Die Zwölf Türme (German Edition)
vor dem letzten Werk einer Selbstmörderin und sprach mit einem Mann namens Fitzgerald Norton, einem weißhaarigen Herrn, der trotz seines Alters Stärke, Würde und eine seltsame Art von Autorität ausstrahlte......
"Ich kann Sie sehr gut verstehen, Mister Garrett", sprach da der Alte, "Doch ich hoffe, dass ich Sie von Ihrem unsinnigen Vorhaben abbringen kann."
Entgeistert starrte Charles ihn an. "Können Sie Gedanken lesen?"
"Nicht immer, aber manchmal gelingt es mir sehr gut. Bei Ihnen fiel es mir sogar sehr leicht, weil Sie sehr klar und eindeutig denken, was bei vielen Menschen nicht der Fall ist. Ich habe das Glück, über einige Fähigkeiten zu verfügen, die andere Menschen nicht haben."
"Wollen Sie allen Ernstes behaupten, Sie wären ein Telepath?"
"Ich bin sogar noch mehr als nur das, aber das werde ich Ihnen später erklären. Zunächst muss ich Ihnen etwas zeigen, was nur wenige auf diesem Planeten zu sehen bekommen. Bitte folgen Sie mir, Mister Garrett."
Widerspruchslos und noch immer völlig perplex folgte Charles dem Alten, der ihn in einen abgeschlossenen Nebenraum führte.
Dort hing, unter einem schwarzen Vorhang verborgen, ein fast zwei Meter hohes und ebenso breites Bild an der Wand. Fitzgerald Norton zog den Vorhang zur Seite und gab ihm den Blick auf das Bild frei.
Charles sah, dass es ein uraltes Gemälde war, von einem verschnörkelten goldenen Rahmen umgeben, in dem Drachen- und Dämonenfiguren eingeprägt waren. Das Bild selbst zeigte eine düster wirkende Moorlandschaft, in der zwölf mächtige, steinerne Rundtürme standen, die sich hoch in den wolkenbedeckten Himmel reckten. Irgendwie sahen sie den Türmen mittelalterlicher Burgen ähnlich, doch sie standen einzeln da, nicht als Teile eines Festungswerkes. Sie sahen düster und drohend wie steinerne Riesen aus und Charles fühlte eine unerklärliche Beklemmung bei ihrem Anblick. Irgendwie wirkten diese Gigantentürme unheimlich, übernatürlich und nicht wie von Menschenhand erbaut. Durch die Größe des Bildes und die erstaunlich naturgetreue Darstellung, die bald besser als ein gutes Farbfoto war, kam es Charles so vor, als würde er direkt vor diesen steinernen Monumenten stehen.
"Dieses Bild hat keine Menschenhand gemalt", sagte Fitzgerald Norton leise, "Und es ist eigentlich auch kein Bild, sondern so etwas wie ein Tor, durch das man in eine andere Welt und in ein anderes Universum gelangen kann. Sie, Mister Garrett, werden in diese fremden Dimensionen reisen und eine Welt besuchen, die jenseits der Grenzen irdischer Realitäten liegt. Dort können Sie eine Antwort nach dem Sinn Ihres Lebens finden und Antworten auf viele Fragen. Aber Sie müssen diese zwölf Türme suchen, nur dort bekommen Sie die Antworten, nach denen Sie lange schon gesucht haben."
"Ein Tor in eine andere Welt?" fragte Charles ungläubig und leicht verärgert, "Was soll denn dieser Blödsinn? Wollen Sie mich veralbern? Wer sind Sie eigentlich wirklich, Mister Norton, oder wie immer Sie heißen mögen? Irgend so ein Sektenführer, der den Leuten mit seinem mystischen Quatsch das Hirn vernebeln will?"
Fitzgerald Norton lächelte.
"Ich bin ein Mensch wie Sie, Mister Garrett, wenngleich auch etwas ungewöhnlich für Ihre Begriffe. Sie müssen nämlich wissen, dass ich schon sehr lange lebe, sehr viel länger als andere Menschen. Vor langer Zeit diente ich dem König RIOTHAMUS, der in den alten Sagen ARTHUR PENDRAGON genannt wird, obwohl sein römischer Name ARTORIUS RESTITUTOR lautete. Ich selbst bin MYRDDIN EMRYS, Sohn des Auguren Ambrosius, aus dem Geschlecht des Caesar Maximus, den die Kelten MACSEN nannten. Ich war aber auch der MERLIN im Dienste der avalonischen Priesterinnen. Doch nun wünsche ich Ihnen viel Glück auf Ihrer Reise, Mister Garrett."
Mit einem Schlag waren der Alte, das Zimmer und auch das Bild mit den Türmen verschwunden. Charles fühlte sich wie von einem gewaltigen Sog erfasst und hochgerissen. Dann wieder meinte er in unglaubliche Tiefen hinabzustürzen, doch schon in der nächsten Sekunde stand er wieder auf festem Boden.
Er schaute sich benommen um und gewahrte eine Landschaft, die ihn sehr an das grüne Irland erinnerte, wo er einige Male seinen Urlaub verbracht hatte.
Die ominösen Zwölf Türme waren hier jedoch nicht zu sehen und auch die Landschaft glich in keiner Weise derjenigen, die er in dem Bild gesehen hatte. Sollte der Alte, der MERLIN zu sein behauptete, tatsächlich die Wahrheit gesprochen haben?
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