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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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nur schwer begreifbar. So etwas passierte in kleinen, brutalen Ländern, wo Männer mit Macheten andere Leute in Stücke hackten, nur weil sie zufällig im falschen Dorf geboren waren oder etwas andere Ohren hatten oder lieber Schokoladen- als Vanilleeis aßen. Der Gedanke hätte ihn abstoßen müssen. Es hätte… unter seiner Würde sein müssen. So weit also hatte Bello ihn gebracht. Seltsam, wie etwas völlig verrückt erscheinen und dann wieder ganz vernünftig sein konnte.
    Solche Gedanken gingen Guilder durch den Kopf, als er am oberen Ende des Konferenztischs saß. Wenn ihm die Möglichkeit offengestanden hätte, wären diese wöchentlichen Meetings längst abgeschafft worden, denn sie verkamen unweigerlich zu verworrenen Verfahrensstreitigkeiten– ein klassisches Beispiel für einen Brei mit zu vielen Köchen. Guilder war ein entschlossener Anhänger einer klaren Befehlshierarchie. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wären die Zuständigkeiten in Form einer Pyramide gegliedert worden, was zwar zu aufgeblähter Geschäftigkeit in den unteren Ebenen führte, aber immerhin war auf die Weise dafür gesorgt, dass jeder in seiner Ecke blieb. Wie dem auch sei, der Anschein einer gemeinsamen Führung musste gewahrt bleiben, jedenfalls vorläufig noch.
    » Hat jemand etwas zu sagen?«
    Anscheinend nicht. Nach einem unbehaglich langgezogenen Schweigen räusperte sich Propagandaminister Hoppel, der unmittelbar zur Linken Guilders saß, neben Suresh, dem Minister für Öffentliche Gesundheit, und Wilkes direkt gegenüber. » Ich glaube, die allgemeine Sorge ist– na ja, nicht Sorge, aber ein Anliegen, und ich glaube, da spreche ich für alle Anwesenden hier…«
    » Herrgott, spucken Sie es schon aus. Und nehmen Sie die Brille ab.«
    » Oh. Richtig.« Hoppel nahm die getönte Brille von der Nase und legte sie mit nervöser Behutsamkeit auf den Konferenztisch. » Wie gesagt«, fuhr er fort und räusperte sich dann noch einmal, » ist es vielleicht möglich, dass die Dinge hier, sagen wir, ein kleines bisschen außer Kontrolle geraten sind?«
    » Da haben Sie verdammt recht, das sind sie. Der erste intelligente Satz, den ich heute von irgendjemandem gehört habe.«
    » Ich will sagen, die Strategien, die wir angewendet haben, scheinen uns nicht dahin zu bringen, wo wir hinwollen.«
    Guilder seufzte gereizt. » Was schlagen Sie vor?«
    Hoppels Blick huschte unwillkürlich zu seinen Kollegen. Ich rate euch, mich zu unterstützen. Ich hänge mich hier nicht ganz allein aus dem Fenster.
    » Vielleicht sollten wir deeskalieren. Für ein Weilchen.«
    » Deeskalieren. Wir beziehen Prügel da draußen.«
    » Ja, das ist es ja. Im Flachland wird eine Menge geredet, und zwar nicht in unserem Sinne. Vielleicht sollten wir versuchen, alles ein wenig herunterzufahren. Mal sehen, was es uns bringt.«
    » Sind Sie verrückt geworden? Sind denn hier alle verrückt geworden? Fred, unterstützen Sie mich!«
    Aber bevor Guilders Stabschef sich einschalten konnte, drängte Hoppel weiter. Offensichtlich hatten die andern ihn zu ihrem Delegierten gemacht, damit er Guilder beschwichtigte. » Sie haben doch selbst gesagt, dass es eigentlich nicht so läuft, wie wir es gern hätten.«
    » Das habe ich nicht gesagt. Das waren Sie.«
    » Wie dem auch sei, ein paar von uns haben uns unterhalten…«
    » Das ist das am schlechtesten gehütete Geheimnis in diesem Raum.«
    » Ja. Also, okay. Die Idee, die uns dabei kam, war die, dass wir vielleicht in die entgegengesetzte Richtung gehen sollten. Eher so, dass wir Herzen und Köpfe ansprechen. Wenn Sie verstehen.«
    Guilder holte Luft, um sich zu beruhigen. » Sie schlagen also vor– und entschuldigen Sie, wenn ich es knapp zusammenfasse–, wir sollen uns als Schlappschwänze darstellen?«
    » Direktor Guilder, wenn Sie gestatten?«
    Das war Suresh. » Das Muster einer erfolgreichen Rebellion…«
    » Sie bringen Leute um. Sie bringen Flachländer um. Was daran ist Ihnen nicht klar? Diese Leute sind Schlächter!«
    » Niemand behauptet etwas anderes.« Suresh sprach mit sanftem Blick weiter. » Und eine Zeitlang hat sich das zu unseren Gunsten ausgewirkt. Aber die Massenverhaftungen haben keine brauchbaren Erkenntnisse erbracht. Wir wissen immer noch nicht, wer Bello ist oder wie er agiert. Niemand hat ausgepackt. Und mittlerweile sind die Vergeltungsmaßnahmen ein wirkungsvolles Rekrutierungsinstrument für die Rebellion.«
    » Wissen Sie, wie Sie sich anhören? Ich sage Ihnen, wie Sie sich anhören:

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