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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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hören
konnte: brennendes Menschenfleisch.
    Über seinem Kopf stieß eine grausige Stimme schwach
keuchend die Worte hervor: »Renn… weg…
Mei…ster…«
    Nachtschatten blickte nach oben, als ein Ast von der Stärke
eines Oberschenkels mit einem lauten Krachen brach, das von einem
Rauschen begleitet wurde, als führe ein heftiger Wind durch das
Laub. Ein kurzer Blick hatte genügt, und irgendwie brachte Hanse
es fertig, »haiya!« zu krächzen, als der Ast
vollständig abbrach und mit rauschenden Blättern auf ihn
zuschoß. Von dem herabfallenden Ast aufgespießt, pendelte
Thuvarandis hin und her, durchbohrt von dem riesigsten Speer, den man
sich vorstellen konnte. Und aus irgendeinem entsetzlichen,
monströsen Grund war Thuvarandis doch nicht tot. Seine Wunde sah
grauenhaft aus, die Augen noch schlimmer.
    Das große graue Pferd sprang auf Hanses Zuruf augenblicklich
los. Hanse konnte sich nur noch am Sattel festklammern, während
Wunder sich fauchend in seinem Schenkel verkrallte, aber Hanse nahm
die in sein Fleisch dringenden Krallen überhaupt nicht wahr.
    Die menschlichen Flammensäulen loderten weiter hoch empor und
beleuchteten den größten Teil des Grundstückes. Sie
prasselten unablässig, und der Gestank nahm weiter zu,
während Hanses leerer Magen sich umdrehte. Er spuckte und
würgte hilflos.
    Es gelang ihm, das Pferd wieder zum Stehen zu bringen. Er war
immer noch dicht neben der Mauer, aber jetzt weiter südlich.
Schon bald wünschte er sich, er hätte den Grauschimmel hier
nicht angehalten, denn nur ein paar Schritte entfernt hing ein
weiterer Mann schlaff über der Mauer, die von alten Bäumen
überragt wurde. Bei Ils Atem, konnte irgendein Gift so schnell
wirken, daß es ihn noch beim Hinüberklettern lähmte
und tötete? Kaum vier Fuß von Nachtschatten entfernt
schien der Körper zu erzittern, und dann ging der Tote mit einem
dumpf fauchenden Geräusch und einem Windstoß, der die
Mähne des Pferdes fliegen ließ, in Flammen auf.
    Einen Moment lang sah Hanse, wie sich die Leiche aufblähte,
wie sich Blasen bildeten, und dann hörte er sie aufplatzen
– pop-pop-pop – und das Knistern der öligen
Flamme. Kurz darauf loderte das Feuer zwanzig Fuß in die
Höhe, weiße und gelbe Zungen tanzten flackernd, und Hanse
riß das Pferd herum und raste zurück zu Thuvarandis. Ein
Seitenblick zeigte ihm die Umrisse eines Mannes, die sich in einem
hell erleuchteten Fenster im oberen Stockwerk abzeichneten; das
Fenster neben dem, durch das er ins Haus hatte gelangen wollen. Der
Mann hob die Hände, breitete die Arme aus…
    Überall begannen Äste laut krachend zu brechen, als sie
sich von den Bäumen losrissen und durch die Luft flogen. Sie
Schossen so schnell an ihm vorbei, daß er das gedämpfte
Heulen des Windes hören konnte. Blätter, die hinter den
losgerissenen Ästen herjagten, peitschten ihm ins Gesicht.
    Hanse vergaß Thuvarandis; dem armen, beklagenswerten Mann
konnte sowieso nicht mehr geholfen werden, aber Hanse hatte gedacht,
daß er ihn vielleicht töten könnte, um ihn von seinem
unnatürlichen Leid zu erlösen, das Corstic über ihn
brachte. Er vergaß den kreischenden Mann, die Porzellankatze
und die Beute, von der er geträumt hatte. Hanse zerrte das Pferd
herum und galoppierte blindlings die sich windende Straße den
Hügel hinunter. Irgendwie verfehlten ihn die durch die Luft
fliegenden Äste. Er zügelte das graue Pferd nicht, bis er
die Stadttore erblickte. Die Fackeln, die dort brannten, jagten ihm
eine Gänsehaut über den Rücken, aber es waren
dieselben natürlichen Fackeln, die er schon auf seinem Hinweg
bemerkt hatte. Sie brannten geruchlos in der Nachtluft, und doch
glaubte er, immer noch den Gestank von brennendem Menschenfleisch
riechen zu können.
    Irgendwie erinnerte er sich wieder daran, den Mantel über
seine schwarzen Sachen zu ziehen. Wunder, der zusammengerollt
zitternd zwischen seinen Schenkeln lag, war es völlig egal,
daß er unter dem Mantel verborgen wurde.
    Die Wachen machten gönnerhaft ihre Sprüche darüber,
daß das Pferd offensichtlich ausgiebig bewegt worden war, und
ermahnten seinen Reiter vorsorglich, es bei dieser kühlen
Nachtluft besser trockenzureiben, sobald er ihm den Sattel abgenommen
hatte. Hanse nickte und ritt weiter, unfähig zu sprechen, obwohl
ihm der Mund offen stand. Sein Magen war immer noch in Bewegung.
    Tip kümmerte sich um den Grauschimmel, erhielt mehr
Kupferstücke, als er wahrscheinlich jemals auf einem Haufen
gesehen hatte, und

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