Die Zwölf Türme (German Edition)
War er wirklich in eine andere Welt versetzt worden oder war das alles nur eine perfekt inszenierte Illusion? Doch wenn das alles tatsächlich Wirklichkeit war, wie sollte er sich hier zurechtfinden? Was erwartete ihn in dieser Welt? Und wo sollte er nach diesen mysteriösen Türmen suchen?
Plötzlich und ohne jede Vorwarnung überkam ihn eine nie gekannte, unerklärliche Müdigkeit. Seine Glieder wurden schwer wie Blei und er brachte es auf einmal nicht mehr fertig, seine Augen offen zu halten.
Bevor er noch irgendetwas tun konnte, sank er in das weiche, saftige Gras. Sekunden später schlief er bereits tief und fest ...
Das eindringliche Gefühl, von jemandem beobachtet zu werden, ließ ihn aufwachen.
Noch etwas benommen richtete er sich auf --- und schaute in die wunderschönsten Augen, die er jemals erblickt hatte.
Vor ihm hockte ein Mädchen von solch übernatürlich anmutender Schönheit, dass ihm schier der Atem stockte. Zunächst konnte er gar nichts anderes tun, als sie entgeistert anzustarren, wobei er bestimmt keinen sehr intelligenten Eindruck machte, da man seinen Gesichtsausdruck in diesem Augenblick wohl eher als ziemlich dümmlich bezeichnen konnte.
Die junge Frau schien das zu belustigen. Ihr jetzt erklingendes Lachen kam ihm vor wie das helle Klingen von silbernen Glöckchen.
Nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte, betrachtete er sie genauer, wobei ihm auffiel, dass sie nicht nur sehr fremdartig, sondern auch irgendwie nichtmenschlich wirkte.
Auf den ersten Blick glich sie einem siebzehnjährigen Mädchen. Aber ihre Haut hatte die Farbe weißen Marmors; das schmale, sanft wirkende Antlitz war eingerahmt von goldfarbenen Haaren, die in weichen Wellen bis weit über ihre Schultern hinabfielen. Sie trug ein lindgrünes Kleid aus dünnem, fast durchsichtigem Stoff, das ihn sehr an ein Nachthemd erinnerte, wobei er aber feststellte, dass sie wunderhübsch darin aussah.
"Wer bist du?" fragte er, "Und wo bin ich hier?"
Sie schaute ihn verwundert an.
"Du weißt nicht, wo du dich befindest? Dies hier ist Elfenland. Und du bist hier ohne die Erlaubnis des Königs. Schließlich bist du ein Mabde und als solcher ist es dir verboten, ins Elfenland einzudringen. Sei froh, dass ich dich gefunden habe und nicht einer unserer Wächter, sonst wärest du jetzt in einer recht misslichen Lage. Ich aber bin heute in guter Stimmung und deshalb werde ich dir helfen. Damit du weißt, wer ich bin: Ich bin Siryna, die Tochter von König Thuidisor. Wenn du nichts Arglistiges im Schilde führst, werde ich dich zum Mabdenland zurückbringen, bevor dich andere Elfen sehen. Aber wie bist du eigentlich hierher gelangt, ohne dass dich einer von den Kobolden gesehen hat?"
"Das weiß ich ja selbst nicht", gestand er, "Zuletzt stand ich in London vor einem Bild. Und ganz plötzlich war ich hier. Ein Mann, der behauptet, der Zauberer Merlin zu sein, hat mich mit irgendeinem Trick hergebracht, wobei ich nicht einmal sicher bin, ob ich nicht ganz einfach nur träume."
"Merlinus hat dich her gesandt? Dann musst du ein Anderweltmann sein und dein Hiersein wundert mich jetzt nicht mehr. Immer wenn die Zeit der Finsternis bevorsteht, schickt Merlinus einen Menschen aus einer der Anderwelten nach Nimmerwelt, welcher berufen ist, durch die Zwölf Türme zu gehen. Aber dennoch darfst du nicht hier bleiben. Steh´ auf und komm´ mit mir. Ich bringe dich zur Grenze."
Sie fasste nach seinem Arm und half ihm hoch, wobei er feststellte, dass ihre Haut ungewöhnlich kühl war. Dann drehte sie sich um und eilte in Richtung der Hügel davon, die nicht weit entfernt zu sehen waren. Seltsamerweise schien es ihm, als würden ihre zierlichen, nackten Füße den Boden dabei gar nicht zu berühren, so als würde sie knapp darüber hinweg schweben.
Aber schüttelte den Kopf und schalt sich einen Narren, der sich Dinge einbildete, die es einfach nicht geben konnte. Auch auf einer fremden Welt mussten universelle Naturgesetze Gültigkeit haben. Sicher fiel er einer optischen Täuschung zum Opfer, wenn er etwas sah, was dem Gesetz der Schwerkraft widersprach.
Er beeilte sich, ihr zu folgen, denn es sah nicht so aus, als ob sie auf ihn warten würde.
Eine ganze Weile trottete er hinter ihr her, immer bemüht, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Offenbar wollte sie Abstand von ihm bewahren und ließ ihn nicht aufholen.
Schließlich hatten sie die Hügel hinter sich gelassen und Siryna blieb an einem runden
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