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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Bruder aus seiner Beobachtung.
    Tungdil entfaltete die Skizze des Tunnelsystems, die er bei ihrem letzten Halt angefertigt hatte. »Es wäre möglich«, schätzte er.
    »Hoffentlich bricht die Decke über ihm ein«, grummelte Ingrimmsch und sammelte Holzreste, um damit ein Feuer zu machen; doch kaum berührten seine Finger die Balkenstücke, zerfielen sie zu Sägemehl und kleinen Brocken. Aus den gerösteten Pilzscheiben mit geschmolzenem Käse wurde nichts.
    Sie nahmen schweigend ihr Mahl ein, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Bavragor trank ordentlich und stimmte seine Gesänge an, ohne sich um die Einwände seiner Begleiter zu scheren. Seine kräftige Stimme hallte durch den Raum und pflanzte sich durch die Röhren fort.
    »Sei endlich still! Sonst weiß jedes Lebewesen unter der Erde, dass ein paar Zwerge hier sind«, beschwerte sich Goїmgar.
    »Bei dem Gegröle, das er unterwegs von sich gab, dürfte es längst bekannt sein«, grinste Boëndal.
    »Unser kleiner Schimmerbart hat wieder Angst, was?!«, stichelte Boїndil, während er seine Beile in den Schoß legte und die Schneiden mit einem Schleifstein bearbeitete. »Keine Sorge, mein Bruder und ich sind bei dir.« Prüfend fuhr er mit dem Daumen über die Klinge. »Sie hat schon lange kein Orkblut mehr getrunken. Sie ist ebenso ungeduldig wie ich.«
    »Glaubst du denn, es gibt hier unten welche?«, fragte Goїmgar bange.
    »Alles kann in diesen Stollen leben«, erwiderte er mit irrem Blick. Boëndal und Tungdil verstanden sogleich, dass er sich einen Scherz mit dem Diamantenschleifer erlaubte, um ihn noch mehr zu erschrecken. »Hunderte von Zyklen waren sie ungenutzt. Vielleicht treffen wir auf Bestien, die es sich hier unten gemütlich gemacht haben.« Er schlug die Beile mit den flachen Seiten gegeneinander, dass es laut klirrte. »Ho, wir müssen ihnen den Krieg erklären und sie hinauswerfen.«
    »Genug, tapferer Krieger«, bremste ihn Tungdil.
    Aber Boїndil lachte laut, er hatte sich in Kampfstimmung geredet. »Kommt nur, ihr Oger, ihr Trolle, ihr Orks und alle widerlichen Kreaturen Tions! Hier sind die Kinder des Schmieds, die euch vernichten werden!«, rief er laut, um den Gesang des Steinmetzen zu übertönen. »Kommt, damit ich euch töte!«
    »Pst, bitte, sei still!«, bat Goїmgar ihn flehentlich und kroch rückwärts, bis er die sichere Wand im Rücken spürte. »Fordere nichts heraus!«
    »Ich habe von Wesen gehört, die von Tion eigens als Feinde der Zwerge erschaffen wurden, so wie die Albae die Todfeinde der Elben sind«, mischte Bavragor sich ein und ölte seinen Hals mit einem neuerlichen Schluck aus dem geheimnisvollen Schlauch.
    »Und ich habe von Wesen gehört, die nach deinem Gesang qualvoll gestorben sind«, feixte Boëndal.
    »Wenn uns die Orks gleich besuchen, halt bloß den Mund. Du schlägst sie sonst noch in die Flucht«, setzte Boїndil nach.
    Bavragor bedachte ihn mit einer unanständigen Geste und setzte zu einem neuen Lied an, doch Tungdil befahl ihm zu schweigen. »Wir wollen doch hören, ob sich jemand an uns heranschleicht«, meinte er und erntete sogleich die Zustimmung der Zwillinge und Goїmgars.
    »Von mir aus.« Bavragor verlegte sich aufs leise Summen, baute sich aus Decken sein Nachtlager und schnarchte wenig später fast lauter, als er gesungen hatte. Die Zwillinge legten sich ebenfalls zur Ruhe, während Goїmgar sich nicht mehr vom Fleck rührte. Tungdil musste ihm die Decke reichen, weil er beabsichtigte, im Sitzen zu schlafen.
    »Ich weiß, was du vorhin versucht hast«, sagte er nach einer Weile leise zu ihm, als er sich sicher war, dass die anderen drei schliefen.
    »Ich verstehe nicht …«
    »Vorhin, in der anderen Halle«, erinnerte er ihn. »Du wolltest den Plan beschädigen, damit er uns nichts mehr nützt. Warum hast du das versucht?«
    Der schmächtige Zwerg funkelte ihn trotzig an. »Ich wollte den Staub abwischen.«
    »Mit deinem Dolch?« Tungdil betrachtete sein Gesicht, suchte seinen Blick. »Ich möchte, dass du verstehst, dass ich nicht dein Feind bin.«
    »Mein Feind? Nein, du bist nicht mein Feind. Du bist nichts, nicht einmal ein Vierter«, entgegnete er unfreundlich. »Vraccas mag wissen, woher du kommst, aber unserem Stamm gehörst du nicht an. Ein Dahergelaufener möchte sich den Thron aneignen, der ihm nicht gebührt. Aber es wird dir nicht gelingen. Auch wenn mein König mir befohlen hat, all deine Anweisungen zu befolgen, so werde ich einen Weg finden, deinen Aufstieg zu verhindern

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