Die Zwerge
Schneide nach unten und fuhr durch das Leder in den Fußknochen des Mannes. In seiner Aufregung schlug er so stark zu, dass die Axt in den Bodenbrettern stecken blieb. Mit aller Kraft zog er sie heraus.
Der Krieger schrie laut auf. Spätestens jetzt wussten seine Begleiter, dass etwas nicht stimmte.
»Das hast du davon.« Der Zwerg riss die Klinge aus dem Holz und flüchtete. Er hüpfte aus dem Wagen und brüllte dabei laut herum, um die Pferde scheu zu machen.
Die erschrockenen Vierbeiner machten einen Satz nach hinten. Die Männer, die gerade absteigen wollten und in nur einem Steigbügel standen, verloren das Gleichgewicht und fielen in den Staub.
Tungdil wartete nicht, sondern rannte nach rechts in den dichten Wald hinein. Die Pferde nützten den Söldnern zwischen den dicht beieinander stehenden Stämmen nichts, und wegen des Gestrüpps würden sie auch zu Fuß nicht gut vorwärts kommen. Seine geringe Größe war hier ausnahmsweise von Vorteil. Unter dem dichten Blätterdach schwand die Helligkeit des Tages zudem schneller als im Freien, doch das machte Tungdil keine Schwierigkeiten.
»Fangt den Zwergenbastard!«, brüllte ihr Anführer. »Das gibt eine fette Prämie!«
Der Zwerg hetzte durch den Forst und blieb gelegentlich stehen, um nach seinen Verfolgern zu lauschen. Sie gaben nicht so leicht auf, wie er am Knacken der Äste und am Fluchen erkannte, aber sie fielen zurück; irgendwann hörte er ihre schweren Schritte nicht mehr, er hatte sie abgehängt.
Keuchend lehnte sich Tungdil an einen Baumstamm und rang nach Luft. Ausdauer war gut und schön, aber mit Gepäck auf dem Rücken um sein Leben zu rennen stellte eine gewaltige Anstrengung dar. Hastig kontrollierte er alles; der Sack mit den Artefakten, in dem es seit dem Schlag des Orks merkwürdig klirrte und klapperte, baumelte da, wo er hingehörte.
Tungdil nahm einen Schluck Wasser, während er horchte. Sie jagen mein Volk wegen einer Belohnung! Er konnte das Gehörte nicht fassen, es übertraf alles, was ihm bislang unterwegs zugestoßen war. Gold auf Zwergenköpfe auszusetzen stand nicht mit den Gesetzen des Geborgenen Landes im Einklang, und er mochte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was man mit seinem Schädel anstellen wollte.
Nach kurzer Rast hetzte er weiter in gerader Linie durch den Wald, um auf den nächsten Weg zu gelangen. Seine Überraschung war groß, als Boїndil und Boëndal ihm entgegenkamen.
»Da ist er ja!«, begrüßte ihn Boїndil. »Du hast dich wohl verlaufen.«
»Nein, ihr habt euch verlaufen. Ihr wart nicht auf dem Weg nach Porista«, keuchte er.
Boëndal betrachtete ihn genauer. »Was ist los, Gelehrter? Gab es Ärger?«
»Hoffentlich nicht, weil ich ihn dann nämlich verpasst hätte«, grummelte sein Bruder. »Oder wollte ein Eichhörnchen an deine …«
»Es waren Kopfgeldjäger«, unterbrach Tungdil ihn. »Sie jagen Zwerge und schneiden ihnen die Köpfe ab, weil ihnen jemand dafür Geld bezahlt.«
»Was?!«, brüllte Boїndil und rollte mit den Augen; sein stattlicher Bart bebte. »Wohin sind sie?«
»Ich habe keine Ahnung, und um ehrlich zu sein, war ich sehr froh, dass sie nicht mehr hinter mir her waren«, gestand er.
Sie suchten sich eine kleine Lichtung abseits der Straße, um zu beratschlagen.
»Haben sie gesagt, wer ihnen Gold bezahlt?«, erkundigte sich Boëndal.
»Nein. Sie sind mir schon einmal begegnet, aber damals unternahmen sie nichts. Es waren wohl zu viele Menschen auf dem Gehöft.« Ich bin um Haaresbreite dem Tod entronnen.
»Mh … Es könnte eine neue List der Dritten sein, die anderen Stämme auf diese Weise jagen und vernichten zu lassen. Oder sie wollen erreichen, dass wir mit den Langen ähnlich verfeindet sind wie mit den Elben und das Ganze in einen Krieg mündet.« Boëndal schaute in die Runde. »Auf jeden Fall gibt es eine Menge zu bereden, wenn wir das zweite Zwergenreich erreichen.«
Tungdil breitete seine Decke über sich aus und verbrachte die Nacht unter dem Blätterdach der Eiche. Aufs Feuer verzichteten sie, denn Flammenschein sah man in der Dunkelheit meilenweit, und selbst das Knacken eines dünnen Astes tönte in der nächtlichen Stille laut. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf, fühlte einen Käfer in seinem dichten Haar und zog ihn heraus. »Es ist merkwürdig«, sinnierte er laut, »dass dieses Kopfgeld ungefähr zur gleichen Zeit ausgesetzt wurde, als ihr mich suchtet.«
Boїndil, der es sich gemütlich machte und den langen, schwarzen Zopf zu
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