Die Zwerge
vieles gesehen«, hallte ihm die Stimme eines Wächters entgegen, »aber einen Unterirdischen noch nicht. Bleib stehen. Was willst du?«
Er betrachtete die vier vom Volk des Waldes. Sie trugen weiße Lederrüstungen und weiße Pelzumhänge, an ihrer Seite baumelte ein Schwert. Ihre langen hellen Haare lagen offen auf den Schultern, und für Tungdil sahen sie mit ihren ebenmäßigen Zügen fast gleich aus. Er mochte sie nicht.
»Ich bin Tungdil Goldhand vom Stamm der Vierten und mit meinen Freunden ausgezogen, um die Feuerklinge zu schmieden, die Nôd’onn den Zweifachen vernichten wird«, entgegnete er mit fester Stimme. »Gute Freunde sind bereits für dieses Ziel gestorben. Nun wollten wir darum bitten, dass ihr uns Zugang zu eurem Zuhause gewährt.«
»Wozu? Nôd’onn wirst du hier nicht finden.«
»In eurem Reich gibt es einen Eingang zu einem Höhlenlabyrinth meines Volkes. Wir möchten unter der Erde entlang zum Schwarzjoch«, erklärte er knapp. »Der Magus soll sich dort aufhalten.«
»Und ihr wollt ihn mit der Feuerklinge, was auch immer das sein möge, töten? Ihr Hand voll Krieger?«, fragte der Elb ungläubig. »Ich denke, dass ihr von Nôd’onn geschickt wurdet.«
»Ein feiner Plan wäre das!«, entfuhr es Tungdil aufgebracht, der dem langen Gesicht am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte. »Der Verräter schickt Zwerge zu Spitzohren, sicherlich, bei meinem Bart, das ergibt Sinn. Ihr würdet uns schließlich sofort mit offenen Armen empfangen, weil sich unsere Völker so sehr lieben, und wir könnten uns bei euch leicht einschleichen, um euch an Nôd’onn zu verraten.«
»Hei, der Magus ist gewitzt, was?!«, sagte Balyndis leise und mürrisch, aber nicht leise genug.
Tungdil musste grinsen, und wenn er sich nicht sehr täuschte, so huschte über eines der schlanken, hübschen Elbengesichter ein kleines Lächeln. Er mochte sie trotzdem nicht wirklich leiden. »Was können wir tun, um euch von unseren guten Absichten zu überzeugen?«
Die Elben berieten sich in ihrer Sprache. »Nichts. Ihr werdet warten«, kam die unfreundliche Antwort. »Solltet ihr unser Land betreten wollen, werdet ihr sterben.« Mit diesen Worten verschwanden sie zwischen den mächtigen Stämmen.
»Immerhin«, grinste der Zwilling und kreuzte die Arme vor der breiten Brust. »Wir haben sie verunsichert.«
Sie machten aus der Not eine Tugend und rasteten. Umherliegende Äste dienten ihnen als Brennholz für ein wärmendes Feuer. So verging viel Zeit, und die Sonne senkte sich schon hinter den Tannen herab, als die Elben wieder auftauchten. Sie brachten zwanzig Krieger und einen ranghohen Elbenkämpfer mit sich, wie sie an dessen Rüstung aus schimmerndem Palandium erkannten.
»Meine Späher berichteten mir von einer seltsamen Gruppe und einem noch seltsameren Vorhaben«, sprach er, und Vorsicht schwang in seiner Stimme mit. Sein Antlitz war makellos und eine Spur zu hübsch, sodass er überheblich wirkte. Die offenen dunkelroten Haare rahmten sein Gesicht ein und betonten die dunkelblauen Augen. »Lasst mich sehen, ob ihr die Wahrheit sagt.«
Er hob die Arme, seine Finger formten Zeichen in die Luft, und augenblicklich reagierte Andôkai, in dem sie zu einem Verteidigungsspruch anhob.
Der Elb sah es und brach seine Vorbereitungen verwundert ab. »Ihr scheint in der Lage zu sein, Magie zu nutzen. Dafür kommen nicht viele Kurzlebige infrage. Man berichtete uns, dass sie allesamt das Opfer von Nôd’onn wurden.« Er musterte sie. »Euer Äußeres gleicht der Frau, die man Andôkai nannte.«
»Ich bin Andôkai die Stürmische.« Sie deutete eine Verbeugung an. »Ich wäre in einem magischen Zweikampf kaum eine Herausforderung, Fürst Liútasil, denn unsere Reise schwächte mich.« Sie tippte gegen den Griff ihres Schwertes. »Aber da meine kämpferischen Fertigkeiten über einen gewissen Ruf Verfügungen, wäre ich dazu bereit, mit dir die Klinge zu kreuzen und auf diese Weise meine Echtheit unter Beweis zu stellen.«
Tungdil hob die Augenbrauen. Die Späher haben tatsächlich ihren obersten Herrscher zu uns gebracht.
Liútasil lachte, sanft, freundlich, dennoch überlegen. »Ihr seid die Maga, daran zweifle ich nun nicht mehr, aber trotzdem werde ich mich absichern. Die Albae haben schon zu viele Listen versucht, um uns zu überwinden.« Seine Finger vollführten anmutige Gesten, bis sich ein goldenes Leuchten aus ihnen löste und die Gruppe umhüllte.
Die Erschöpfung, die Tungdil in jedem einzelnen Knochen
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