Die Zwerge
er die Stimme in seinem Rücken hörte, und nahm die Axt zur Hand, um sich zu verteidigen. Misstrauisch spähte er in die dunkle Nische neben der Tür. »Narmora?!«
Sie trug ihre schwarze Lederrüstung und wirkte auf eine unbestimmte Weise gefährlich. Unwillkürlich dachte Tungdil an Sinthoras.
Er löste die Hand nicht von der Waffe, seine schlummernde Abneigung gegen die Frau wuchs. Das ist Unsinn. Sie ist eine Menschenfrau. »Was kann ich für dich tun?«, fragte er und zwang sich zu einem Lächeln.
»Ich habe nachgedacht«, begann sie zögernd. »Über die Zeilen, die Andôkai am Feuer sichtbar machte.«
»Dass die Feinde der Zwerge die Axt führen müssen?« Er horchte auf. »Du hast eine Lösung?«
»Albae«, sagte Narmora vorsichtig. »Zu euren Feinden zählen doch auch Albae, oder etwa nicht?«
»Echte«, schränkte Tungdil ein, »keine geschminkten. Dein Vorschlag ehrt dich.«
Sie zog ihr Kopftuch ab, darunter kamen spitze Ohren zum Vorschein.
Tungdil wich noch weiter zurück, die Finger umschlossen die Axt noch fester. »Du bist ein Alb? Das kann nicht sein«, fand er nach langem, entsetztem Schweigen seine Stimme wieder. »Aber deine Augen wurden tagsüber nicht schwarz.« Er lachte erleichtert. »Einen Moment lang habe ich dir geglaubt.«
Narmora richtete den Arm gegen die Lampe, die Handfläche nach oben gereckt, und murmelte unverständliche Worte. Sogleich schrumpfte die Flamme, bis nur noch der Docht glomm.
Wie hat sie das gemacht? Alchimie? Voller Überraschung schaute er auf das verlöschende Licht. Als er sich zu ihr umwandte, war sie verschwunden. »Wo …?«
Unvermittelt wuchs sie hinter ihm in die Höhe. »Halb Mensch, halb Alb«, flüsterte sie ihm rau ins Ohr. »Meine Mutter vermachte mir ihre Gaben und ihre Waffen. Von meinem Vater bekam ich wenig, aber seine Augen sind von Vorteil.« Innerhalb eines Lidschlags fiel das Bedrohliche von ihr, sie erhob sich und entfachte die Lampe durch sanftes Fächeln zu neuem Leben. »Verzeih mir, dass ich dich erschreckt habe. Glaubst du mir jetzt?«
Tungdil schüttelte seine Lähmung ab. Das erklärt meine Abneigung gegen sie. »Und wie ich dir glaube«, nickte er. »Damit hätten wir die Frage geklärt, wer die Feuerklinge führt.« Er bedachte Narmora mit einem anerkennenden Blick. »Es war mutig, dich mir zu offenbaren. Und darüber hinaus musst du Großes vollbringen.«
Sie schaute ihn an, die Wildheit und die Gefährlichkeit waren gewichen. »Wer käme sonst infrage? Orks und echte Albae wohl kaum.« Ihre Hände legten sich an die Griffe ihrer Waffen. »Einer von euch Zwergen wird mich allerdings unterweisen müssen, wie man eine Axt führt, sonst mache ich im Kampf gegen den Magus keine gute Figur.«
»Wir sollten es den anderen sagen.«
Narmora überlegte. »Ja, das müssen wir wohl. Ich bin neugierig, wie sie es aufnehmen.« Damit meinte sie vor allem Boїndil.
Tungdil lächelte ihr aufmunternd zu. »Es wird dir nichts geschehen, das schwöre ich.«
Sie grinste böse, und ein Anflug von Albischem legte sich auf ihre Züge.
Eilig riefen sie die Gefährten zusammen und trafen sich in seiner Unterkunft. Dort erzählte er ihnen von der neuen Wendung. »Wir schaffen es, Nôd’onn zu besiegen«, endete er und wartete gespannt auf eine Reaktion.
»Ich müsste sie eigentlich töten«, meinte Ingrimmsch nachdenklich, sah aber nicht danach aus, als wollte er seine Worte in die Tat umsetzen.
»Nein, eigentlich müsstest du die Hälfte von ihr töten. Und in welcher Hälfte steckt wohl das Albische? In der rechten oder in der linken? Oben oder unten? Vraccas wird es uns verzeihen, weil wir mit ihrer Hilfe die Reiche retten«, gab Tungdil zurück. »Es gibt keinen anderen Weg.«
Furgas hielt Narmora umschlungen und schaute besorgt, was der Zwerg sehr gut verstand. Seine Liebste würde sich gegen den Magus stellen, der als unbesiegbar galt.
»Ihr beiden«, er richtete sich an Rodario und Furgas, »könnt bei den Clans der Ersten bleiben und auf unsere Rückkehr …«
»Niemals ließe ich sie allein«, erklärte Furgas bestimmt. »Ihr werdet einen Techniker unterwegs sicherlich gebrauchen können.«
»Und einen einmaligen Schauspieler ebenso«, fügte Rodario eilends hinzu, bemerkte aber im selben Atemzug, dass er nicht richtig erklären konnte, wozu er auf dieser Reise taugte. Daher versuchte er es mit einem gewinnenden Lächeln auf dem fein geschnittenen Antlitz.
»Stimmt«, bekam er unerwartet Beistand von Boїndil. »Er wird die
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