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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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Kraft, als Guilder je bei dem Mann gehört hatte. Er wusste nicht, ob er das beruhigend fand oder nicht.
    » Wir müssen alle auf Linie bringen, wissen Sie. Kann ich mich dabei auf Sie verlassen?«
    » Warum müssen Sie mich das überhaupt fragen?«
    » Tun Sie mir den Gefallen, Fred.«
    Ein winziges Zögern, dann nickte Wilkes.
    Es war die richtige Antwort, auch wenn ihn das Zögern störte. Aber warum hatte er überhaupt gefragt? Es war nicht nur der unreife Tenor des Meetings, was ihn beunruhigte. Damit hatte er schon öfter zu tun gehabt. Dauernd trat einer dem andern auf die Füße. Autsch! Das hat wehgetan! Unfair! Das wird gemeldet! Etwas Tieferes, Besorgniserregendes braute sich da zusammen. Es war mehr als mangelnde Entschlossenheit; es fühlte sich an, als sei da ein Aufstand im Entstehen. Alle seine Instinkte sagten das Gleiche– als stehe er mit gespreizten Beinen über einem immer breiter werdenden Spalt.
    Er schloss den Vorhang wieder und kehrte an den Tisch zurück. » Wie ist die Lage am Fressplatz?«
    Wilkes’ Gesichtsmuskeln entspannten sich sichtlich. Jetzt bewegten sie sich wieder auf vertrautem Terrain. » Die Explosion hat die Anlage ziemlich gründlich zerstört. Es wird noch mindestens drei Tage dauern, um die Tore und die Beleuchtung zu reparieren.«
    Zu lange, dachte Guilder. Sie würden unverdeckt arbeiten müssen. Vielleicht war es auch besser so. Er konnte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ein bisschen Theater, um die Truppen auf Vordermann zu bringen.
    Er schob seinen Notizblock zu seinem Stabschef hinüber.
    » Schreiben Sie.«

54
    » Es ist einfach… sonderbar«
    Lila kam eben von ihrer Fütterung und war wieder ganz aufgedreht. Vermutlich war es Guilder, der das Blut gebracht hatte, als Sara mit Kate im Hof gespielt hatte. Nachdem die Temperatur zwei Tage hintereinander über dem Gefrierpunkt gelegen hatte, war der Schnee zu einem klebrigen Matsch geworden, der sich perfekt für Schneebälle eignete. Stundenlang hatten sie einander damit beworfen.
    Jetzt spielten sie eine Partie » Bohnen und Becher« auf dem Boden vor dem Kaminfeuer. Sara war dieses Spiel neu; Kate hatte es ihr beigebracht. Auch so ein Vergnügen: von der eigenen Tochter ein Spiel zu lernen. Sara bemühte sich, nicht daran zu denken, wie vergänglich das alles war. Jeden Tag konnte die Nachricht von Nina kommen.
    » Ja, wie gesagt«, sagte Lila, als hätte sie mit Sara gesprochen, » ich werde dann bald ausgehen müssen.«
    Sara hörte kaum zu. Lila schien wieder ganz in ihrer Fantasiewelt zu sein. Ausgehen wohin?
    » David sagt, ich muss.« Lila saß vor dem Spiegel und machte das missbilligende Gesicht, das sie immer machte, wenn sie von David sprach. » Lila, es ist für einen guten Zweck. Ich weiß, du magst die Oper nicht, aber wir müssen auf jeden Fall hin. Lila, der Mann hier leitet ein großes Krankenhaus, alle Ehefrauen werden da sein, wie sehe ich aus, wenn ich allein komme?« Sie seufzte tief und resigniert, und die Bürste blieb auf dem Weg durch ihre üppige Mähne stecken. » Vielleicht könnte er nur ein einziges Mal daran denken, was ich gern möchte, wo ich gern hingehen würde. Brad dagegen, Brad war rücksichtsvoll. Brad war ein Mann, der zuhören konnte.« Sie schaute Sara im Spiegel an. » Sag mir, Dani, haben Sie eigentlich einen Freund? Einen besonderen Mann in Ihrem Leben? Wenn Sie mir die Frage erlauben. Meine Güte, hübsch genug sind Sie jedenfalls. Ich wette, sie rennen Ihnen zu Dutzenden die Tür ein.«
    Sara war verwirrt. Lila stellte ihr selten oder nie eine persönliche Frage. » Nein, eigentlich nicht.«
    Lila überlegte kurz. » Ja, das ist gescheit. Sie haben ja noch jede Menge Zeit. Schauen Sie sich um, legen Sie sich nicht fest. Wenn Sie dem richtigen Mann begegnen, werden Sie es schon wissen.« Sie setzte ihr gewissenhaftes Bürsten fort, und ihre Stimme klang plötzlich traurig. » Denken Sie daran, Dani. Da draußen wartet jemand auf Sie. Wenn Sie ihn gefunden haben, lassen Sie ihn nicht mehr los. Ich habe diesen Fehler begangen, und Sie sehen ja, in welcher Klemme ich jetzt sitze.«
    Diese Bemerkung schien wie so viele andere im Äther zu schweben, ohne auf einer festen Fläche landen zu können. Aber je länger sie miteinander zusammengesperrt waren, desto deutlicher sah Sara ein sinnvolles Muster in diesen zusammenhanglosen Äußerungen. Sie waren der Schatten einer Realität, einer echten Vergangenheit mit Menschen, Orten, Ereignissen. Wenn es stimmte, was Nina

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