mehr im Freien lebte, als in einer festen Behausung. Wenn ich diese Rolle spielen sollte, dann so, dass sie glaubwürdig wirkte. Dieser neue Diener des Fürsten Leuenfarb musste eine Person sein, mit der ich leben konnte und die ich überzeugend zu spielen vermochte.
    Vor des Fürsten Gemächern angelangt, klopfte ich an, wartete einen diskreten Moment und trat ein. Der Narr stand am Fenster und schaute hinaus. Ich schloss sorgfältig die Tür hinter mir, schloss ab und stellte dann das Tablett auf den Tisch. Während ich aufdeckte, sprach ich zu seinem Rücken. »Ich bin Tom Dachsenbless, Euer Diener. In meinem Empfehlungsschreiben an Euch steht, ich wäre von einem allzu gütigen Herrn über meinem Stand erzogen worden, doch wäre meine Klinge geschliffener als meine Manieren. Ihr habt mich genommen, weil Euch daran gelegen ist, einen Diener zu haben, der gleichzeitig als Leibwächter fungieren kann. Man hat Euch gewarnt, ich sei mürrisch und neigte zum Jähzorn, trotzdem wollt Ihr es mit mir versuchen, um zu sehen, ob ich für Eure Zwecke passe. Ich bin – zweiundvierzig Jahre alt. Meine Narben habe ich mir eingehandelt, als ich meinen letzten Herrn gegen drei – nein sechs – Wegelagerer verteidigte. Ich habe sie alle getötet. Es ist gefährlich, mich zu reizen. Als mein letzter Herr starb, hinterließ er mir ein kleines Legat, welches mir in den letzten Jahren ein bescheidenes Auskommen ermöglicht hat, doch jetzt ist mein Sohn herangewachsen, und seinem Wunsch entsprechend will ich ihn in Bocksburg in die Lehre geben. Ihr habt mich bewogen, in Euren Dienst zu treten, um meine Börse weicher zu polstern.«
    Leuenfarb hatte sich ins Zimmer gewandt. Die aristokratischen Hände gefaltet, lauschte er meinem Vortrag. Nachdem ich geendet hatte, nickte er. »Gefällt mit, Tom Dachsenbless. Typisch für unseren Fürsten Leuenfarb, sich einen Diener zu leisten, der ein kleines bisschen gefährlich ist. Wie ich mich damit brüsten werde! Er macht sich, Er macht sich.«
    Er trat an den Tisch, und ich rückte ihm den Stuhl zurecht. Er setzte sich und musterte die Frühstückstafel. »Ausgezeichnet. Ganz so, wie ich es mag. Weiter so, und ich werde Seinen Lohn erhöhen müssen.« Er schaute mich an. »Setz dich hin und iss mit«, lud der Narr mich ein.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss mich in meine Rolle einfinden, Euer Gnaden. Darf ich Euch Tee einschenken?«
    Über das Gesicht des Narren flog ein Schatten, dann nahm Fürst Leuenfarb das Mundtuch und betupfte sich die Lippen. »Aber flugs! Worauf wartet Er?«
    Ich schenkte ein.
    »Dieser Sohn, von dem Er spricht. Ich habe ihn noch nicht kennen gelernt. Er wohnt im Ort unten?«
    »Jawohl, Euer Gnaden. Ich habe ihm aufgetragen, dass er nachkommen soll.« Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich Harm nur wenig mehr als das gesagt hatte. Er würde hier ankommen mit einem müden alten Pony vor einem klapprigen Wagen, in dem ein alter Wolf lag. Ich war noch nicht bei Jinna gewesen, um sie zu bitten, ihn bei sich aufzunehmen. Was, wenn sie es unverschämt von mir fand, einfach anzunehmen, er könne bei ihr unterschlüpfen? Wie eine haushohe Woge brachen die Forderungen meines anderen Lebens über mich herein. Ich hatte für Harms Aufenthalt keinerlei Vorkehrungen getroffen. Er kannte niemanden sonst in Burgstadt, außer Merle, und von ihr wusste ich nicht einmal, ob sie sich zurzeit dort aufhielt. Abgesehen davon hatten wir uns im Zorn getrennt, und es war nicht anzunehmen, dass Harm sich an sie um Hilfe wenden würde.
    Ich musste bei nächstmöglicher Gelegenheit die Krudhexe aufsuchen und sicherstellen, dass mein Ziehsohn bei ihr Herberge nehmen konnte. Zweitens musste ich für Harm eine Nachricht bei ihr hinterlegen. Und ich musste Chade bitten, wegen der Lehrstelle zu vermitteln. Im Lichte dessen, was ich inzwischen erfahren hatte, sah ich es als ›eine Hand wäscht die andere‹, aber mir wurde bang bei dem Gedanken an meine Seite des Handels. Als letzter Ausweg blieb mir immer noch, den Narren um das Geld zu bitten, auch wenn es mich sauer ankam. Wie hoch war überhaupt mein Lohn als sein Kammerdiener? Ich nahm mir fest vor zu fragen, aber die Worte wollten mir nicht über die Lippen.
    Der Fürst schob seinen Stuhl zurück. »Was schweigt Er sich aus, Dachsenbless? Was Seinen Sohn betrifft, so erwarte ich, dass Er mir den Burschen vorstellt. Für heute sei Ihm der Vormittag zur freien Verfügung gestellt. Räum Er hier auf, dann mach Er sich vertraut mit

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