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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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schmächtige Gestalt des Zauberers, der eine drohende Haltung eingenommen hatte. Umständlich erhob er sich aus seiner Deckung.
    »Ehrenwerter Magus, ich war es nicht«, beteuerte er, und seine Augen richteten sich funkelnd auf Jolosin, der zusammen mit den anderen Schülern am Eingang stand und Überraschung heuchelte.
    Lot-Ionan wandte sich zu dem Zauberschüler um.
    »Ich?«, entgegnete der Famulus übertrieben erstaunt. »Wie sollte das vonstatten gehen? Die Tür war verriegelt. Ihr habt es selbst gesehen.«
    »Schweigt! Beide!«, rief Lot-Ionan. Angesichts des kostspieligen Durcheinanders drohte der letzte Rest seiner Fassung zu schwinden, und das war seit zehn Zyklen nicht mehr vorgekommen. »Ich habe genug von eurem Kleinkrieg in meinem Stollen!«, sagte er aufgebracht, und sein Bart mit den vielen Tintenflecken geriet in Wallung.
    Der Zwerg dachte gar nicht daran, klein beizugeben, und stemmte sich mit beiden Beinen fest gegen den Boden. »Ich habe nichts getan«, wiederholte er starrköpfig.
    Der Zauberer zwang sich, seine Ruhe wieder zu finden, für die er so berühmt war, und setzte sich auf eine eisenbeschlagene Truhe, die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Hört gut zu, ihr zwei. Es ist mir gleichgültig, wer der Auslöser der Katastrophe war. Ich hasse Unterbrechungen in meiner Arbeit, und eine Wiederholung dieser Explosion, die mir das Werk von Sonnenumläufen, wenn nicht sogar eines ganzen Zyklus verdorben hat, kann ich schon gar nicht gebrauchen. Also werde ich dafür sorgen, dass es in den Gängen ruhiger wird.«
    »Ehrenwerter Magus, Ihr wollt den Kurzen doch nicht etwa von hier verbannen?«, täuschte Jolosin Mitgefühl vor.
    »Schweig, Famulus! Über deinen Anteil in diesem Drunter und Drüber sprechen wir noch, doch zuerst möchte ich Ruhe in meinem Zuhause haben. Je eher, desto besser.« Er schaute den Zwerg an. »Ich schulde einem alten Freund die Rückgabe von ein paar Dingen.« Tungdil schwante bei diesen Worten Übles. »Du, mein dienstbarer Geist, wirst diesen kleinen Botengang für mich übernehmen.
    Du hast eine Stunde Zeit, deine Ausrüstung zusammenzupacken und dich marschbereit zu machen. Komm anschließend zu mir, dann gebe ich dir die Sachen. Sei auf eine lange Wanderung vorbereitet, Tungdil.«
    Der Zwerg verbeugte sich höflich und eilte aus dem Raum. Mit dieser Wendung der Ereignisse hatte er nicht gerechnet. Ein kleiner Fußmarsch bedeutete keine wirkliche Strafe, seine kräftigen Beine würden ihn mit Leichtigkeit über die Wege und Pfade tragen. Vielleicht treffe ich Zwerge. So eine Strafe lasse ich mir gefallen, dachte er im Stillen.
    Der Magier schaute seinem gedrungenen Gehilfen nach und wartete, bis er verschwunden war, dann wandte er sich Jolosin zu. »Du wolltest Tungdil eins auswischen, Famulus. Ich kenne dich zu gut«, sagte er ihm ins Gesicht. »Solange ihr beide an einem Ort seid, habe ich keine Ruhe. Aber ich möchte, dass sich das ändert. Bis Tungdil wieder zurück ist, wirst du beim Kartoffelschälen über deine Bosheit nachdenken, und bete zu Palandiell, dass er sich beeilt.«
    Der Mund des jungen Mannes öffnete sich zum Protest.
    »Sollte ich jetzt auch nur eine Klage von dir oder in den kommenden Tagen von Frala und der Köchin über dich hören, kannst du deine Sachen packen und verschwinden, Jolosin.« Die Kiefer des Famulus schlossen sich rasch. »Ach, und bevor du deinen Dienst in der Küche antrittst«, der Magus deutete auf das Wirrwarr, das einst das Laboratorium gewesen war, »räumst du hier auf.«
    Mit einer energischen Handbewegung scheuchte er die anderen Zauberschüler hinaus, während er sich erhob, einen Besen aus der Ecke nahm und ihn dem Zauberschüler in die Hand drückte.
    »Natürlich wirst du es allein tun und erst frei kommen, wenn hier sauber ist«, verabschiedete er sich und schritt zum Ausgang. »Blitzsauber.«
    Die Tür fiel zu, und der Riegel fuhr geräuschvoll ins Schloss.

II
     
     
    Das Geborgene Land, das Zwergenreich des Zweiten, Beroїn, im Winter des 6233sten Sonnenzyklus
     
    G undrabur wollte aus seinem Vorhaben nicht länger ein Geheimnis machen und reichte seinem Berater besagten Brief. »Hier. Absender ist Lot-Ionan der Geduldige, wie ihn die Bewohner in seinem Zauberreich Ionandar nennen.«
    Mit dem Namen konnte Balendilín etwas anfangen. Der Magus lebte im mittleren Osten des Geborgenen Landes und galt als ein Menschenmagier, der die Einsamkeit liebte. Die meiste Zeit verbrachte er in einem seiner unterirdischen

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