Die Zwerge
ihm das Wasser in die Augen, dann verstummte er, und sein Körper entspannte sich.
»Nein! Vraccas, lass nicht zu, dass er stirbt!« Boїndil sprang aus dem Sattel und kniete neben ihm nieder. »Sein Herz schlägt noch.« Hastig schnitt er die Schäfte der Pfeile ab und hob seinen Bruder auf. »Wir müssen ihn in die Festung bringen.«
Schnell hievten sie den Leblosen auf das Pony und zerrten das vom Geschrei völlig verstörte Tier auf das nächste Tor zu.
Tungdil befiel das kalte Grausen, als er die Blutspur des Zwergs im pulvrigen Weiß sah. Selbst über die Krieger bringt die Expedition Verderben.
Er warf einen Blick zu den Albae hinüber. In dem Blonden glaubte er Sinthoras wieder zu erkennen. Verfluchte Bestie! Er muss den Angriff Djer_ns in der Oase überstanden haben. Jetzt kehrte er zurück und nahm Rache für sich und seine Gefährtin, die sie in Grünhain getötet hatten.
Sinthoras riss sich ein Band vom Hals, wickelte es um sein nächstes Geschoss und zielte. Der Abstand bis zu ihnen betrug zweihundertfünfzig Schritt, aber Tungdil zweifelte nicht daran, dass der tödliche Pfeil bis zu ihnen gelangte. Die Sehne schnellte nach vorn, und kurz darauf schoss auch Sinthoras’ Begleiter.
»Gebt Acht!«, warnte Tungdil die anderen und verlor die Pfeile aus den Augen; sie waren zu schnell, um ihren Flug zu verfolgen.
Der magische Schild, den Andôkai errichtet hatte, flimmerte, als der erste Pfeil ihn brach. Der zweite schlug im Rücken Djer_ns ein und bohrte sich durch das Metall.
Dieses Mal drang ein dumpfer Laut unter dem Kopfschutz des Kriegers hervor, und aus der Wunde sprühte eine grellgelbliche Flüssigkeit, als hätte die Spitze eine prall gefüllte Blase getroffen.
Tungdil hatte dieses Zeug in Königsstein gesehen, es schwamm in der Pfütze, kurz nachdem er gerettet worden war. Er wurde damals wirklich verletzt. Der Krieger schwankte, schüttelte benommen den Kopf und ging weiter, dieses Mal deutlich langsamer. »Nicht stehen bleiben!«
Sie rannten und ritten auf das zweite Tor zu. Tungdil öffnete es, und als das Portal sich hinter ihnen schloss, fühlten sie sich einigermaßen sicher.
»Schneller!« Boїndil trieb sie zur Eile an, während das Blut seines Bruders die Flanke des Ponys tränkte.
Aus der gelblichen Flüssigkeit, die aus Djer_ns Wunde sickerte, war eine dunkelgraue geworden, und seine Geschwindigkeit verringerte sich beständig.
Die Beine der Zwerge, Menschen und Tiere sanken im tiefen Schnee ein, als sie sich den sanften Abhang hinunter auf das nächste Tor zukämpften.
Tungdil erinnerte sich bei dem Anblick an den sanften Abhang neben dem Stollen in Ionandar, auf dem er mit Frala und Sunja im Winter Schlitten gefahren war. Kurz entschlossen nahm er Goїmgar den Schild weg und drehte ihn um. »Legt Boëndal drauf. Wir rutschen hinunter, das geht schneller.«
Sie legten den Schwerverletzten darauf, Ingrimmsch kauerte sich über ihn, und so sausten sie über die weiße Fläche, direkt auf den dritten Durchgang zu, der sich überraschenderweise für die beiden öffnete.
Die glatte Unterseite des Schildes glitt immer schneller über den Schnee, und Boїndil konnte weder steuern noch bremsen. Dann raste er genau auf eine Gruppe von Zwergen zu, die hinter dem Portal Aufstellung genommen hatte und mit ihren Äxten auf die Neuankömmlinge wartete.
Tungdil legte die Hände an den Mund. »Bei Vraccas, wir sind Zwerge vom Stamm der Zweiten«, rief er den Verteidigern zu, und sein Atem stand als weiße Wolke in der kalten Luft. »Senkt die Waffen!«
Die Ersten erkannten die nahenden Freunde noch rechtzeitig und bildeten eine Gasse, um das seltsame Gefährt passieren zu lassen, das umgeben von glitzernder Gischt durch ihre Reihen rauschte. Wie durch ein Wunder geschah niemandem etwas.
Der Rest der Gefährten keuchte heran und wurde von den Wachen argwöhnisch betrachtet, von denen wegen der Rüstungen und Pelze zum Schutz gegen die Kälte nur die Augenpartien zu erkennen waren. Ein Wald aus langen Spießen, Äxten und Kriegshämmern reckte sich ihnen entgegen.
»Der Segen von Vraccas, der unser Schöpfer ist, sei mit euch! Möge das Feuer der Lebensesse niemals erlöschen. Mein Name ist Tungdil Goldhand«, stellte er sich nach Luft ringend vor und warf einen Blick über die Schulter, um nach den Albae Ausschau zu halten. »Das sind meine Freunde und Begleiter. Wir müssen mit eurem König sprechen, der Rat der Stämme hat uns gesandt, um mit euch die Rettung des Geborgenen Landes
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