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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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Als ob Sie das alles auswendig gelernt hätten.«
    Suresh ignorierte die Spitze. » Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Er nahm ein Blatt Papier aus einer Mappe auf dem Tisch und schob es zu Guilder hinüber. Es war eins ihrer eigenen Propaganda-Flugblätter, aber auf der Rückseite stand eine ganz andere Nachricht.
    Flachländer, erhebt euch!
    Die letzten Tage der Rotaugen sind nahe!
    Schließt euch euren Brüdern in der Rebellion an!
    Jeder Akt des Ungehorsams ist ein Schlag gegen das Regime!
    Und in diesem Ton ging es weiter. Guilder hob den Kopf und sah, dass alle ihn ängstlich anstarrten, als wäre er eine Bombe, die jeden Moment explodieren konnte.
    » Und? Was soll das beweisen?«
    » HR -Agenten haben bis jetzt sechsundfünfzig davon gefunden«, antwortete Suresh. » Ich gebe Ihnen ein Beispiel für das Problem, das es verursacht. Heute Morgen beim Appell hat eine ganze Baracke sich geweigert, die Hymne zu singen.«
    » Hat man sie verprügelt?«
    » Es waren mehr als dreihundert. Und wir können nur die Hälfte von ihnen inhaftieren. Wir haben einfach nicht mehr Platz.«
    » Dann halbieren Sie ihnen die Rationen.«
    » Die Flachländer werden bereits auf dem Existenzminimum ernährt. Reduzieren wir die Mengen weiter, können sie nicht mehr arbeiten.«
    Es war ärgerlich. Jedes Argument, das Guilder vorbrachte, wurde auf der Stelle pariert. Die Kanone, die hier auf ihn gerichtet wurde, war nicht weniger als die organisierte Meuterei seines Führungsstabes.
    » Raus mit Ihnen. Alle.«
    » Ich finde«, beharrte Suresh aufreizend gefasst, » wir sollten hier zu einem Konsens in der Frage der Strategie kommen.«
    Heiß strömte das Blut in Guilders Gesicht. Die Adern an seinen Schläfen schwollen, und er stand kurz vor einem Schlaganfall. Er nahm das Flugblatt und wedelte damit hin und her. » Köpfe und Herzen. Hören Sie, was Sie da reden? Haben Sie das hier gelesen?«
    » Direktor Guilder…«
    » Ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen. Gehen Sie.«
    Papiere wurden zusammengeschoben, Aktenkoffer zugeklappt, Blicke in der Runde gewechselt. Alle standen auf und gingen zur Tür. Guilder ließ den Kopf in die Hände sinken. Gott im Himmel, das hatte ihm wirklich gerade noch gefehlt. Etwas musste geschehen, und zwar schnell.
    » Wilkes, warten Sie einen Moment.«
    Der Mann drehte sich um und zog die Brauen hoch.
    » Sie bleiben hier.«
    Die andern gingen, und sein Stabschef blieb an der Tür stehen.
    » Setzen Sie sich hin.«
    Wilkes kehrte zu seinem Stuhl zurück.
    » Würden Sie mir bitte sagen, was zum Teufel das sollte? Ich habe Ihnen immer vertraut, Fred. Habe mich darauf verlassen, dass Sie alles in Gang halten. Jetzt erzählen Sie mir keinen Blödsinn.«
    » Sie machen sich einfach Sorgen.«
    » Sorgen sind eine Sache. Aber ich toleriere keine Spaltung unter den Leuten. Nicht, wenn wir so nah davor stehen. Sie können jeden Tag hier sein.«
    » Das ist allen klar. Sie wollen nur nicht… na ja, dass die Lage außer Kontrolle gerät. Mich haben sie ja auch überrascht.«
    Spar dir deine Ausreden, dachte Guilder. » Und was meinen Sie? Ist die Lage außer Kontrolle geraten?«
    » Wollen Sie mir diese Frage wirklich stellen?« Als Guilder schwieg, zuckte Wilkes die Achseln. » Vielleicht ein bisschen.«
    Guilder stand auf, nahm die dunkle Brille aus der Jackentasche und zog die Vorhänge auf. Diese trostlose Gegend. Dieses gottverdammte Kaff mitten im Nirgendwo. Plötzlich dachte er sehnsüchtig an die Vergangenheit, an die alte Welt mit Autos und Restaurants und Geschäften und chemischen Reinigungen und Steuererklärungen und Verkehrsstaus und Warteschlangen vor der Kinokasse. So deprimiert war er schon lange nicht mehr gewesen.
    » Die Leute müssen mehr Kinder bekommen, Fred.«
    » Sir?«
    Er wandte dem Mann den Rücken zu und redete weiter. » Kinder, Fred.« Er schüttelte den Kopf über diese Ironie des Schicksals. » Komisch, mein Ding war das nie. Hatte nie das Bedürfnis. Sie hatten zwei, nicht wahr?«
    Es war eine ungeschriebene Regel, niemals nach dem früheren Leben zu fragen. Guilder spürte das Zögern, mit dem Wilkes antwortete. » Die Missus und ich hatten drei. Zwei Jungen und ein Mädchen.«
    » Denken Sie noch an sie?«
    Guilder wandte sich vom Fenster ab. Auch Wilkes hatte seine dunkle Brille aufgesetzt.
    » Nicht mehr.« Wilkes’ Mundwinkel zuckte leicht. » Wollen Sie mich auf die Probe stellen, Horace?«
    » Vielleicht ein bisschen.«
    » Tun Sie es nicht.«
    In diesem Satz lag mehr

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