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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Stollen, um neue Formeln und Sprüche fernab von jeglicher Störung zu entwickeln.
    »In seiner Gesellschaft befindet sich etwas sehr Ungewöhnliches: ein Zwerg. Ein einzelner Zwerg«, erklärte der Großkönig. »In der Botschaft war die Rede davon, dass Lot-Ionan ihm vor vielen Zyklen unter seltsamen Umständen begegnet sei und ihn aufgezogen habe. Nun will er wissen, ob ein Stamm den Zwerg vermisst. Er will seine Familie ausfindig machen.«
    Balendilín überflog die Zeilen. »Wissen wir etwas über den Zwerg?«
    »Die Angelegenheit ist rätselhaft und spannend zugleich«, meinte Gundrabur. »In den letzten zweihundert Zyklen habe ich nie davon gehört, dass unseren Clans ein Kind abhanden gekommen wäre.«
    »Und nun möchtest du das Mündel des Zauberers als verschollenen Anwärter auf den Thron darbieten?«, mutmaßte Balendilín zweiflerisch und legte den Brief auf den Ratstisch. »Wie soll das gelingen? Wenn er bei den Langen aufwuchs, hat er nicht den blassesten Schimmer, was es bedeutet, ein Kind des Schmiedes zu sein. Aus den Clans des Stamms der Vierten wird ihn sicherlich niemand unterstützen, und es liegen keine Beweise vor, dass er wirklich zu ihnen gehört.«
    Der Großkönig ging langsam zum Beratungstisch und nahm auf dem Königsstuhl seines Stammes Platz, bevor die Beine ihm den Dienst versagten.
    »Mag sein«, erwiderte er angestrengt. »Mag sein, Freund, aber bis er hier ist und die Sache nicht geklärt wurde, können sie den Thron nicht besetzen. Selbst wenn ich sterbe, sind sie zum Warten gezwungen.« Er schaute seinen Berater ernst an. »Wenn Vraccas’ Hammer mich niederschmettert, ehe der Zwerg eingetroffen ist, liegt es an dir, einen Krieg zu verhindern und unser Volk vor Schaden zu bewahren.«
    Balendilín presste den Mund zusammen. »Du wirst nicht so rasch von der Erde gehen, deine Lebensesse glüht hell und feurig, da bin ich mir sicher.«
    »Du bist ein schlechter Lügner, wie alle Zwerge«, lachte Gundrabur und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Dennoch müssen wir beide von nun an mit falschen Zungen reden, um unser Volk vor diesem unsinnigen Krieg zu bewahren, der unser Untergang sein könnte. Wir werden lügen wie die Kobolde, Balendilín. Ausnahmsweise benötigen wir die Uneinigkeit der Clans«, schwor er seinen Vertrauten ein. »Und nun komm. Ich brauche deinen wachen Verstand. Es geht darum, ein festes Netz aus Unwahrheiten zu flechten, in dem sich Gandogar und Bislipur auf dem Weg zu meinem Thron verfangen, bis wir ihnen den Krieg ausgetrieben haben.«
    Balendilín half dem König auf. Er konnte sich zwar nicht im Geringsten ausmalen, dass dieser Plan gelänge, doch er hielt den Mund verschlossen.
     
    Als Gandogar am nächsten Morgen erwachte und wie alle Mitglieder der Gesandtschaften zur Fortsetzung der Beratungen in die Halle gerufen wurde, eilte er gut gelaunt los. Er rechnete damit, dass ihn Gundrabur dem Rat als Nachfolger empfehlen würde. Anschließend würde das Gremium abstimmen, und damit säße er schon bald auf dem Thron.
    Die Frieden stiftende Rede des Großkönigs hatte ihn verärgert, doch inzwischen war der Groll verflogen. Der Alte, der in all den Jahren nichts getan hatte, um in den geschichtlichen Aufzeichnungen der Zwerge besonders in Erscheinung zu treten, würde in naher Zukunft in Bedeutungslosigkeit verschwinden. Einem sterbenden Greis konnte er nicht böse sein.
    Gandogar betrat die Halle und nahm seinen Platz ein; Bislipur stellte sich hinter ihn. Die Ränge füllten sich schnell mit den übrigen Mitgliedern der Clanabordnungen.
    Einige der Zwerge warfen ihm aufmunternde Blicke zu und klopften dabei auf die Axtköpfe. Es war nicht als Drohung gemeint, sondern sollte ihm sagen, dass sie seine Kriegspläne offen unterstützten.
    Ein Clanangehöriger aus dem Stamm der Zweiten trug eine Kette um den Hals, an der ein zweifelhaftes Schmuckstück baumelte. Der König betrachtete das verschrumpelte Ding genauer. Es handelte sich um ein abgeschnittenes Elbenohr, mit dessen Besitz der Abgeordnete sich brüsten wollte, aber als die Ankunft des Großkönigs verkündet wurde, versteckte er die Trophäe hastig unter seiner Rüstung. Noch war es zu früh, den Hass gegen die Schutzbefohlenen so deutlich zur Schau zu stellen.
    Gundrabur erschien und strafte die Gerüchte um sein bevorstehendes Ableben Lügen. Gandogar empfand in seinem Innersten Enttäuschung, den Großkönig in einer solch guten Verfassung zu sehen. Während er so dachte, befiel ihn das

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