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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Reden überlassen«, wies Tungdil sie voller böser Vorahnungen an. »Ich kenne die Menschen am besten von euch allen.«
    Die anderen nickten zustimmend. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einem Abstieg und fanden einen schmalen Pfad, der sie durch den dichten Forst führte.
    Der Sonnenschein wurde von den Kronen der Nadelbäume gedämpft. Ein leichter herbstlicher Nebel hing zwischen den Stämmen; in Höhe der Oberschenkel war er sogar undurchdringlich dicht und wirkte wie milchiges Wasser. Das Zwielicht erleichterte es den Zwergen, sich an die Helligkeit zu gewöhnen.
    »Das sind also die Wälder, in denen Maira den Einhörnern eine Zuflucht vor der Verfolgung gewährt«, sagte Tungdil begeistert, das aus Büchern Bekannte mit eigenen Augen zu sehen. »Wenn wir Glück haben, begegnen wir ihnen vielleicht.«
    »Und was soll ich dann mit ihnen?«, meinte Boїndil ratlos. »Reiten bestimmt nicht.«
    »Anschauen. Es gibt nicht mehr viele von ihnen, seit sie von den Albae gejagt wurden.«
    »Muss es in einem Wald denn so ruhig wie in einem verlassenen Stollen sein?«, fragte Bavragor. »Ich könnte ein Lied singen, damit die Viecher wissen, dass wir hier sind, und sie herkommen, um sich betrachten zu lassen.«
    »Einhörner sind scheue Tiere. Gesang …«
    »… sein Gesang, Gelehrter«, verbesserte Boëndal leise.
    »… hilft da nicht. Angeblich nähern sie sich nur Jungfrauen«, belehrte ihn Tungdil.
    »Nun, wer käme da wohl infrage, um als Lockvogel zu dienen?«, sinnierte Bavragor, und Tungdil wurde rot, ohne dass er es verhindern konnte.
    Plötzlich stolperte Boїndil über etwas am Boden, das der Dunstschleier vor seinen Augen verbarg.
    »Nanu?«, wunderte er sich und drückte mit einem seiner Beile vorsichtig auf den weichen Gegenstand, der weiterhin unsichtbar blieb. Die Klinge färbte sich hellrot. »Deinen Schild«, verlangte er von Goїmgar und wedelte damit die Schwaden auseinander, damit sie erkannten, was blutend auf der Erde lag.
    »Ein Pferd?«, staunte Bavragor, als der Körper mit dem weißen Fell sichtbar wurde. »Oder … ist das ein Einhorn?«
    Tungdil kniete sich neben die tote Kreatur, die etliche Bisswunden eines Raubtieres am Leib trug, die Kehle hing in Fetzen gerissen, das kostbare Horn war mit brutaler Gewalt aus dem Schädel gebrochen.
    »Es war ein Einhorn«, sagte er traurig und streichelte über das weiche Fell. Die Bücher Lot-Ionans schwärmten von diesen Kreaturen, nannten sie rein, gut, fern von jeglicher Bosheit – was sie aber nicht vor dem Tod durch das Böse bewahrte. »Die Horden Nôd’onns müssen hier gewesen sein.«
    »Du meinst, sie sind vielleicht immer noch hier und lauern zwischen den Bäumen?«, hoffte Boїndil, was Goїmgar dazu brachte, ein paar Schritte von dem Kadaver zurückzuweichen und prompt zu stürzen.
    Rücklings verschwand er im Nebel, um kurz darauf schreiend wieder aufzutauchen und sich zu den anderen zu flüchten. Seine Hände waren voller Blut. »Da liegt noch eins«, rief er angewidert. »Gib mir sofort meinen Schild zurück!«
    Ingrimmsch trat an die Stelle, wo der Vierte gefallen war, und verwirbelte die weißen Schwaden; ein leichter Wind wehte durch den Wald und half dem Zwerg, den Dunst zu verjagen.
    Ihnen stockte der Atem, als sie das Ungeheuerliche erblickten. Ein Dutzend Einhörner und die dreifache Menge Orks ruhten tot auf der Erde. Die Bestien waren den Tritten und Hörnern der Vierbeiner zum Opfer gefallen; die Einhörner aber waren von klaffenden Wunden gezeichnet und mit langen Pfeilen gespickt.
    Die Zwerge erkannten im schwindenden Nebel schemenhaft Barrikaden aus Baumstämmen, die den Kreaturen des Lichts zum Verhängnis geworden waren.
    »Sie haben eine Treibjagd auf die Einhörner veranstaltet«, sagte Bavragor erschüttert. »Wie viele gibt es von ihnen, sagtest du?«, fragte er Tungdil.
    »Etwas mehr als ein Dutzend«, antwortete er nicht minder entsetzt. Selbst jetzt, da die Einhörner tot waren, konnte er erahnen, welche Friedfertigkeit, welche Würde und Freundlichkeit von ihnen ausging, ehe sie von den niedersten Kreaturen ausgelöscht wurden. »Es sind alle, die es im Geborgenen Land noch gab.«
    »Es steht schlimm um unsere Heimat«, bemerkte Boëndal traurig. »Auf, rasch in die Stadt, ein Pony besorgt und weitergeritten. Je eher wir den Kampf gegen Nôd’onn aufnehmen, desto mehr Leben können wir retten.« Sie rissen sich zusammen, kletterten über die Palisaden und setzten ihren Weg durch den Wald fort.
    Hat

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