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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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nachdenklich, und eine Spur Enttäuschung schwang in seiner Stimme. »Das Flackern der Glut, die den Eindruck macht, als lebte sie, der Geruch von heißem Eisen, das Klingen des Schmiedehammers und das Zischen, wenn das Eisenstück zum Abkühlen ins Wasser taucht – das war bisher meine Zwergenwelt.«
    »Dann wirst du eben ein Schmied«, meinte Boїndil zufrieden. »Ein gelehrter Schmied. Auch gut. Und sehr zwergisch.«
    Tungdil kroch dichter ans Feuer und lauschte in sich hinein. Er dachte an Berge von Diamanten, dann an die tanzenden, orangefarbenen Feuerpünktchen, die den Kamin hinaufwirbelten. Die Esse sagte ihm wesentlich mehr zu. Und Gold. Er liebte das sanfte, warme Gelb, in dem das Metall schimmerte.
    »Ich sammele jedes noch so kleine Stückchen herrenloses Gold«, berichtete er murmelnd. »Goldmünzen, Schmuckstücke, sogar kleine Goldkörnchen, die einem unachtsamen Goldsucher aus der Tasche gefallen sind, klaube ich vom Boden auf.«
    Die Krieger lachten. »Du hast dir einen eigenen kleinen Hort angelegt. Wenn das nicht sehr zwergisch ist, küsse ich eine Schweineschnauze«, nickte Ingrimmsch. »Bis wir bei uns sind, mache ich einen Krieger aus dir, wie wäre es damit?«, bot er ihm an und nahm sich die Pfeife.
    »Ich glaube, daraus wird nichts. Gegen eine Überzahl wie ihr …«
    »Es gibt keine Überzahl«, widersprach der andere sogleich, »nur größere und kleinere Herausforderungen, merke es dir.«
    »Dann lass es mich so sagen. Für mich wird es immer deutlicher, dass ich hinter einen Amboss gehörte, wo ich schmieden darf. Das macht mich glücklich.« Tungdil beschloss, sich vorerst nicht mehr mit derlei Fragen zu beschäftigen. Stattdessen zog er den Rucksack, in dem die in Wachspapier eingeschlagenen Bücher Goréns ruhten, zu sich und packte sie vorsichtig aus. Die Zwillinge schauten ihm zu.
    »Und? Was steht drin, Gelehrter?«, wollte Boїndil wissen. »Vielleicht ist das deine Aufgabe? Du wirst Ingenieur oder Schriftweiser. Wir Zwerge haben große Ingenieure.«
    »Ich kann es nicht entziffern.« Enttäuschung machte sich in ihm breit, als er bereits am Lesen der Einbandschrift scheiterte. »Es muss sich um Werke handeln, die für hohe Magi gedacht sind.« Der Zwerg wunderte sich, wie Lot-Ionans einstiger Famulus diese Silben überhaupt hatte entziffern können.
    Tungdil klopfte sich gegen die Stirn und schalt sich selbst kobolddumm. Die Elbin, die Herrin des Grünhains! Sie war gewiss in der Lage gewesen, ihm die Geheimnisse der Magie zu erklären und ihm bei der Übersetzung der Bücher zu helfen.
    Seine Finger strichen erkundend über die ledernen Buchdeckel. Was beinhaltet ihr, dass euch die Albae nicht bekommen dürfen?, fragte er sie stumm. Seit wann fürchten sich die bösen Verwandten der Elben vor einem Schriftstück?
    »Wir müssen warten«, vertröstete er sich und die Zwerge. Als er die Bücher mit viel Sorgfalt in ihre schützende Hülle steckte, fiel sein Blick auf den Ledersack mit den Artefakten. Man sah der widerstandsfähigen Tierhaut an, dass sie einiges erlebt hatte. Sie war von der Sonne gebleicht und bekam feine Maserungen; hier und da hoben sich dunkle Flecken ab, die von seinem Schweiß oder fettreichem Proviant stammten, mit dem das Leder in Berührung gekommen war. Der Schwerthieb des Orks hatte sich als hellbraune Linie verewigt und dem Sack eine echte Narbe beigebracht.
    Je länger Tungdil auf das Leder starrte, umso mehr wünschte er sich, einen Blick hineinzuwerfen. Gegen den Drang, das bunte Bändchen zu entfernen und hineinzuschauen, kämpfte er schon lange.
    Was soll’s. Gorén ist tot, und ich will wissen, was ich quer durch das Geborgene Land schleppe. Seine Unbeherrschtheit siegte.
    Mit unbeteiligtem Gesicht langte er nach dem Behältnis, um bei den Zwillingen nicht den Eindruck zu erwecken, dass er gegen die Anweisungen seines Magus handelte. Geschickt nestelte er den Knoten auf, und die Enden glitten auseinander.
    Augenblicklich erschallte ein durchdringender, Mark erschütternder Ton. Kleine Leuchtkugeln schossen knatternd in die Luft und explodierten bunt.
    »Bei Vraccas’ Hammer und allen leuchtenden Feuern seiner Esse!« Boїndil und Boëndal sprangen auf, stellten sich Rücken an Rücken und rissen die Waffen aus den Gürteln.
    Tungdil fluchte und band den Riemen rasch zusammen. Das Spektakel hörte erst auf, als er den Behälter wieder mit dem gleichen Knoten verschnürte. Er war auf eine Sicherung Lot-Ionans hereingefallen. Der Magus hatte mit

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