Die Zwerge
hatte ihnen alle Kraft und die Magie brutal aus den Körpern geraubt.
Diejenigen, deren Verfassung weniger stabil war, starben zuerst. Ihre Herzen hörten auf zu schlagen, die Atmung endete.
Jolosin und Rantja schafften es zusammen mit einigen wenigen, ihre letzten Reserven zu mobilisieren, und krochen auf den Ausgang zu, um vor Nudin zu fliehen.
Der Magus langte mit spitzen Fingern nach dem Splitter in seiner Brust, bis er ihn zu fassen bekam. Er zog das blutigrote Fragment heraus, um es versonnen zu betrachten und wieder in sich einzusetzen. Anschließend trat er zu der Malachitscheibe.
»Du hast deinen Dienst getan. Vergehe.« Kaum berührte er den schwebenden Kristall mit dem Onyx, fiel er herab und zerbarst erneut in unzählige Teile.
Halte dich nicht auf, beginne mit dem nächsten Zauber. Nôd’onn ging zu dem Sack mit den Artefakten, nahm ihn an sich und eilte zum Ausgang. Er stieg über drei Kriechende hinweg und tötete sie, indem er ihnen die Spitze seines Stabes in den Rücken trieb. Das weiße Ahornholz färbte sich Rot.
Auf der Schwelle wandte er sich noch einmal um. Seine Augen wanderten im Saal umher, in dem der Verwesungsgeruch bald stärker werden würde. Es störte ihn nicht. Es gab keinen Grund mehr für ihn, das Ritualzimmer zu betreten, denn er war beinahe am Ende seines Planes angelangt.
Da wurde er auf Jolosin und Rantja aufmerksam. Mit einem harten, brutalen Hieb schlug er dem Mann den Schädel ein; seine eigene Famula schob er mit dem Stiefel von der Schwelle ins Zimmer zurück.
Rantja rollte sich auf den Rücken und versuchte unter Tränen, die Formel einer Selbstheilung aufzusagen, doch ihr Zauber scheiterte.
Nôd’onn ging in die Hocke und streichelte ihr behutsam über die langen, brünetten Haare. Er kannte sie sehr gut und zählte sie zu seinen fähigsten Schülern; vielleicht hätte sie es bis zu seiner Nachfolgeschaft in Lios Nudin gebracht, aber seinen Plänen wäre sie niemals gefolgt.
»Es gelingt dir nicht, weil du den Kristallsplitter in dir trägst und leer und verbraucht bist«, erklärte er ihr. »Du wirst mit den anderen sterben, Rantja.«
Die dunklen Augen der jungen Frau blickten den Magus, dem sie zyklenlang vertraut und den sie zu kennen geglaubt hatte, voller Verachtung an.
Er wich ihr aus, der Anblick der Sterbenden erfüllte ihn dennoch mit Trauer. »Ich bedauere es, die vielen Leben auslöschen zu müssen, um an ihre Kräfte zu gelangen«, entschuldigte er sich. »Andererseits hättet ihr ebenso wie Sabora, Turgur, Lot-Ionan, Andôkai und Maira meinem Vorhaben niemals zugestimmt. Es blieb mir nur dieser Weg, der mir gewiss nicht leicht fiel. Das Schicksal verlangte von mir, so zu handeln. Es gilt, Schlimmeres vom Geborgenen Land abzuwehren«, sagte er sanft als Antwort auf ihre stumme Frage.
»Es gibt nichts Schlimmeres als der Schrecken aus dem Norden«, widersprach sie angestrengt. »Verräter! Die Götter werden dich bestrafen!«
Nudin blickte sie nachdenklich an. »Mag sein«, antwortete er langsam. »Mag sein. Den Zorn der Götter nehme ich in Kauf, wenn ich dafür die Menschen retten kann.« Er erhob sich; auf sein Zeichen hin schwangen die riesigen Türen aufeinander zu. »Und das gelingt einzig mit der Hilfe einiger Auserwählter und des Toten Landes.«
»Du bist irre«, flüsterte Rantja, und ihr Blick brach. »Du bist …« Ihr Körper entspannte sich, der Schopf sank nach hinten und drehte sich leicht zur Seite.
»Nein«, entgegnete Nôd’onn bedrückt, »es versteht mich nur keiner. Doch davor hat es mich gewarnt …«
Abrupt drehte er sich um und eilte durch den Palast, um in die unterirdischen Gewölbe zu gelangen. Dumpf polternd schlossen sich die Türen des Raumes, in dem die besten Magiekundigen ihre letzte Ruhestätte fanden.
Der Zweifache eilte die Stufen hinab und gelangte in den Bereich, in dem er den Magiestrom, der sein Land durchfloss, am deutlichsten fühlte. Lios Nudin lag im Zentrum der Kraft, von hier aus rannen die Energien in die fünf übrigen Zauberreiche. Es würde nicht mehr lange so bleiben.
Die Magi und ihre besten Schüler hatte er zwar besiegt, doch er musste sich auch um die Famuli kümmern, die auf der untersten Stufe der Gelehrtenleiter standen. Nôd’onn konnte den magischen Strom nicht aufhalten, daher bezweckte er etwas ganz anderes, um den niedrigrangigen Zauberlehrlingen das bisschen Macht zu nehmen, das sie besaßen.
Aber zuerst kümmere ich mich um etwas mindestens ebenso Wichtiges. Er entfernte
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