Die Zwerge
Donnern.
»Würde sich der geschätzte Spectator bequemen, etwas leiser zu trampeln?«, rief der falsche Nôd’onn entrüstet von der Bühne. Die Albin verzog das Gesicht und stemmte die Hände in die schmalen Hüften. Im Gegensatz zum nachgemachten Magus wirkte sie in ihrer schwarzen Rüstung immer noch sehr echt, trotz des geplatzten Gaukelspiels. »Ich versuche hier, die anderen Spectatores zu unterhalten, wenn es recht ist.«
»Dieb!«, antwortete ihm der Zwerg, ohne anzuhalten. »In Eurem feinen Theater wird gestohlen.«
»Sicher. Und zwar von Euch, mein murkeliger Freund. Ihr stehlt nämlich meine kostbare Zeit«, gab der Mime bissig zurück, »und meine unbezahlbare Geduld. Da Ihr sie nun habt, schert Euch zusammen mit Eurer Beute hinaus und lasst mich für die Kenner der Kunst mein Stück zu einem glücklichen Ende bringen, wie es sich gehört.«
Die Besucher applaudierten ihm, Gelächter erklang, der Schauspieler verneigte sich.
Narr. Da war Tungdil schon auf der Gasse und blieb vor dem Eingang des Curiosums stehen, um nach dem dreisten Räuber Ausschau zu halten. Er entdeckte ihn, als er um die nächste Ecke bog. Den Sack hatte er sich auf den Rücken geschwungen, damit er die Hände frei hatte.
»Halt! Gib ihn her!«, verlangte er und heftete sich an die Fersen des Diebes.
Die Verfolgung gelang ihm über drei Straßenzüge hinweg, aber nach der vierten Gasse und dem wohl zehnten abrupten Richtungswechsel verlor Tungdil ihn aus den Augen und stand ratlos vor einem übervölkerten Marktplatz. Die Menschen bildeten einen Blickschutz, hinter dem sein Gepäck verschwand.
Das Stück Sigurdazienholz! Siedend heiß überlief es ihn. Genau das hätte niemals geschehen dürfen. Ich bin doch nicht so weit gekommen, um mich von einem einfachen Gauner beklauen zu lassen, spornte er sich selbst voller Grimm an.
Mit einer Hand fasste er die Axt, mit der anderen schubste und drückte er die Menschen zur Seite, bis er an einem hoch aufragenden Stand mit geflochtenen Weidekörben anhielt und den Stapel erklomm.
Doch von hier oben sah es nicht besser für ihn aus. Ohne die Hilfe der einheimischen Gardisten wäre es ihm unmöglich, sein Eigentum zurückzuerhalten. Aber angesichts der Orks, die vor den Toren lauerten, würde er mit seinem Anliegen sicherlich und sogar mit Recht auf taube Ohren stoßen. Wie könnte er sie auch von der Wichtigkeit überzeugen?
Entschuldigt, aber ich habe ein Stück Holz verloren, mit dem ich die Stadt und das Land vor dem Toten Land bewahren kann … Wer würde mir das glauben?
Als er hinabstieg, um zum Wirtshaus zurückzukehren, wo Bavragor und Boїndil hoffentlich auf ihn warteten, stellte er fest, dass er sich zu allem Überfluss auch noch in Mifurdania verlaufen hatte.
*
Tungdil kannte nicht einmal den Namen der Herberge, in die er die anderen beiden geschickt hatte. Das Tor bildete seinen einzigen Anhaltspunkt.
Sind wir durch das Nordtor gekommen oder durch ein anderes?
Brummelnd machte er sich auf die Suche und orientierte sich dabei an den nächstgelegenen Wachtürmen der Mauer, die gelegentlich zwischen den Dachgauben hindurchspitzten. Als er an einer dunklen Seitengasse vorbeischritt, hörte er plötzlich ein ersticktes Gurgeln.
Sofort blieb er stehen, nahm seine Waffe in beide Hände und betrat die Gasse. Vorsichtig schritt er um eine Biegung herum und sah eine hoch gewachsene, schlanke Gestalt; die Kleidung wurde von einem dunkelgrauen Umhang verdeckt.
Zu ihren Stiefeln lag der Dieb, der ihn bestohlen hatte. Aus einem Dutzend Stichwunden sickerte sein Blut auf das Kopfsteinpflaster; der Mann, der den Gauner zur Strecke gebracht hatte, wühlte neugierig in dem Rucksack herum.
Der Zwerg fühlte sich gar nicht wohl. Die Statur passte nicht zu einem Menschen, wohl aber zu einem Alb. Vraccas, stehe mir in dieser Prüfung bei, bat er leise.
Der neue Besitzer des Rucksacks schloss die Lasche, fasste den Trageriemen mit der Linken und barg ihn unter seinem Umhang, um ihn mitzunehmen, während der Dieb sich ächzend auf den Rücken wälzte und sich vor Schmerzen krümmte. Die Gestalt schlenderte die Gasse entlang, als wäre sie nicht für das Leid des Mannes verantwortlich.
»Verzeiht, aber das ist mein Rucksack«, rief Tungdil.
Der Mann wirbelte herum, der Mantel flatterte auf, sodass er zunächst nichts von dessen Gesicht erkannte, dann spürte er zwei harte Schläge gegen seine Brust. Die geworfenen Messer prallten von seinem dicht gewobenen Kettenhemd ab und
Weitere Kostenlose Bücher