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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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es
sorgsam vermieden, sie zu drängen, obwohl er manchmal, wenn sie abends
vor ihrem Heim im Innenhof beieinander saßen, auf Kinder zu sprechen
kam.
    »Kinder?« antwortete sie dann immer. »Warum? Warum sollte ich
leiden, um sie zur Welt zu bringen, und dann mit ihnen leiden, wenn sie
in einer Welt voller Leiden leben?«
    »Sie sind nicht von vorne herein zum Leiden verurteilt.«
    »Noch ist ihnen das Glück sicher. Aber bitte, Da'ud, wenn du
dich so glühend nach einem Erben sehnst, dann nimm eine andere Frau,
die dich körperlich befriedigt und deine Kinder zur Welt bringt. Ich
will deinem Glück nicht im Weg stehen. Das hast du nicht verdient.«
    »Niemand außer dir wird meine Kinder zur Welt bringen«,
versicherte er ihr jedesmal, »wenn nicht jetzt, dann eben später, wann
immer du es wünschst.«
    Wenn er sie so betrachtete, wie sie den schlanken weißen
Nacken über die glänzenden grünen Blätter der Pflänzchen beugte, die
sie so wunderbar pflegte, dann fragte er sich, wann diese Zeit wohl
kommen würde …
    »Du überraschst mich«, sagte sie. »Ich bin es nicht gewohnt,
dich am hellen Morgen zu Hause zu sehen.«
    »Ich möchte hier heute allein arbeiten.«
    »Dann überlasse ich dich deinen Studien«, erwiderte sie und
zog sich leise zurück.
    Mit raschen, konzentrierten Bewegungen wog und maß Da'ud,
zerstieß und mischte die zweiundvierzig Zutaten des Großen Theriak,
erschöpfte beinahe seinen gesamten Vorrat der seltenen Ingredienzen, um
die übergroße Menge des Mittels herzustellen, die der Kalif verlangt
hatte. Gegen Abend goß er die Mischung in eine mit Stroh umhüllte
Flasche, verkorkte diese fest und stellte sie sorgfältig auf ein hohes
Regal. Dann füllte er zur Sicherheit noch einen Topf mit zermahlenem
Bezoar und steckte ihn in die Tasche des Gewandes, das er am nächsten
Tag tragen wollte. Erst jetzt atmete er auf. Als er sich daran machte,
die Arbeitsfläche aufzuräumen, beschwor der Anblick der leeren Gefäße
eine tiefe Unruhe in ihm herauf. Was würde geschehen, wenn der Kalif in
einer Herrscherlaune mehr von dem kostbaren Gegenmittel verlangen
sollte, ehe seine Vorräte wieder aufgefüllt waren?
    Hätte er gewußt, was seiner noch harrte, er hätte sich
gewünscht, daß dies seine einzige Sorge wäre …
    Die Nebel der Morgendämmerung hingen noch über dem Fluß, als
er am nächsten Morgen durch die schlummernden Straßen Córdobas
schlüpfte. Er wollte gerade wie jeden Tag in die Bibliothek eintreten,
als eine rauhe Stimme ihn von hinten anrief. Er wandte sich abrupt um
und fand sich dem knollennasigen Steuereintreiber Abu Bakr gegenüber,
jenem ehemaligen Christen, dessen Familienbande mit dem Königshaus von
Leon kein Geheimnis waren. Anmaßend hatte der sich in seinem üppigen
scharlachroten Gewand vor ihm aufgebaut, die hellen, nahe beieinander
stehenden Augen mit bohrendem Blick auf Da'ud gerichtet, dessen Augen
wie immer dunkel und still waren.
    »Was bringt Euch zu so ungewöhnlich früher Stunde in den
Palast?« fragte er mißtrauisch.
    »Ich könnte Euch die gleiche Frage stellen«, erwiderte Da'ud.
    »Geld ist die beste Waffe eines militärischen Anführers. Es
steht in meiner Verantwortung, dieses Geld aufzutreiben, je früher,
desto besser. Ihr hingegen habt keine solch dringende Aufgabe zu
erfüllen«, bemerkte er spitz, und seine Augen verengten sich ein wenig,
als er die weiten Falten des Umhangs genau studierte, der um Da'uds
schlanke Gestalt gehüllt war. »Das ist nicht ganz richtig«, antwortete
Da'ud mit Gleichmut. »Als einer der Hofärzte bin ich dafür
verantwortlich, bestimmte Medikamente zur Behandlung der Verwundeten
bereitzustellen.«
    »Die werden im allgemeinen in der Palastapotheke unter der
entsprechenden Oberaufsicht angefertigt, und nicht in der
Bibliothek – oder anderswo.«
    »Ich möchte nachsehen, welche Art von Harz Galen für die
Behandlung von Nervenverletzungen an jungen, gesunden Körpern
empfiehlt.«
    »Und das da?« fragte der Wesir mit eisiger Stimme und schlug
mit einer raschen Bewegung einen Zipfel von Da'uds Mantel zurück, unter
dem die Korbflasche zum Vorschein kam, die er dort verborgen hielt.
    »Das ist ein neuer Trank aus wärmenden Zutaten, den ich selbst
aus Kamille, Melisse, Lavendel, Koriander und Cannabis bereitet habe.
Er soll den Soldaten zur Hilfe gereichen, die auf dem Schlachtfeld
verwundet wurden.«
    »Und deshalb kommt Ihr in der Morgendämmerung in den Palast
geschlichen, diesen sogenannten Wärmtrank unter

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