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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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das wertvolle Land beschlagnahmt, es in sechs Gebiete aufgeteilt und gegen die weltlichen Herrscher verteidigt, die gegen die Kraft der Zauberer nichts aufzubieten gehabt hatten. Eine Generation von Königen nach der anderen hatte es in Kauf genommen, dass Teile ihrer Reiche Fremden gehörten.
    Diese Magiefelder gaben den Magi ihre Macht. Das Verständnis und das Können der Zauberer waren im Lauf der Zeit gewachsen, bis sie imstande waren, durch Formeln, Runen und Sprüche die schönsten, schrecklichsten und heilsamsten Effekte heraufzubeschwören.
    Konzentriere dich auf die Formel, rief er sich zur Ordnung. Gewissenhaft streifte er die Spitze des Gänsekiels am Tintenfass ab und malte vorsichtig das Symbol des Elements Feuer auf das Blatt. Es kam auf jeden Strich an, die kleinste Unachtsamkeit würde all die Arbeit zunichte machen.
    Es gelang. Zufrieden erhob er sich.
    »Das wäre geschafft, alter Junge«, murmelte er erleichtert. Die Formel stand. Funktionierte sie so, wie er es sich anhand der Anordnung der Runen erhoffte, würde er in der Lage sein, Magie wahrzunehmen, egal ob sie in Gegenständen, in Personen oder in Tieren steckte. Doch ehe er von der Theorie zur Anwendung wechselte, verlangte es ihn nach einer Belohnung.
    Lot-Ionan schlurfte zum ältesten seiner Geräteschränke, nahm das Fläschchen mit dem Totenkopf aus dem dritten Regal und gönnte sich einen großen Schluck.
    Das abschreckende Emblem hatte nichts zu sagen. Auf diese Weise bewahrte er den guten, starken Branntwein vor begierigen Schlünden. Die Vorsichtsmaßnahme hatte der Zauberer nicht ohne Grund getroffen, denn gerade seine älteren Schüler gönnten sich nur allzu gern ein feines Tröpfchen. Er teilte bereitwillig sein Wissen, nicht aber seinen kostbaren Alkohol. Die Ursprungsfässer dieses Jahrgangs waren schon lange leer, was das Fläschchen umso beschützenswerter machte.
    Plötzlich erschütterte eine gewaltige Explosion die Grundfeste der unterirdischen Behausung. Gesteinsbröckchen rieselten von der Decke und beschmutzten den Tisch, und die zahllosen Behälter hüpften in den Gestellen, dass ihre Deckel klirrten. Alles in dem völlig überfrachteten Zimmer geriet in Aufruhr.
    Der Großmagier stand starr vor Schreck. Das offene Tintenfass tanzte auf der Stelle, neigte sich leicht – und kippte. Ein Zauberspruch, um dem Verhängnis Einhalt zu gebieten, kam zu spät, und so ergoss sich der gesamte Inhalt über das kostbare Pergament. Die sorgfältig gemalten Schriftzeichen verschwanden in einer Flut schwarzer Tinte.
    Fassungslos verharrte Lot-Ionan auf der Stelle. »Bei Palandiell der Schöpferin!«, entfuhr es ihm, und seine freundliche Miene verfinsterte sich, denn er ahnte, woher das Erdbeben stammte. Lot-Ionan stürzte den restlichen Brandwein hinunter, drehte sich auf dem Absatz herum und stürmte zur Tür hinaus.
    Er flog förmlich durch die dunklen Stollen, vorbei an Zimmern und Gängen seiner Behausung. Mit jedem Schritt, den er tat, erhöhte sich eine Wut darüber, dass all die Anstrengungen nun dahin waren.
    Voller Zorn erreichte er die Tür zum Experimentierzimmer, hinter der man seltsame Geräusche vernahm. Ein halbes Dutzend seiner Famuli hatten sich davor eingefunden und tuschelten. Niemand wagte es, in den Raum zu schauen.
    »Ehrenwerter Magus«, begrüßte ihn Jolosin voller Ehrfurcht. »Wir kamen zu spät! Ich habe gesehen, wie der Zwerg in das Laboratorium ging und …«
    »Aus dem Weg!«, befahl Lot-Ionan erbost und entriegelte die Tür.
    Das teure Laboratorium glich einem Schlachtfeld, auf dem sich wahnsinnige Alchimisten ausgetobt hatten. Kleine Gegenstände schwebten frei in der Luft, hier und da schwelten Brände. Kostbare Elixiere liefen aus den zerstörten Flakons; sie rannen die Regale hinab, um sich am Boden zu einer stinkenden Brühe zu vermischen.
    Der Schuldige kauerte in der Ecke des Raumes, einen umgedrehten Kessel als Schutz gegen die Detonationen vor sich geschoben. Die Finger steckten in den Ohren, die Augen hatte er fest geschlossen. Trotz der verbrannten Haare und des rauchenden Stoppelbarts war es unzweifelhaft Tungdil Bolofar.
    Es knallte wieder. Blaue Funken schossen durch den Raum und verfehlten den Magus nur knapp.
    »Was geht hier vor?!«, schrie der Magus wutentbrannt, doch der Zwerg reagierte nicht, weil er ihn ganz offensichtlich nicht hören konnte. »Tungdil Bolofar, ich rede mit dir!«, rief der Magus, so laut er konnte.
    Verwundert sah sich der Zwerg um und erblickte die

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