Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
allerdings erkannte man ihr Unbehagen daran, wie sie Abstand hielten, und an den vorsichtigen Blicken, die sie ihr zuwarfen, als brächten sie es nicht über sich, ihr in die Augen zu schauen. Sie war eine Brücke zwischen Mensch und Viral, irgendwo zwischen beiden: Wozu gehörte sie wirklich?
Sie brachen auf, als es anfing, hell zu werden. Jetzt war es ein Wettlauf gegen die Zeit. Vor Sonnenuntergang mussten sie die Sprengsätze platzieren und in Stellung gehen. Nach der kühlen Wüstennacht schien jetzt eine sengende Sonne, deren harte Strahlen auf ihren Rücken, dann auf ihre Schultern und schließlich auf ihren Scheiteln brannten. Zeit zum Rasten hatten sie nicht, Essensrationen wurden während des Aufstiegs in der Kolonne nach hinten gereicht. Alicia ging an der Spitze, aber gelegentlich lief sie zurück, um etwas mit Henneman und den anderen zu besprechen. Als sie den Höhleneingang erreicht hatten, war es spät am Nachmittag.
» O Mann, Sie haben keine Witze gemacht«, stellte Henneman fest.
Sie standen vor der Höhle. Die Sonne schien von Westen her hinein, aber ihre Strahlen reichten nicht weit, und dahinter gähnte ein schwarzer Schlund. Das Amphitheater mit den im Halbkreis geschwungenen Steinbänken, zwischen denen trockenes Laub und anderer Abfall lag, war unerklärlich: Wenn hier ein Publikum saß, was schaute es sich an? Ein Geländer aus Metall säumte einen geschwungenen Pfad, der in Serpentinen in die Höhle hinunterführte. Sie hatten noch drei Stunden Tageslicht, die sie nutzen konnten.
Ein letztes Mal besprachen sie den Plan. Dodds Team würde die Sprengladungen auf dem Grund der Höhle anbringen. Nach Alicias Karte endete der Serpentinenweg nach sechzig Metern unter der Erde, wo ein schmaler Tunnel noch einmal hundert Meter weiter hinunter zur ersten von mehreren großen Höhlen führte. Die Ladungen würden in diesem Tunnel platziert und mit einem Funkzünder verbunden werden, der auf einer Sichtlinie zum Höhleneingang lag. Die Explosion würde eine Kompressionswelle durch den Tunnel senden, deren Zerstörungskraft auf dem Weg durch die enge Röhre exponentiell verstärkt werden würde und theoretisch alles, was da unten war, zum Aufzugsschacht treiben würde. Wenn die Sprengsätze an ihrem Platz und Dodds Männer wieder an die Oberfläche zurückgekehrt wären, würden Peter und Alicia mit dem Abstieg beginnen. Die Aufzugkabine lag unten auf dem Grund, mehr als hundert Meter unter der Oberfläche und dort fixiert durch die Gegengewichte, die oben arretiert waren. Eine mechanische Winde würde Peter und Alicia an einem Seil zum Grund des Schachtes hinunterlassen und sie wieder hochziehen, wenn sie die Flucht angetreten hätten.
Dodd und sein Team brachen auf. Nach fünfzehn Minuten meldete er sich per Funk von unten. Sie waren am Tunneleingang.
» Verdammt unheimlich hier unten«, sagte Dodd. » Das muss man selbst gesehen haben.«
Sie würden es bald genug sehen. Dodds Team hatte hundert Meter Draht, um den Zünder mit dem Sprengsatz zu verbinden. Fünf Minuten lang blieb es still, dann war Dodds Stimme wieder zu hören. Sprengsatz und Draht waren verlegt, und sein Team hatte den Aufstieg angetreten. Peter und Alicia warteten oben am Aufzugsschacht, eine Viertelmeile weit entfernt in einem Gebäude, in dem sich die Verwaltung des Nationalparks befunden hatte. Die Winde war einsatzbereit. Es war siebzehn Uhr; die Zeit wurde knapp.
Dodds Stimme kam über das Funkgerät. » Team Blau ist so weit.«
Alicia und Peter hakten ihre Klettergeschirre ein, und Henneman wünschte ihnen viel Glück. Sie balancierten auf der Kante des Schachts, stießen sich ab und fielen ins Schwarze wie Münzen, die man in einen Brunnen geworfen hat. Tragbare Leuchtstofflampen an ihren Westen überzogen die Wände mit gelblichem Licht. Peters Kopf war klar, seine Sinne waren hellwach. Es gab eine Art Angst, die das Bewusstsein erweiterte und den Geist schärfte, und diese Art Angst hatte er. Die Temperatur sank schnell, und die Haare auf seinen Armen sträubten sich. Dreißig, fünfzig, hundert Meter– schnell ging es abwärts, und das Klettergeschirr trug ihr Gewicht, als würden sie von gewölbten Händen in die Tiefe getragen. Die Aufzugkabel– ein dickes, gedrehtes Stahlseil und zwei dünnere, plastikumhüllte Drähte– schwirrten vorbei. Unter ihnen erschienen dunkle Umrisse: das Dach des Aufzugs. Die Kabel waren mit einer Platte verschraubt. Alicia und Peter landeten mit einem sanften Aufprall.
» Team
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