Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
Ölhand ist? Einer aus deiner Truppe aus Kalifornien, oder?«
» Michael.«
Satch schüttelte nachdenklich den Kopf. » Zu Fuß den ganzen Weg aus Kalifornien hierher. Das ist immer noch die verrückteste Geschichte, die ich je gehört habe.« Er legte die flachen Hände auf den Tisch und stand auf. » Wenn du was von oben hörst, sag mir Bescheid. Wenn ich wetten soll: Nicht mehr lange, und die schicken uns alle runter nach Midland und lassen uns da im Ölschlick waten.«
Er ließ Peter allein zurück. Seine Worte hatten nicht dazu beigetragen, Peter aufzumuntern– im Gegenteil. Ein halbes Dutzend Freiwilliger kam polternd in die Messe; sie redeten mit der raubauzigen Vertraulichkeit hungriger Männer miteinander. Peter hätte nichts gegen ein bisschen Gesellschaft gehabt, um sich von seinen Sorgen abzulenken, aber als sie sich von der Essensausgabe abwandten und auf die Suche nach einem Tisch machten, warf keiner einen Blick in seine Richtung. Der schwarz angelaufene Silberstreifen an seinem Kragen und die schlechte Laune, die er ausstrahlte, genügten anscheinend, um sie von ihm fernzuhalten.
Was mochten die Führungsoffiziere wohl bereden?
Die Jagd aufzugeben– das konnte Peter sich nicht vorstellen. Fünf Jahre lang hatte er kaum an etwas anderes gedacht. Gleich nach Roswell hatte er sich zu den Expeditionsstreitkräften gemeldet. Viele hatten das getan. Für jeden, der in dieser Nacht gestorben war, gab es einen Freund, einen Bruder, einen Sohn, der seinen Platz eingenommen hatte. Diejenigen, deren einziges Motiv die Rachsucht gewesen war, verloren bald ihren Schwung oder kamen ums Leben. Man brauchte bessere Gründe, und Peter machte sich keine Illusionen über sich selbst: Vergeltung spielte eine Rolle, aber die Wurzeln seiner Sehnsucht reichten tiefer. Sein Leben lang, seit den Tagen der Langen Ritte, sehnte er sich danach, zu etwas zu gehören, zu einer Sache, die wichtiger war als er. Das hatte er in dem Augenblick gespürt, als er den Eid ablegte, der ihn an seine Kameraden band: Seine Sache, sein Schicksal, seine Person– alles war jetzt mit ihnen verbunden. Er hatte sich gefragt, ob er irgendwie weniger er selbst sein, ob seine Identität im Kollektiv aufgehen würde, doch wie sich zeigte, war das Gegenteil der Fall. Er mochte es nur ungern zugeben– nicht, nachdem Theo und die andern tot waren–, aber der Eintritt in die Expeditionsstreitkräfte hatte ihm anfangs ein nie gekanntes Gefühl der Lebendigkeit gegeben. Er sah zu, wie die Soldaten aßen– sie lachten und scherzten und schaufelten sich die Bohnen in den Mund, als wäre es die letzte Mahlzeit ihres Lebens–, und erinnerte sich neidvoll an diese frühen Tage.
Denn irgendwann auf seinem Weg hatte ihn dieses Gefühl verlassen. Feldzüge waren geführt worden, Menschen waren gestorben, Gebiete erobert worden und verloren gegangen, ohne dass es irgendwohin führte, und so war ihm das Gefühl langsam abhandengekommen. Das Band zwischen ihm und den Männern blieb bestehen, beharrlich wie die Schwerkraft. Er hätte sich für jeden von ihnen ohne Zögern geopfert, und er glaubte, dass sie es für ihn auch tun würden. Aber etwas fehlte, auch wenn er nicht genau wusste, was. Er wusste, was Alicia ihm gesagt hätte. Du bist nur müde. Es ist eine endlose Schinderei. So geht es jedem. Du musst Geduld haben. Das war nicht falsch, doch es war längst nicht die ganze Geschichte.
Schließlich hielt Peter es nicht länger aus. Er verließ das Messezelt und marschierte quer über das Gelände. Er brauchte nur irgendeinen Vorwand zum Anklopfen. Mit etwas Glück würden sie ihn hineinlassen, und er könnte vielleicht herausfinden, was sie da vorhatten.
Er hätte sich die Mühe sparen können. Als er kurz vor dem Zelt war, schwang die Tür auf: Major Henneman, der Adjutant des Colonels. Schlank, mit blondem Bürstenhaarschnitt und leicht schiefen Zähnen, die er nur zeigte, wenn er lächelte, was er nie tat.
» Jaxon. Ich wollte Sie suchen. Kommen Sie herein.«
Peter betrat das dunkle Zelt und blieb in der Tür stehen, damit seine Augen sich an das schwache Licht gewöhnen konnten. Rund um den breiten Tisch saß der ganze Führungsstab: Major Lewis und Major Hooper, die Captains Rich, Perez und Childs sowie Colonel Apgar, der Kommandant der Einsatztruppe– und noch jemand.
» Hi, Peter.«
Alicia.
» Es gibt zwei Eingänge, die ich finden konnte, hier und hier.«
Alicia lenkte die Aufmerksamkeit der Versammelten auf eine Landkarte, die auf dem
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