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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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du auf dem
Sklavenmarkt das erstemal dein Gesicht zu mir erhoben hast, war ich von
Liebe zu dir erfüllt. Seither hat mich dein Bild nicht verlassen, Tag
und Nacht, aber ich habe gewartet, bis du zur Frau herangewachsen bist,
ehe ich dir davon spreche. Mehr noch, ich habe mich meinem Vater
widersetzt und eine Heirat ausgeschlagen, die er seit langem für mich
plant.«
    »Das hättet Ihr nicht tun sollen. Ihr müßt heiraten, Meister,
heiraten, da dies der ›natürliche Verlauf eines menschlichen Lebens‹
ist.«
    »Ich weigere mich, eine Frau zu heiraten, die ich nicht liebe.«
    »Ich glaube, ich weiß nicht genau, was Liebe ist. Aber wenn es
bedeutet, daß Ihr Euch in irgendeiner Weise um mich sorgt, dann bitte
heiratet mich nicht.«
    »Aber ich würde dich zu einer überaus glücklichen, geehrten
und reichen Frau machen.«
    »Zu dem Preis, daß Ihr mich als Eigentum habt, von meinem
Körper Besitz ergreift und damit macht, was Ihr wollt.«
    Die eiskalte Bitterkeit ihrer Entgegnung zwang Da'ud, noch
heftiger zu reagieren.
    »Unsinn! Du sprichst von primitiver Lust. Was ich dir anbiete,
ist ehrliche, aufrichtige und andauernde Liebe. Die körperliche
Vereinigung von zwei Menschen, die einander lieben, eine Vereinigung,
die von Gott und der Natur so bestimmt ist, ist die größte Wonne, die
der Herr seinen Geschöpfen geschenkt hat, eine Erfahrung, die sich mit
keiner anderen vergleichen läßt. Das Leben eines Mannes oder einer Frau
ist ohne sie nicht vollkommen.«
    »Ihr sprecht mit der gewandten Zunge eines Gelehrten, aber
Eure süßen Worte können die Wirklichkeit nicht verwandeln. Und jetzt,
können wir bitte mit den Pflanzen weitermachen? Es ist schon bald Zeit,
den Tisch für das Mittagessen zu decken.«
    Da'ud war nicht willens, sie weiter zu drängen, und ließ die
Sache auf sich beruhen.
    Von Woche zu Woche gediehen die Pflanzen auf
dem Fensterbrett besser, wurden üppig grün, wuchsen gerade und
glänzten, als pflegte sie eine liebende Hand. Gegen Ende des Sommers
stellte Da'ud eines Tages beim Erwachen fest, daß eine herrliche
tiefrosa Blüte aufgegangen war, beinahe über Nacht an der Spitze einer
der stacheligen Pflanzen erschienen war. Die Blütenblätter entfalteten
sich um einen strahlend gelben Mittelpunkt. Als er Sari über den
Innenhof laufen sah, rief Da'ud ihr aufgeregt zu: »Sari, komm schnell,
sieh nur!«
    Beim Anblick der herrlich leuchtenden Blüte, die aus einer so
feindseligen Pflanze gewachsen war, sah er sie zum erstenmal lächeln.
Ihre schmalen, mädchenhaften Finger liebkosten zart die zerbrechlichen
Blütenblätter, und während sie ihm einen raschen Blick zuwarf, verriet
das blitzende Meerblau ihrer Augen zumindest einen zaghaften Anschein
von Freude.
    »Siehst du, Sari, das ist der natürliche Verlauf des Lebens.
Sogar die ausgedorrtesten, unscheinbarsten Lebewesen finden, wenn man
sie richtig pflegt, ihre Blütezeit, ihren Augenblick der Freude und
zeugen neues Leben. Wenn du zuließest, daß ich dich hege und pflege, so
wie du diese zarten Pflanzen gehegt und gepflegt hast, dann würdest
auch du erblühen und über alle deine Vorstellungen hinaus glücklich
werden. Du sagst, du weißt nicht, was Liebe ist, aber ohne etwas, das
der Liebe zumindest ähnelt, ohne die sorgsame Pflege, die du diesen
zarten Pflanzen hast angedeihen lassen, hätten sie nicht überlebt und
wären nicht so erblüht.«
    »Aber es sind keine Menschen. Sie bitten um nichts, sie
verlangen keine Opfer.«
    »Ich glaube nicht, daß die Liebe zwischen Mann und Frau Opfer
verlangt. Vielmehr bedeutet sie, daß man alle Erfahrungen des Lebens
miteinander teilt, seine Freuden ebenso wie seine Schmerzen und Sorgen.«
    »Eure Worte sind schöner als alle, die ich je gehört habe,
aber sie können die Wirklichkeit im Leben der Frauen nicht
verschleiern, die ihre Körper dem blinden tierischen Instinkt der
Männer unterwerfen müssen, gegen deren Kraft sie machtlos sind.«
    »Sie werden nur unterworfen, wenn keine Liebe im Spiel ist,
sind nur gegen brutale Tiere wehrlos. Sari, was du auch immer erlebt
oder in deiner Kindheit mitgemacht hast, du darfst deswegen nicht auf
alle herrlichen Geschenke des Lebens verzichten, die zum Greifen nah
vor dir liegen. Für jede Unze Böses, das in der Welt ist, gibt es ein
gleiches Maß an Gutem, für jede Last der Traurigkeit eine gleich große
Freude. Gott hat uns die Kraft geschenkt, das eine zu ertragen, und die
Sehnsucht, das andere zu genießen, jeder nach seinen Neigungen. Was

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