Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
müßtest. Danach wirst du von deinem Leiden . und von dem Durst erlöst sein!«
    Eucharius lauschte in sich. In die Untiefen, die sich dort gebildet hatten, wo einmal Skrupel, Moral und soziale Verhaltensmuster beheimatet gewesen waren. All dies war ersatzlos in ihm getilgt worden. Das einzige, was ihn noch antrieb und bewegte, waren der bedingungslose Gehorsam gegenüber seinem Meister und das, wovon Lydia gerade gesprochen hatte .
    DURST!
    Niemand brauchte ihm zu sagen, wonach dieser Durst verlangte -und wie er sich in den Besitz dessen bringen konnte, was ihn - wenigstens vorübergehend - stillte.
    Eucharius rückte einen weiteren Schritt auf die Frau ohne Haut zu, und plötzlich begriff er, warum er ausgerechnet Lydia erwählt hatte, um seiner verdorrten Kehle erstmalig das Lebenselixier der Toten zuzuführen. Kein Zweifel, es gab noch eine dritte Kraft, die ihn in Gang hielt, nicht nur Gehorsam und die Jagd nach der einzigen Nahrung, die ihm geblieben war. Auch die Rachsucht hatte in dieser kalten Hülle überdauert, und nun, da der Meister ihn mit übermenschlichen Körperkräften ausgestattet hatte, hinderte ihn nichts mehr daran, Rache zu nehmen an jener Person, die ihn durch ihre Schamlosigkeit und Triebhaftigkeit so oft gequält hatte - zusammen mit seinem Bruder, den er ebenso haßte, wie er ihn vermißte!
    In Eucharius' Augen wölkte dunkler Rauch auf. Lydia mochte diesen Ausdruck in dem gespenstischen Licht, das sie selbst warf, erkennen.
    Keine Kerze erhellte das Innere des Wagens, nur dieses Wesen tat es, das Eucharius plötzlich verdächtigte, seinen Bruder nur benutzt zu haben.
    Benutzt, um - »Armseliger Narr!« fauchte das verruchte Weib auf dem Thron, als Eucharius nur noch die Arme ausstrecken mußte, um ihrer habhaft zu werden. In seinem Mund, hinter den bleichen Lippen, regte sich etwas. »Bildest du dir ein, mir gewachsen zu sein? - Dann hast du nichts begriffen! Aber wie sollte auch eine be-schränkte Kreatur wie du verstehen, wie diese Welt wirklich beschaffen ist. Wer sie regiert und mit welchen Absichten ... Dein Meister hat dir vieles vorenthalten. Aber dein Meister ist selbst ein Narr, wenn er glaubt, zu den wahren Regenten zu gehören. Die Vampire sind nichts gegen .«
    Eucharius hatte das Interesse an ihren Reden verloren. In seinem eben noch pulvertrockenen Mund liefen Säfte zusammen, die den Appetit auf das, was hinter dem Strahlenkranz von Lydias Haut floß, ins Unermeßliche steigerten. Säfte, die vielleicht nur in seiner Einbildung existierten.
    Aber das genügte. Eucharius gab dem Drängen der Sucht nach.
    Sein vom Keim vergifteter Körper glitt in die Metamorphose, die den Bruder ignorierte. Dessen Kopf schaukelte unverändert hin und her, während aus Eucharius - zumindest äußerlich - ein gierendes Ebenbild seines Meisters wurde, auch wenn er ihm in Sachen Magie nicht das Wasser zu reichen vermochte!
    Lydias Spott hielt ihn noch einmal auf.
    »König der Narren, wenn du wüßtest, wie hungrig ich bin! Wenn du auch nur ahnen könntest, wonach mir der Sinn steht! Besäßest du es, würden wir längst nicht mehr miteinander reden. Aber du bist eine taube Schote. Leer und fad ... wie dein Herr!«
    Eucharius überwand sein Stocken. Irgend etwas warnte ihn, Lydias Worte nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ihre Selbstsicherheit, ihre Angstlosigkeit . all das mußte Gründe haben .
    Aber die Gier war stärker. Sie hatte den Grat überschritten, der es Eucharius noch erlaubt hätte, sich zu bezähmen und die unmißverständlichen Signale zu berücksichtigen.
    Er warf sich auf sie.
    Seine Hände hatten sich in Klauen mit messerscharfen Nägeln verwandelt. Und diese furchtbaren Waffen .
    ... bohrten sich nicht in Lydias Fleisch!
    »Tote sind dumm!« hörte er sie noch rufen.
    Dann war der Sitz vor ihm leer.
    Eucharius konnte nicht mehr rechtzeitig abbremsen, und die Wucht des Aufpralls riß den Stuhl aus seiner Verankerung. Gemeinsam mit ihm krachte die Dienerkreatur zu Boden!
    Und noch ehe er überhaupt die Chance erhielt, dieses eine Phänomen zu verdauen, hatte sich seine Umgebung bereits ein weiteres Mal und noch viel bedrohlicher verändert:
    Von einem Moment zum anderen quoll von überall her Rauch auf ihn zu und prasselten Flammen!
    Lydias Wagen brannte lichterloh, und feurige Zungen griffen nach Eucharius' Gewand ...
    *
    In der zweiten Jahreshälfte 1635 war Landru von einer geradezu unfaßbaren Kunde eingeholt worden. Er wußte noch ganz genau, wo er sich damals

Weitere Kostenlose Bücher