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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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damaszener Intarsien an
einem Buchpult in einer Zimmerecke zu untersuchen. Mit geübtem Schwung
zog der Juwelier einen Samtbeutel aus einer Tasche seines Gewandes und
legte ihn auf das Pult, während er seiner Bewunderung für die schöne
Handwerksarbeit Ausdruck verlieh. Dann richtete er sich auf und trat
seinem Gesprächspartner gegenüber.
    »Erlaubt mir, Abu Ali, Euch über eine Angelegenheit ins Bild
zu setzen, von der Ihr, wie ich glaube, keine Kenntnis besitzt. Die
Frau des Abu Musa, meine Tochter Leonora, war dem Sohn des Ibrahim, des
führenden Goldschmieds in Granada, beinahe von Geburt unserer Kinder an
versprochen. Als sie beide im heiratsfähigen Alter waren, kam Ibrahim
zu mir nach Málaga, um mit mir die Mitgift Leonoras zu besprechen.
Unzufrieden mit meinem ersten Angebot, kehrte er nach Granada zurück,
aber da dies nun einmal die Art von Verhandlungen ist, erwartete ich,
daß er einen angemessenen Anlaß finden würde, um die Gespräche wieder
aufzunehmen. Doch die Zeit verging, und er machte keinerlei Anstalten
dazu. In der Zwischenzeit lernte ich Abu Musa kennen, einen Mann, der
Ibrahims Sohn in allen Dingen so unendlich überlegen ist, daß ich schon
bald mein Bedauern darüber vergaß, daß sein Vater mein Angebot
ausgeschlagen hatte. Als nun Abu Musa nach einiger Zeit bei mir um
Leonoras Hand anhielt, war ich nur zu gerne bereit, ihm meine
Zustimmung zu geben. In Anbetracht des Ruhms des Hauses Ibn Yatom, der
Gelehrsamkeit Amrams und seiner außergewöhnlichen Geschäftstüchtigkeit
bot ich als Mitgift für meine Tochter eine Summe an, die weit höher war
als die, die ich seinem ehemaligen Mitbewerber angeboten hatte.«
    Abu Alis Gesichtsausdruck erhellte sich ein wenig, aber er
ließ seine Vorsicht noch immer nicht fahren. »Eure Erklärung wirft ein
neues Licht auf die Angelegenheit. Doch wenn ihr keine konkreten
Beweise erbringen könnt, bleibt sie wertlos.«
    »Ich habe den Beweis hier«, erwiderte Joseph unverzüglich und
zog den Ehevertrag hervor, an dem immer noch Amrams Gedicht hing.
    Abu Ali überflog ihn, legte ihn neben sich auf die Truhe und
musterte Joseph aus halb geschlossenen Augen. »Wie könnt Ihr beweisen,
daß dies keine Fälschung ist?«
    »Hiermit«, antwortete Joseph und reichte ihm eine Urkunde, die
er aus Málaga mitgebracht hatte. »Dies ist die Verkaufsurkunde des
Anwesens, das laut Ehevertrag Amram und seiner Frau überschrieben
wurde. Sie ist von Amram ben Hai ibn Yatom als Verkäufer und von Ahmad
ibn Nasr als Käufer unterzeichnet und dann mit dem Siegel des
Landregisters von Málaga versehen. Ein solches Siegel läßt sich
unmöglich fälschen. Diese Urkunde beweist ohne jeden Zweifel, daß Amram
ausreichende Geldmittel zur Verfügung hatte, um meiner Tochter ein
Wohnhaus einzurichten, das ihrem Stand gemäß ist, und sie so zu halten,
wie sie es seit jeher gewöhnt ist. Es bestand für ihn keine
Notwendigkeit, für diese Zwecke öffentliche Gelder zu ›unterschlagen‹.
Ich bin sicher, Ihr seid meiner Meinung, daß er viel zu intelligent
ist, um ein solches Risiko einzugehen.«
    Erst jetzt ließ Abu Alis Wachsamkeit nach. »Mein Freund, Ihr
habt nicht nur Eurer Familie einen unschätzbaren Dienst erwiesen,
sondern auch mir und meinem Prinzen. Jetzt müssen wir Ibrahim dafür
bezahlen lassen, daß er solche frevelhaften Verleumdungen über einen
Mann meines Vertrauens verbreitet hat.«
    »Ich denke, das wird nicht nötig sein. Ich habe auf dem Weg
hierher kurz bei ihm vorgesprochen. Wenn ich mich nicht irre, ist er
bereits aus der Stadt geflohen und hat sein ganzes Vermögen
zurückgelassen, das Eure Truhen füllen wird.«
    Als Leonora ihren Mann erspähte, der den
Hang zum Haus hinaufgeritten kam, rannte sie ihm entgegen. Er sprang
vom Pferd und warf sich in ihre Arme, ungeachtet der neugierigen
Blicke, die er auf sich spürte. Fieberhaft ließ sie die Hände über sein
Gesicht und seine Schultern wandern, über seinen Rücken, wollte sich
verzweifelt versichern, daß ihm kein Unheil geschehen war.
    »Ich wußte, daß ich mich auf dich verlassen kann«, flüsterte
Amram und barg seinen Kopf im seidigen Wasserfall ihres Haares, das sie
heute offen trug. »Wir sind verwandte Seelen, du und ich, beide Kämpfer
für das, was wir wollen. Wir werden noch viel zusammen erreichen, meine
gescheite, mutige und entschlossene kleine Rehfrau.«
    In jener Nacht liebten sie einander mit einer Hingabe, die sie
nicht einmal in den ersten Tagen ihrer Liebe gekannt hatten.

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