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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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gewesen sein.
    Im gleichen Augenblick rannte Hanse auch schon los, ein Messer in
der einen und die schwertähnliche Ilbarsiklinge in der anderen
Hand. Wunder jagte in entgegengesetzter Richtung an ihm vorbei, er
rannte, als wollte er einen neuen Geschwindigkeitsrekord für
Katzen aufstellen. Hanse entdeckte Mignureal, die mit allen vieren
ausgestreckt und hysterisch schluchzend auf einem stellenweise dunkel
gefärbten Fleck Sand lag, und er erkannte sofort die Gefahr. Er
hieb die Schlange in drei Stücke, bevor er bemerkte, daß
sie bereits tot war.
    Er half Mignureal auf die Beine und hielt sie fest, bis sie ihr
Schluchzen und Schniefen langsam unter Kontrolle bekam. Dann
mußte sie sich natürlich entschuldigen, und natürlich
erwiderte er darauf: »Ist ja schon gut, ist ja schon gut.«
Das führte nur dazu, daß sie ihm noch ausgiebiger
erzählte, wie sehr sie sich erschreckt und warum sie so reagiert
hatte, worauf er sie wiederum mit sanften Worten tröstete und
ihr versicherte, daß er wahrscheinlich genauso reagiert
hätte. Sie klammerten sich eine Zeitlang aneinander und
tauschten einen Kuß, der vor Schweiß und Tränen
naß war. Arm in Arm drehten sie sich um – und
glotzten.
    Wunder, der für sein Geschenk mit liebevollem Lob gerechnet
und den Mignureals unerwartetes Kreischen zu einem eiligen Abgang
veranlaßt hatte, beobachtete die beiden nachdenklich von einem
gemütlichen Platz auf Enas’ Gepäck aus. Er kniff seine
Augen zu Schlitzen zusammen.
    »Du verdammter Kater«, knurrte Hanse. »Es muß
schon ein heißer Tag in der Kalten Hölle anbrechen, bevor
du von mir wieder einen Schluck Bier bekommst!«
    Wunder versuchte nach Kräften, so klein wie nur irgend
möglich auszusehen und sagte im Tonfall eines jungen
Kätzchens: »Miu.«
    Mignureal konnte sich nicht mehr beherrschen, und außerdem
mußte sie sich ganz einfach abreagieren; sie begann zu lachen.
Angewidert blickte Hanse zuerst sie, dann den Kater und dann wieder
Mignureal an. Seine Miene wurde noch finsterer, als sie zu Wunder
ging, um ihn zu streicheln. Sofort ließ Wunder seinen
Schnurrmotor auf vollen Touren laufen. Dann vergaß er alle
Vorsicht und reckte ihr seinen Bauch entgegen, damit sie ihn auch
dort kraulte. Und da mußte auch Hanse lachen; es tat ihm wohl,
als er sah, wie die schlaue Katze vom Rücken des dämlichen
Esels herunterfiel.
    Wunder landete sicher wie immer auf dem Boden, blinzelte ein
paarmal und setzte sich wie beiläufig hin, um sich ein paar
Sandkörner aus der Tatze zu entfernen.
    Ohne ersichtlichen Grund durchzuckte Hanse genau in diesem
Augenblick ein Gedanke.
    »Weißt du – wir waren dumm! Erinnerst du dich an
den Aberglauben der Fischer, daß man nicht den ganzen Fang in
einem Korb aufbewahren soll? Sieh uns an! Der richtige Platz für
ein hübsches, kleines Vermögen in Silbermünzen ist nicht eine einzige und mächtig verdächtige
Satteltasche!«
    »Hm! Nun, wir können es ja verteilen, wenn wir die
Bäume dort drüben erreicht haben. Dann haben wir etwas zu
tun, und es wird außerdem auch Spaß machen, mit den
Münzen herumzuhantieren.«
    »Diese Bäume können zwei oder auch fünfzig
Meilen entfernt sein – und vielleicht sind es auch gar keine
Bäume«, stellte er fest. »Außerdem brauchen wir
sowieso eine Pause. Gönnen wir uns den Spaß also
gleich.«
    »In der Sonne? Hier mitten in der Wüste?«
    »Wir machen es im Schatten der Pferde«, sagte Hanse und
hob auch schon die Satteltasche vom Rücken des Esels.
    Schon bald darauf machte Mignureal große Augen und
stieß kleine spitze Schreie aus, als Hanse den glitzernden und
klimpernden Inhalt der alten Satteltasche auf eine Zeltplane
schüttete, die sie mit schmeichelhafter Übertreibung als
Decke bezeichneten.
    »Das ist nicht gerade ehrlich erworbener Lohn«, sagte
Hanse und grub wie sie seine Hände in den glänzenden Haufen
und ließ ihn klimpern. »Ich bin in den Palast eingebrochen
und habe Prinz Kadakithis’ kaiserlichen Amtsstab gestohlen, und
dies ist die Hälfte des Lösegeldes. Aber andererseits habe
ich auch die Verschwörung gegen ihn aufgedeckt und vereitelt,
also sehe ich dieses Geld als meine Belohnung an.«
    »Hanse… äh… es bereitet mir keine Probleme,
wie du an das Geld gekommen bist. Es stammt aus Ranke. Wir haben nie
darum gebeten, ein Teil seines Imperiums zu werden und uns von dem
Prinz vor Augen führen zu lassen, wie reich er und seine
Konkubinen gewesen sind.«
    Hanse warf ihr einen versonnenen Blick zu, und sein Mund

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