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Diebe

Diebe

Titel: Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Gatti
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Lächelnd wendet er sich zum Gehen, da ertönt die Glocke. »Das ist Miguel«, sagt Fay.
    Baz folgt Raoul durch die Tür in den abgedunkelten Gang. Er lächelt ihr zu. »Ist alles okay, siehst du?« Und dann strampelt er die Leiter hinunter. Man hört Stimmen, als die Jungen sich begegnen: Miguels ist nur ein Raunen, Raouls ist lauter. Dann das Gepolter der beiden Jungen, die zur Bude hinaufsteigen, zuerst Miguel und hinter ihm der größere Giacomo.
    »Na«, sagt Fay, »ist ja ordentlich was los hier.«
    Giacomo scheint nicht wohl in seiner Haut zu sein. Miguel stößt ihn an, aber er wehrt ihn ab. »Giacomo hat was zu sagen«, sagt Miguel. »Na los, mach schon.«
    »Du hast es auch gesehn.«
    Fay wartet.
    Es hat etwas mit Raoul zu tun, da ist sich Baz sicher. Als sie Demi ansieht, guckt er weg. Er weiß auch Bescheid.
    »Es ist wegen Raoul«, sagt Giacomo. »Wir ham ihn gesehn ...« Er berichtigt sich: »Ich hab gesehn, wie er mit der Polizei geredet hat. Sie ham ihm irgendwas erzählt. Hab versucht mitzuhörn, kam aber nicht dicht genug ran, nich wahr, und dann hat einer von den Polizisten ’ne Nachricht auf seinem Funkgerät gekriegt und ich bin von den vielen Leuten mitgezogen worden, nich wahr, und als ich wieder hingucken konnte, war Raoul weg.« Er macht eine Pause. »Ich glaub, sie ham ihn vielleicht gehn lassen, Fay. Vielleicht hat er ihnen was versprochen. Ich weiß nicht, aber du hast uns gesagt, wir solln nie mit den Uniformtypen reden, und Raoul, der hat mit denen geredet, ganz bestimmt hat er das.« Mit Mühe bringt er seinen Satz zu Ende.
    »Ich hab ihn auch gesehn«, sagt Miguel rasch.
    »Scheint ja, als wär die ganze Welt am Norte gewesen, aber wir wissen nix davon, uns sagt keiner was«, meint Demi. »Was hattest du denn da überhaupt zu suchen, Miguel?«
    Der Junge rückt etwas näher an Fay heran. »Sie hat gesagt, ich soll Raoul folgen.«
    »Spionieren. Wie nett, Miguel. Haste nur Raoul nachspioniert oder spionierst du vielleicht uns allen ab und zu nach?«
    »Hab nur gemacht, was sie mir gesagt hat.«
    »Ja«, sagt Fay. »Lass ihn in Ruhe, Demi. Dich und Baz geht’s nichts an, wie die Jungs ihre Arbeit machen. Miguel ist schlau, er hält die Augen für mich auf. Raoul hat mir Sorgen gemacht, sein ganzes Gerede wird mir irgendwann mal richtig Unglück bringen. ›Ich schwör’s bei Gott!‹« Sie lacht. »Habt ihr das gehört? ›Ich schwör’s bei Gott‹, sagt er und erzählt mir nichts als Lügen. Also«, wendet sie sich an Baz,»hast du irgendwas dazu zu sagen? Du und Demi hier. Ihr habt gesehn, wie er geschnappt wurde. Richtig?«
    »Ham wir dir doch erzählt.«
    »Und habt auch gesehn, wie er mit der Polizei geredet hat?« Fay schaut sie an, wie sie es noch nie zuvor getan hat, so kalt, als wäre Baz irgendeine beliebige Person, eine Fremde von der Straße.
    Baz sieht Miguel an. Er hat nur Augen für Fay. Es ist nicht nur sein Gesicht, das sie an diese glatten Flussratten erinnert, die im Müll entlang des Ufers wühlen und jedes Mal, wenn sie zu dem Schiffsrumpf geht, mit buckligem Rücken davonflitzen. Nein. Es ist etwas, das er getan hat, und alle ihre Instinkte sagen ihr, dass er irgendwie hinter ihrem Rücken zugange ist. Giacomo tut das, was Miguel ihm sagt, und Fay hört auf Miguel. Warum tut sie das? Warum mehr auf ihn als auf Demi, mehr als auf sie?
    »Was ist, Baz, hast deine Zunge verschluckt?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Die Polizei hat ihm Fragen gestellt. Irgendwelche Antworten muss er ja geben.«
    »Ich hab ihn auch reden sehn«, sagt Demi. »Hat nicht viel zu bedeuten.«
    »Aber sie ham ihn gehn lassen. Das hat was zu bedeuten.«
    »Puuh! Ist echt schwer, Fay, es dir recht zu machen. Hast Zustände gekriegt, als wir dir erzählt haben, dass er geschnappt wurde, und wenn er dann freikommt, kriegste auch Zustände. Ist wohl ’n Tag heute, wo du dich über gar nix freuen kannst.«
    Giacomo macht den Eindruck, als würde er sich am liebsten in Luft auflösen. Miguel wirft einen schnellen Blick auf Demi, wendet sich aber gleich zurück zu Fay, um ihre Reaktion abzuschätzen.
    Fay reagiert erst mal gar nicht, dann lässt sie ihr kurzes, bellendes Lachen hören. »Du sagst es.«
    »Was passiert denn jetzt mit Raoul?« Nur Demi kann sich solche Fragen leisten.
    »Wenn Raoul zurückkommt, hörn wir, was er sagt.«
    Baz fragt sich, was sie an Raouls Stelle tun würde. Würde sie zurückkehren? Wär’s nicht überall sicherer als hier? Schließlich ist auch Paquetito

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