Die Zwerge
Sprache, wenn du schon alles verraten musst.«
»Hört nicht auf ihn«, wandte sich Tungdil zum Schauspieler, dessen Gesichts gefährliche Neugier widerspiegelte, und er bemühte sich, gelassen zu wirken, um den Verdacht nicht noch mehr aufkommen zu lassen, in den Äußerungen könnte ein Körnchen Wahrheit sein. »Er ist betrunken und phantasiert.«
»Lasst ihn phantasieren, ich bin ein aufmerksamer Zuhörer. Künstlern kommt eine jede Inspiration recht«, entgegnete Rodario leichthin. »Und die Sache hört sich gut an, das gestehe ich frei heraus. So etwas auf die Bühne gebracht, will das Volk doch hören und sehen. Nur … wo finde ich so kleine Menschen? Kinder? Gnome oder Kobolde mit falschen Bärten?« Er warf die Arme in die Luft. »Ach, das wäre alles nichts! Ich brauche kräftige Burschen, Unterirdische wie Ihr es seid, damit es echt aussieht. Wollt Ihr nicht doch lieber mit uns kommen?«
»Wir sind Zwerge, keine Unterirdischen. Merk es dir.« Boëndal schaute den Mimen böse an. »Schweig endlich, oder willst du dich von den Schwertern der Orks in deinem Bauch inspirieren lassen?«
Der Mann schüttelte die langen braunen Haare und kehrte zu seinen beiden Freunden zurück, wo sich eine leise Unterhaltung entspann.
»Schauspieler«, raunte Boëndal seufzend. »Ich sehe schon, wie der Lange unsere Geschichte auf jedem Dorfplatz ausbreitet, noch bevor wir im Grauen Gebirge angekommen sind. Wenn Nôd’onn auf diese Weise von unserer Absicht erfährt …« Er ließ den Satz unvollendet.
»Bis er ein Stück zu Ende geschrieben hat, haben wir Nôd’onn schon lange niedergeworfen.« Tungdil klopfte Boëndal beruhigend auf die Schulter. Als er sah, dass der Unglaubliche Rodario ein Reiseschreibbrett vor dem Hals trug und die ersten Blätter mit Notizen voll kritzelte, war er sich nicht mehr ganz so sicher. »Wir nehmen sie mit«, verkündete er nach einer Weile des Überlegens.
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Doch. Wir nehmen sie mit ins Reich der Ersten. Der Schauspieler wird sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Dort setzen wir sie fest, bis unser Vorsprung groß genug ist oder wir unsere Mission erfüllt haben«, weihte er den Zwerg in seinen Plan ein. »Die Ersten haben sicherlich bequeme, aber ausbruchssichere Kammern, in denen die drei für viele Sonnenumläufe die Gastfreundschaft unseres Volkes genießen dürfen.«
»Falls sie uns begleiten möchten.«
Tungdil zwinkerte ihm zu und freute sich mehr und mehr über seinen Einfall. »Sie werden. Ich schwindele ihm die unmöglichsten Dinge über das Zwergenreich vor, dass er es mit eigenen Augen sehen muss.« Boëndal brummelte etwas in seinen Bart. »Ich sage den anderen Bescheid, damit sie sich nicht wundern.«
Unter dem fadenscheinigen Vorwand, den Sitz der Rüstungen nachzuprüfen, gesellte Tungdil sich zuerst zu Goїmgar und danach zu Bavragor, um sie leise in seinen Plan einzuweihen.
Sie durchquerten den Wald und kamen wieder an den abgeschlachteten Einhörnern vorüber, wo Rodario auf der Stelle Notizen und Skizzen von den einst wunderschönen und friedfertigen Lebewesen machte.
War unsere Flucht richtig? Tungdil plagte beim Anblick der Kreaturen erneut das schlechte Gewissen, Mifurdania und somit die letzten beiden bekannten Einhörner des Geborgenen Landes im Stich gelassen zu haben. Ihr Götter wisst, dass uns keine andere Wahl blieb.
Die Gruppe erreichte den Fuß des Plateaus, an dem der kleine, versteckte Weg auf die Aussichtsplattform führte.
»Achtung!« Boëndals Körper spannte sich und hob den Krähenschnabel kampfbereit. Der Steinmetz fasste den Kriegshammer, und Goїmgar verstand es als Aufforderung, sich hinter seinem Schild zu verstecken.
»Achtung? Wieso Achtung? Gute Leute, was habt Ihr denn vor?«, wunderte sich Rodario, während die Frau ebenfalls ihre Waffen zog. Eine sah aus, als hätte der Erschaffer zwei gebogene Sichelenden genommen und sie rechts und links an ein kurzes Mittelstück angesetzt; die andere verfügte über gerade Klingen. So, wie die Schneiden schimmerten, waren sie auf den Innen- und Außenseiten geschliffen. Ihre Finger wurden von einem Metallkorb vor gegnerischen Attacken geschützt.
Der Schauspieler wandte sich zu ihr um. »Was hast du denn vor, schönste Blüte des Geborgenen Landes?«
Wenn Tungdil eines in den letzten Wochen gelernt hatte, dann war es, auf die Instinkte seiner Freunde zu vertrauen; also hielt auch er sich bereit, einer Bedrohung zu begegnen.
Kurz darauf roch er die
Weitere Kostenlose Bücher