Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
gesehen hatte, und half meinem Herrn hineinzuschlüpfen. Er streckte mir die Hände hin, und ich zupfte die Manschetten in Form und zog hinten die Schöße stramm. Seine Augen funkelten belustigt. »Brav macht Er das, Dachsenbless«, lobte er, schritt vor mir zur Tür und wartete, dass ich sie ihm öffnete.
Nachdem er hinausgegangen war, legte ich den Riegel vor und machte kurzen Prozess mit den Resten des Frühstücks, anschließend stapelte ich das Geschirr wieder auf das Tablett. Ich warf einen Blick zu der Tür von des Narren Privatgemach, zündete dann eine Kerze an, trat in meine eigene Kammer und schloss hinter mir die Tür. Ohne die Kerze hätte ich nicht die Hand vor Augen gesehen. Erst nach einigem Herumtasten fand ich den Auslöser des Schnappriegels, und erst beim zweiten Versuch drückte ich gegen die richtige Stelle der Wand. Trotz des Muskelkaters in den Beinen stieg ich mit Veritas Schwert die vielen Stufen zu Chades Turmgemach hinauf und lehnte es in die Ecke neben dem Kamin.
In die Gemächer des Narren zurückgekehrt, räumte ich den Tisch ab. Als ich, das Tablett in den Händen, in den Spiegel schaute, sah ich einen Bediensteten in Weitseherblau, einen von vielen. Ich seufzte, ermahnte mich, den Blick gesenkt zu halten, und verließ das Zimmer.
Hatte ich je befürchtet, dass man mich in meinem alten Zuhause wiedererkennen würde? Man nahm mich überhaupt nicht zur Kenntnis. Ein Blick auf meinen blauen Kittel und die dienstbeflissene Haltung, und ich war vergessen. Einige aus der großen Schar der dienstbaren Geister schauten verstohlen zu mir her, aber zumeist waren sie mit ihren eigenen Pflichten beschäftigt. Einige murmelten einen hastigen Gruß, und ich ließ es mir angelegen sein, ihnen freundlich zu danken. Das waren die Leute, mit denen ich mich gutstellen musste, denn in einem großen Haus begibt sich nur wenig, worüber das Gesinde nicht Bescheid weiß.
Ich lieferte Geschirr und Tablett in der Küche ab und machte mich auf den Weg, meine Aufträge auszuführen. Am Tor ließ man mich ohne Frage nach dem Woher und Wohin passieren, und ich fand mich auf der steilen Straße wieder, die nach Burgstadt hinunterführte. Bei dem freundlichen Wetter waren viele Menschen unterwegs. Die Sonne schien gewillt, ihre Herrschaft noch ein wenig länger zu behaupten. Ich hielt mich hinter einem Trüppchen junger Zofen, die mit dem Einkaufskorb am Arm ins Städtchen hinunterspazierten. Sie schauten sich zweimal argwöhnisch nach mir um und schenkten mir dann keine Beachtung mehr. Ich lauschte auf ihr munteres Geplapper, aber es kreiste lediglich um die bevorstehenden Festlichkeiten anlässlich der Verlobung des Prinzen und wie ihre Herrinnen sich dafür schmücken wollten. Wie durch ein Wunder war es der Königin und Chade gelungen, das Verschwinden des Prinzen vollkommen geheim zu halten.
In Burgstadt unten versäumte ich nicht meines Herrn Aufträge auszuführen, spitzte aber die Ohren nach jedem Wort, das sich auf Pflichtgetreu beziehen konnte. Ich fand die Schneiderwerkstatt ohne Mühe. Wie Fürst Leuenfarb gesagt hatte, kannte ich das Haus von früher, als Mollys Kerzlerei sich dort befunden hatte. Es war merkwürdig, jetzt wieder über die Schwelle zu treten. Meister Scrandon nahm meinen Kreditbrief bereitwillig an, doch als er las, bis wann die Bestellung fertig sein sollte, schnalzte er mit der Zunge. »Je nun, er bezahlt mich großzügig, dein Herr, sodass ich mir schon einmal die Nacht für ihn um die Ohren schlagen kann. Morgen wird alles fertig sein.« Aus seinen übrigen Kommentaren konnte ich schließen, dass es nicht der erste Auftrag von Fürst Leuenfarb war. Ich stand stumm auf einem niedrigen Schemel und ließ das Maßnehmen über mich ergehen. Um meine Meinung befragt wurde ich nicht, denn Fürst Leuenfarb hatte in seinem Brief ausführlich dargelegt, wie er seinen Kammerdiener ausstaffiert wünschte. Ich hatte Muße, meinen Gedanken nachzuhängen und mich zu fragen, ob ich die Gerüche von Bienenwachs und Duftkräutern wahrnehmen konnte, oder ob mir die Erinnerung einen Streich spielte.
Bevor ich ging, erkundigte ich mich bei Meister Scrandon, ob er in Burgstadt eine Krudhexe kannte; ich wolle mir die Zukunft vorhersagen lassen, ob es mir in meiner neuen Stellung gut gehen würde. Er schüttelte den Kopf über den Aberglauben des einfachen Volkes, gab mir aber den Rat, in der Gegend um die Straße der Schmiede nachzufragen.
Das passte mir gut, denn mein nächster Auftrag führte
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