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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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» Mummy?«
    » Ich bin hier, mein Kind, ich bin hier.«
    Jetzt war sie sicher: Draußen wurde geschossen. (Sie konnte es nicht wissen, aber genau in diesem Moment traf ihren Bruder Michael, der die Treppe hinauflief, eine Kugel in den Oberschenkel, ein Schmerz, den er seltsam unwichtig fand, so berauscht war er vom puren Adrenalin. Hollis hatte die Wahrheit gesagt: Wenn die Dinge einmal in Gang waren, fiel es überhaupt nicht schwer, jemanden zu erschießen. Michael erledigte noch zwei Wachleute, bevor das Bein unter ihm einknickte und die Pistole seiner Hand entglitt– das Magazin war sowieso leer–, und dann leuchteten Sterne vor seinen Augen.) Sara rannte den Gang hinunter und hielt ihr Kind auf den Armen. Mein Kind, mein Kind. Sie würden leben, oder sie würden sterben, aber was es auch war, sie würden es zusammen tun, und sie würden nie wieder voneinander getrennt werden.
    Sie erreichte die Rotunde in vollem Lauf, als ein Mann durch eine Tür brach. Sein Hemd war blutig, und er hatte eine Pistole in der Hand. In seinem bärtigen Gesicht glühte wilde Entschlossenheit. Sara blieb wie angewurzelt stehen.
    Hollis?
    In ihrer Position hoch über dem Boden konnte Amy die ganze Szene überblicken. Die vieltausendköpfige Menge in wildem Aufruhr. Guilder mit sinnlos erhobenen Armen. Ninas Team, das aus dem Graben auftauchte und seine Feuerkraft auf die Reihen der Anzugträger entfesselte, die schreiend Deckung suchten oder einfach gar nichts taten und in verständnisloser Unberührtheit sitzen blieben, während sie mit den roten Bögen des Todes bespritzt wurden. Alicia, die mit gezogener Waffe angriffsbereit auf dem Spielfeld erschien. Eustace, der von der Endzone gerannt kam, die Bombe um die Brust geschnallt, und hinter ihm der Kol, der sich auf ein Knie sinken ließ, sein Gewehr hob und ihn ins Visier nahm. Aufspritzendes Blut, als Eustace um die eigene Achse wirbelnd stolperte und die Bombe verlor. Alle diese Ereignisse bewegten sich um sie herum wie Planeten in ihrem Orbit, ein wirbelnder Kosmos der Aktivität, aber das alles berührte sie nur flüchtig, streifte ihre Sinne wie ein Windhauch. Sie schwebte in der Mitte, vor ihren Verwandten, und dort, auf dieser Bühne, würde sich alles entscheiden.
    –Meine Brüder, hallo. Es ist eine Weile her.
    Wir sind Morrison-Chavez-Baffes-Turrell-Winston-Sosa-Echols-Lambright-Martínez-Reinhardt …
    – Ich bin Amy, eure Schwester.
    Und dann fühlte sie ihn. Inmitten des Bösen ein strahlendes Licht. Amys Blick suchte Carter. Er stand ein wenig abseits, hockte da in der Haltung seiner Art.
    Es war nicht Carter.
    – Vater.
    Ja, Amy. Ich bin hier.
    Liebe strömte in ihr Herz und ließ es schwellen. Tränen stiegen ihr in die Kehle.
    – Oh, Daddy, es tut mir leid. Schau weg. Schau weg.
    Das Stadion erstrahlte im Licht, und Amy schloss die Augen. Es würde sein, wie wenn man eine Tür öffnete. So hatte sie es sich vorgestellt. Kein Akt des Aufbegehrens, sondern der Unterwerfung: Sie würde dieses Leben, diese Welt hingeben. Bilder zuckten an ihrem geistigen Auge vorbei, schneller als Gedanken: Ihre Mutter, wie sie vor ihr kniete und sie umarmte. Die strahlende Kraft ihrer Umarmung und dann ihr Rücken, als sie davonging. Wolgast, dessen große Hand auf ihrem Rücken lag, als sie zusammen Karussell fuhren, umgeben von Lichtern und Musik. Der sternklare Winterhimmel an dem Abend, als sie die Schnee-Engel gemacht hatten. Caleb, der sie mit seinen wissenden Augen beobachtete, als sie ihn zudeckte, und der sie fragte: » Hat dich auch jemand geliebt?« Peter in der Tür des Waisenhauses, und ihre Hände, die einander berührten und damit sagten, was Worte nicht sagen konnten. Die Tage flogen an ihr vorbei, einer nach dem andern, und als sie vorüber waren, sandte Amy ihr Herz hinaus zu denen, die sie liebte, und sagte Lebwohl.
    Sie öffnete die Tür.
    Am Rand des Spielfelds ließen Peter und die anderen die Magazine, die sie in die unteren Reihen entleert hatten, zu Boden fallen und schoben neue in die Pistolen. Sie wussten noch nicht, dass Eustace niedergeschossen worden war, sie wussten nur, dass wie geplant die Scheinwerfer aufgeleuchtet hatten– das Signal, dass er loslaufen konnte. Jeden Augenblick musste die Bombe hinter ihnen explodieren.
    Sie tat es nicht.
    Peter drehte sich zu dem Podest um. Die Virals, überflutet vom Licht, hatten diverse Schutzhaltungen eingenommen. Ein paar taumelten rückwärts und hatten die Gesichter in den Armbeugen vergraben. Andere

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