Diebe
Stadt raus gewesen.«
»Gab ’ne kleine Schlägerei – paar Jungs aus der Nachbarschaft. Mussten sehn, dass wir wegkommen.« Demi zuckt mit den Schultern. Solche Sachen passieren andauernd.
Fay überlegt ein bisschen, dann sagt sie: »Habt ihr ’n Motorrad geklaut?«
Baz macht ein unbewegtes Gesicht.
»Motorrad?! Wovon träumst du denn, Fay? Wir klauen Portmonees. Vielleicht mal ’n Stück Schmuck, wenn wir Glück ham. Aber was solln wir denn mit ’nem Motorrad? Du hast doch keine Garage, Fay, oder hast du irgendwelche geschäftlichen Interessen, von denen du uns nichts erzählt hast?« Wieder eine kleine Spitze, aber wenigstens schlägt Demi einen lockeren Ton an, als würde er nur Witze machen, wenngleich dies jetzt nicht der Augenblick für Witze ist. Die Männer vom Betriebshof, Moros Männer, waren reichlich fix dabei, zwei und zwei zusammenzuzählen, wenn sie sich jetzt schon bei Fay gemeldet haben.
Fay zeigt kein Lächeln in Reaktion auf Demis Widerrede, aber sie ist auch nicht bissig – sie scheint immer noch ein bisschen benommen zu sein. »Gibt ’ne Menge, was ich kleinen Dummköpfen wie dir nicht erzähl.« Das ist wohl wahr, denkt Baz, entspannt sich jetzt aber ein wenig. Fay glaubt nicht, dass sie die Stadt verlassen würden, ohne es ihr zu sagen. Sie glaubt nicht, dass sie diejenigen sind, die von Moros Männern bereits gejagt werden. Wenn sie das glaubte, würde mehr Eis in ihrer Stimme liegen, als der gesamte Block enthielt, den Demi ihr letztens mitbringen wollte.
»Sol, geh mal und guck dich im Barrio um, ob du irgendein altes Motorrad siehst, das irgendwo an der Wand lehnt, oder vielleicht am Ufer, ein Stück flussaufwärts.« Sie sieht Baz an, während sie das sagt, denn sie weiß, dass es flussaufwärts ist, wo Baz ihr Versteck hat. Sie nimmt einen Fetzen Papier vom Tisch und liest Sol das Kennzeichen vor, worauf Sol, ohne Demi anzusehen, die Bude verlässt.
»Hoffen wir für euch, dass er nichts findet«, sagt Fay. Der Rauch aus ihrem Zigarillo kräuselt sich um ihr blasses Gesicht und lässt sie wie eine Hexe aussehen.
Schulterzuckend wendet Baz sich ab und blickt aus dem Fenster. Wenn er im Barrio sucht, wird Sol nichts finden, doch sie macht sich trotzdem Sorgen. Sie hatte Demi zu überreden versucht, die Maschine in den Fluss zu schmeißen, aber Demi wollte davon nichts wissen. »Hab mein ganzes Leben auf so ’ne Maschine gewartet, Baz. Glaubste im Ernst, ich will sie jetzt gleich wieder loswerden, wenn ich damit in der Stadt Aufsehn machen kann?«
»Willst du, dass die ganze Welt dich sieht?«
»Die Welt kann mich ruhig sehn, wenn sie will.«
Letzten Endes aber konnten sie sich darauf einigen, das Motorrad unter der Brücke zu verstecken. Sie haben es mit allerlei Gerümpel und Plastikzeugs bedeckt, so müsste es dort gut aufgehoben sein.
Nachdem Demi den Zündschlüssel an sich genommen hatte, haben sie sich auf den langen Rückweg in die Stadt gemacht und sind zu Hause angekommen, als der Tag schon zu Ende ging, gerade noch rechtzeitig, um sich auf den nächtlichen Ausflug vorzubereiten.
Keiner von ihnen war darauf eingestellt, von Fay mit Fragen nach der gestohlenen Maschine konfrontiert zu werden. Als würde er Baz’ Gedanken aufgreifen, sagt Demi: »Was interessiert dich das überhaupt, ob ich Motorräder klaue oder nicht, Fay? Biste jetzt plötzlich Priesterin geworden oder was?«
Fay zieht an ihrem schwarzen Zigarillo. »Weil«, sagt sie sorgsam, als müsse sie erst jedes Wort abwägen, »der Mann, dem diese Maschine gehört, mich danach gefragt hat – meinte, zwei wilde Kids aus dem Barrio hätten sie geklaut. Zwei Jungen solln’s gewesen sein, es klang aber eher nach euch beiden. Klang so, als würd er mehr wollen, als nur die Maschine wiederhaben, klang so, als würd er diesem Diebespack ’ne Lektion erteilen wollen. Klang so, als würd er sie einfangen wollen, bevor sie ins Barrio zurückgefunden ham.«
Natürlich wollte er sie einfangen. Sie haben ihn wie ein Postpaket verschnürt auf dem Feld liegen lassen. Kein Schattenmann steht auf so was. Er würde sie umbringen, wenn er sie je aufspüren sollte.
Demi verzieht das Gesicht. »’n Typ, der sich seine Maschine von ’n paar Jugendlichen klauen lässt, hat’s gar nicht verdient, ’ne Maschine zu haben.«
Endlich wird Fays Blick weicher. Sie reibt sich übers Gesicht, dann drückt sie den erst halb gerauchten Zigarillo aus. »Demi«, sagt sie, »du klingst manchmal schon wie so’n alter Lehrer,
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