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Die Zweitfrau

Die Zweitfrau

Titel: Die Zweitfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ploetz
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sind keine tiefgreifende Gespräche, wir tauschen uns einfach aus. Oder ich lese ihm aus der Zeitung vor, gelegentlich auch aus einem Buch. Und oft schläft er auch einfach ein, ich sitze bei ihm und hänge meinen Gedanken nach, beobachte ihn im Schlaf. Abends informiere ich seine Kinder wie es ihm geht, welche Veränderungen sich ergeben haben. Spreche auch Besuchstermine mit ihnen ab, denn wir wollen Peter auch nicht überfordern. Wollen nicht im „Pulk“ auftreten, sondern lieber alleine oder in kleinen Gruppen kommen, sodass immer jemand bei ihm ist.
    Nachdem seine Tochter ihn mit den Kindern besucht hat, telefoniert sie mit mir und ist erschüttert.
    „Wie hält man das nur aus, jeden Tag zu sehen, wie es schlimmer wird, zu Ende geht?“, fragt sie mich.
    Eine gute Frage, aber ich kann sie ihr nur schwer beantworten:
    „Man lebt eben von einem Tag auf den anderen, man kommt gar nicht so richtig zur Besinnung. Es fällt einem nicht auf und wenn es einem auffällt, dann schiebt man es beiseite, macht einfach weiter, genießt die Zeit, die man mit Peter hat.“
    Sie weint ein wenig am Telefon, spricht davon, dass Peter ein so guter Vater war, dass sie dankbar ist für ihre sorglose Kindheit. Ich höre einfach zu, was soll ich auch sagen? Wir alle haben unsere Erinnerungen, die ganz unterschiedlich sind.
    Die Wiener rufen an und kündigen ihr Kommen für Montag an. Sie wollen zwei Tage bleiben, ich soll doch bitte nach einem Zimmer für zwei Nächte suchen. Als ich Peter das erzähle, freut er sich und macht tatsächlich Pläne, mit den Beiden zum Essen zu gehen. Ich buche also das Zimmer in einem Hotel in unserem Wohnort, das auch für seine Küche einen guten Ruf hat. Und es liegt nicht weit von unserer Wohnung weg, sodass ich die Beiden morgens abholen kann, um sie zu Peter zu fahren.
    Am Tag bevor sie ankommen, erhalte ich einen Anruf von Marlies, Peters geschiedener Frau.
    „Ich möchte dich fragen ob du Einwände hast, wenn ich Peter noch einmal besuche? Es ist mir sehr wichtig mit ihm zu reden. Ich habe jetzt lange gewartet. Aber ich denke, jetzt wird es Zeit, sonst ist die Gelegenheit vorbei.“
    „Also hör mal Marlies, du brauchst meine Erlaubnis doch nicht, wenn du ihn besuchen willst. Es ist für mich selbstverständlich, dass du dies tust. Schließlich ward ihr beide über dreißig Jahre verheiratet, habt gemeinsame Kinder. Das wischt man doch nicht einfach so weg. Mit Sicherheit werde ich niemandem im Weg stehen, der sich von Peter verabschieden will.“
    In dieser ersten Woche kommt dann auch endlich die Nachricht, dass das Auto in der kommenden Woche zur Abholung bereit steht. Wir sollen uns bitte melden. Also informiere ich Peter darüber als ich ihn am Nachmittag besuche.
    Er liegt im Bett und fragt mich mit flehenden Augen:
    „Du willst das Auto wirklich nicht haben?“
    Ich atme tief durch und erkläre ihm erneut meinen Standpunkt.
    Er blickt mich intensiv an.
    Da sage ich: „Es ist dir sehr wichtig, dass ich dieses Auto fahre?“
    „Ja“, nickt er, „es ist sehr wichtig für mich.“
    „Also gut, wenn es dir so wichtig ist, dann nehme ich das Auto.“
    „ Du musst es aber auch fahren, darfst es nicht verkaufen, sonst machst du viel Geld kaputt“, weist er mich an.
    „Wenn ich jetzt sage, ich fahre das Auto, dann werde ich es fahren, ich werde es auf keinen Fall verkaufen. Ich nehme das jetzt mal einfach als Vermächtnis von dir. Ich bitte dich aber nochmals mit den Kindern darüber zu reden. Ich möchte nicht, dass sie denken, dass du dieses Auto meinetwegen gekauft hast. Ich will nicht mit ihnen über Kreuz kommen. Dazu ist mir das gute Verhältnis zu ihnen zu wichtig.“
    Das verspricht er mir gerne zu tun. Also informiere ich den Händler darüber, dass das Auto sofort auf mich zugelassen werden soll und wir leider zu der geplanten Werksbesichtigung nicht kommen können. Der Herr ist erschüttert, als ich ihm erkläre, warum nun alles ganz anders ist als noch im Februar geplant.
    Am Wochenende kommen die Kinder und besuchen ihren Vater, sodass ich erst später kommen muss. Allerdings bringt mir das nicht die innere Ruhe, die ich mir davon versprochen habe. Ich bin immer nervös, immer unruhig, immer voller Angst und Sorge. Als ich am frühen Abend im Hospiz eintreffe - rechtzeitig zum Abendessen - erzählt mir Peter von dem Besuch. Es ist sehr schön gewesen, aber auch sehr anstrengend für ihn. Nach dem Essen gehen wir in sein Zimmer zum Duschen und hier nun streckt mir Peter

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