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Diebe

Diebe

Titel: Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Gatti
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begreift sie, dass gar nicht sie es sind, um die sie sich wirklich Sorgen macht.
    »Is schon gut, Fay«, sagt sie schlicht. »Was immer passiert, Eduardo wird in seinem Bett liegen und schlafen. Er kommt nicht zu Schaden.«
    Demi sieht sie überrascht an. »Wovon redest du?« Dann, als er begriffen hat, nickt er: »Klar, wie die Laus im Pelz.«
    Fays Gesicht entspannt sich. Die drei leben schon lange zusammen, und manchmal ist es hilfreich, wenn man nicht alles offen aussprechen muss. »Gut. Das ist gut. Wozu unnötig Probleme machen. Ihr macht das schon, sauber und ordentlich.«
    »Verlass dich drauf: Du siehst keinen Stich und keine Naht«, zitiert Demi die alte Losung. Lange nicht mehr gehört, diesen Refrain, den sie früher immer gesungen haben, bevor sie zu ihrem anstrengenden Diebestagwerk aufgebrochen sind. Und so verlassen sie die Bude, Demi mit stolzierendem Gang, Miguel wie ein Schatten dicht hinter ihm und Baz als Letzte. Sie blickt sich nicht um, doch sie weiß, dass Fay wie eingerahmt in der Tür steht, die Haare wild zerzaust, das Gesicht von Müdigkeit gezeichnet, aber auch von einem winzigen Hoffnungsschimmer. Vielleicht hat sie, ebenso wie Baz, das Gefühl, dass aus dieser Nacht etwas Neues erwachsen wird, etwas, das es ihr ermöglicht, das alte Leben hinter sich zu lassen. Vielleicht hat sie die Hoffnung, dass sie wieder Mutter sein kann. Vielleicht.

17
    Baz, Demi und Miguel huschen, Demi vorweg, durch das schlafende Barrio, winden sich durch die nur schulterbreiten Gassen, bis sie auf den großen, offenen Agua-Platz gelangen. Auf der Seite gegenüber brennen in einigen der Bars noch die Lichter. Der Name von Moros Slow Bar leuchtet in wässrig blassblauer Schrift quer überm Fenster. Von Baz’ Standort aus sieht sie so klein aus, dass es ihr fast vorkommt, als könne sie sie in die Faust nehmen und zerquetschen.
    Ein einziges Auto parkt neben dem Brunnen, groß und alt, mit langen, flachen Heckflossen. »Was für’n Gangsterauto kriegen wir’n da hingestellt?«, sagt Demi. »Wenn die Polizei das sieht, halten sie uns sofort an. Wette, es hat ’n Motor, der total dreckig klingt.« An den Wagen gelehnt steht eine schattenhafte Gestalt, deren Zigarette ihnen gelegentlich, während sie sich ihr nähern, ein orangefarbenes Glühen entgegenschickt.
    »Domino?«
    Der Mann antwortet nicht, öffnet ihnen stattdessen die hintere Tür. Miguel schlüpft als Erster hinein, ihm folgt Baz. Demi geht ums Auto herum und steigt auf den Beifahrersitz. Domino macht schulterzuckend die Tür hinter Baz zu und steigt dann seinerseits ein. Wie von Demi vorhergesagt, gibt der Motor knurrig dröhnende Töne von sich.
    »Musst ja echt ’n Genie sein, um so ’ne alte Karre zum Laufen zu bringen«, sagt Demi.
    Domino schnippt den Stummel seiner Zigarette aus dem Fenster, greift in seine Hemdtasche, zieht eine neue heraus und zündet sie an. Sein Gesicht wirkt wie glatt geschliffenes Holz, vollkommen ausdruckslos. Seine Arme sind dick, muskelbepackt, die Finger relativ kurz. Für Baz sieht er eher wie ein Boxer aus, nicht wie ein Fahrer, aber wenigstens ist er keiner von den angeberhaften Schattenmännern in schicken Anzügen, die alle aus Moros Tasche leben. »Wenn du ’n Mercedes willst, musste für’n Mercedes bezahln«, sagt er, und die Zigarette hängt ihm dabei im Mundwinkel, wie man es aus den alten Filmen kennt.
    »Wenn wir ’n Mercedes fahrn, bist du aus’m Geschäft, würd ich sagen.«
    Domino antwortet nicht, und als Demi das Gespräch auf Eduardo Dolucca zu bringen versucht – »Kennste diesen Eduardo schon lange, eh?« –, bleibt Domino stumm. So nachdrücklich ist sein Schweigen, dass sowohl Demi als auch Baz und Miguel während der ganzen restlichen Fahrt durch die Stadt kein Wort mehr sagen.
    Gemächlich rumoren sie die glitzernde Hauptstraße der Stadt hinunter, in der jedes Schaufenster Versprechungen auf ein gutes Leben ausstellt. Demi schaltet, ohne den Mann um Erlaubnis zu fragen, das Radio ein. Er wählt einen Sender, der raue Straßenmusik spielt, dreht aber die Lautstärke herunter, lauscht der Musik und nickt dazu im Takt.
    So groß ist die Stadt gar nicht, wenn man sie nachts im Auto durchquert. Die Straßen sind wie lange schwarze Bänder, die sich säuberlich von Osten nach Westen und von Süden nach Norden ziehen. Nüchtern-funktionale Glasgebäude werden von älteren Häusern mit schwarzbäuchigen Balkonen und steilen Treppen bis zum Gehsteig abgelöst, und diese wiederum schwinden im

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