Die Zwölf Türme (German Edition)
aus dem Wasser, ergriffen schnell ihre Ringe und eilten in den See zurück, wo sie blitzschnell untertauchten und verschwanden. Nur das Wasser kräuselte sich noch ein wenig dort, wo sie untergetaucht waren.
Mit einem Gefühl des Bedauerns begab sich Charles wieder zu seinem Schlafplatz und legte sich dort nieder. Zu gern hätte er dem anmutigen Spiel der schönen Wasserfrauen noch länger zugesehen. Aber das hatte er sich ja selbst verpatzt.
Eine Weile lag er mit offenen Augen da und schaute versonnen zu den glitzernden Sternen hinauf, wobei er vergeblich nach Konstellationen Ausschau hielt, die er von der Erde her kannte. Nicht einmal das neblige Band der Milchstraße war hier zu sehen. Doch einen Mond hatte auch diese fremde Welt und das war ein vertrauter Anblick, der ihm irgendwie tröstlich erschien.
Plötzlich aber tauchte aus den Büschen eine schlanke, weibliche Gestalt auf und kniete neben ihm nieder. Es war eine der Nymphen, die sich jetzt über ihn beugte und sanft seine Wangen streichelte.
"Du bist der erste Mensch, der nichts von uns verlangte, obwohl du mit unseren Ringen Macht über uns hattest", flüsterte sie, "Deshalb haben meine Schwestern und ich beschlossen, dich für deinen Edelmut zu belohnen."
Im nächsten Augenblick umschlangen ihn die weichen Arme der schönen Seefrau und ihre kühlen, grünen Lippen pressten sich auf die seinen. Und dann versank er in einen Taumel der Leidenschaft, den er so schnell nicht vergessen sollte...
Als er am nächsten Morgen erwachte, war die schöne Nymphe verschwunden und er glaubte schon, die Ereignisse der letzten Nacht nur geträumt zu haben. Allerdings wusste er genau, dass er sich in voller Kleidung niedergelegt hatte und nun lag er nackt unter seinem Mantel, während seine übrige Kleidung verstreut um ihn herumlag.
"Wenn ich zu Hause erzählen würde, dass ich mit einer echten Nymphe geschlafen habe, käme ich sofort ins Irrenhaus", murmelte er kopfschüttelnd.
Er stand auf, badete genüsslich im klaren Wasser des Sees, kleidete sich sodann wieder an und setzte seine Wanderung fort, wobei er an einem wild wachsenden Apfelbaum vorbeikam, von dessen schmackhaften Früchten er aß und so seinen Hunger stillte.
Während er dann so durch die Heidelandschaft trottete, dachte er über seine jetzige Lage nach. Eigentlich konnte er sich glücklich schätzen, auf einer Welt zu sein, wo die Märchen Wirklichkeit waren. Als Kind hatte er immer davon geträumt und nun durfte er das tatsächlich erleben. Jetzt war er froh, dass er sich nicht umgebracht hatte. Was hätte er alles dadurch versäumt! Schon allein die Nacht mit der schönen Seefrau war Grund genug, das Leben weiter zu genießen und Freude daran zu haben. Außerdem war er hier völlig gesund, so dass er sich darum keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Charles fühlte förmlich, wie neue Kräfte ihn durchströmten. Er hätte Bäume ausreißen können, so gut fühlte er sich. Auch schien sein ganzer Körper jetzt viel kräftiger und sehniger zu sein, fast wie der Leib eines schlanken Athleten. Ganz offensichtlich hatte Myrddin auch hier ein wenig gezaubert.
Dazu kam, dass er einen guten Batzen Geld dabei hatte, so dass er hier nicht als Bettler leben musste. Und ein gutes Schwert zu seinem Schutz besaß er überdies. Mehr schien man auf dieser Welt nicht unbedingt zu brauchen, denn sonst hätte ihn der Zauberer wohl noch mit weiteren Mitteln ausgestattet. Was wollte er noch mehr? Ein Abenteuer erwartete ihn, von dem er nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Selbst wenn das alles hier doch nur ein phantastischer Traum sein sollte, so wollte er diesen Traum genießen solange er andauerte. Er begann kräftiger auszuschreiten und pfiff dabei ein Lied vor sich hin, um seiner guten Laune Ausdruck zu verleihen.
Der Bauer Borin war mit seinem Ochsenkarren und einer Kornladung auf dem Wege nach Thudor, wo er das Korn bei einem dort ansässigen Müller abliefern wollte. Sein Hof lag am Skaron-Fluss nahe der Grenze von Elfenland, wo es guten Ackerboden und saftige Weiden gab.
Als er den fremden Wanderer erblickte, der von Norden her auf die holperige Straße zukam, wunderte er sich ein wenig, da der Fremde aus dem Elfenland zu kommen schien. Aber ein Elf schien es nicht zu sein, obwohl er deren schlanke Statur hatte, denn er hatte braunes Haar und war wie ein Mabde gekleidet. Elfen dagegen hatten goldblondes oder weißes Haar und auch eine viel hellere Haut.
Es musste also ein Mensch
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