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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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der Treppe hinab, die den Einstieg in Rößlins Wohnwagen erleichterten.
    Lydia.
    Ein flaues Gefühl breitete sich im Gedärm und in der hohlen Brust des Dieners aus - es ließ sich nicht länger ignorieren, zumal Eucharius kaum damit gerechnet hatte, überhaupt noch einmal etwas so Starkes fühlen zu dürfen.
    Während er Fuß vor Fuß setzte und Lydias Schatten folgte, wurde ihm bewußt, was da so klammheimlich, aber machtvoll in ihm erwacht war, und die Gier zauberte ein maskenhaft grelles Lächeln um seinen Mund.
    Er beschleunigte seinen Gang, überzeugt, daß ihm die Bitte, die er an die Frau ohne Haut richten würde, nicht abgeschlagen werden konnte .
    *
    Landrus Augen weideten in der abendlichen Düsternis, die sich binnen weniger Minuten über die Landschaft gesenkt hatte.
    Racoons Augen durchdrangen sie, als blickten sie durch eine Scheibe aus rötlich eingefärbtem Glas.
    Das Gurgeln des Baches hätte auf Menschen einschläfernd gewirkt - ebenso wie die Stimmen, die der sachte Wind vom Lager herübertrug. Aber Landru war weder ein Mensch noch ein Vampir, wie es sie auf dieser Welt in jeder Epoche zuhauf gab.
    Er war immer etwas Besonderes gewesen - eine Ausnahmeerscheinung. Hohe Wesen wie ihn hatte es selbst zur Zeit der höchsten Blüte nur zwanzig gegeben, und auch wenn seine Triebe denen der Kelchkinder so sehr ähnelten, war die Kluft zwischen ihm und ihnen doch mindestens so gewaltig wie der Unterschied zwischen einem Kelchkind und einer Dienerkreatur.
    Er war ein HÜTER!
    ... gewesen ...
    Eines der Geheimen Kinder der Urlilith, von ihr dereinst ins Uruk der Sumerer geboren, um dort göttergleich zu herrschen. Doch durch Gottes Zorn, durch die Sintflut, die er dem Menschengeschlecht und seinen heimlichen Herrschern geschickt hatte, war alles anders geworden.
    Die Urvampire (Anum, Enlil, Ischtar ...) hatten sich im Berge Ara-rat zu einem Schlaf niederlegen müssen, während dessen Dauer sie all ihrer Erinnerung an ihr Vorleben beraubt worden waren. Nichtsahnend wie Neugeborene hatten sie nacheinander im 1000-Jah-re-Abstand im Dunklen Dom (der aus der Dunklen Arche hervorgegangen war) erwachen und mit Hilfe des Lilienkelchs ein neues Vampirgeschlecht unter die Menschen mischen sollen.
    Mit Erfolg.
    Bis zu dem Tag zumindest, da die Urmutter aller Vampire ihre eigenen Kinder und Kindeskinder im Stich gelassen und verraten hatte .
    Landru grub die Finger tief in den weichen Ufersand. Es waren nicht länger Racoons Finger - so wie er nicht länger der Hüter eines Kelchs war, dessen ursprünglicher Sinn und Zweck für alle Zeit verloren gegangen war!
    Das Zwischenspiel jenseits des Tores hatte noch einmal alles in ihm hochgespült, was seit seinem Erwachen in der Heimstatt der Hüter an Bedeutungsvollem und zugleich Erschütterndem geschehen war . bis hin zu der Stunde, in der er zum Mörder an der eigenen Mutter geworden war - sie für ihren schändlichen Verrat mit dem Tod bestraft hatte!
    Er hoffte, daß sie ihre Hölle gefunden hatte, ihr nie verlöschendes Fegefeuer!
    Mit einem leisen Seufzer schob er die immer noch schmerzenden Erinnerungen an seine Herkunft beiseite. Seine Gedanken schweiften zurück zum Moment seiner Ankunft.
    Zurück nach Paris.
    Noch einmal rekapitulierte er, was er gehört, gesehen und empfunden hatte - vor, während und nach seiner Flucht vor einer Gewalt, für die er auch jetzt noch keinen Namen hatte .
    *
    Währenddessen, jenseits des Hügels
    »Sie stehlen Vieh und Kinder, und sie schänden Frauen, das hört man überall! Deshalb müssen sie weg . weg, bevor das Heulen und Zähneklappern laut wird! Und wenn sie nicht freiwillig weichen, müssen wir sie eben zwingen!«
    Goulue war bekanntermaßen ein Eiferer, dennoch regierte der
    Pfaffe das Dorf fast unangefochten mit strenger Hand. Dabei schreckte er nicht zurück, die Inhalte der Heiligen Schrift nach eigenem Gutdünken den jeweiligen Erfordernissen angepaßt auszulegen. Die Last der Jahre drückte ihn zwar nieder, und ohne Krücken konnte er kaum einen Schritt mehr weit gehen, aber sein Wort war den meisten Bauern und Handwerkern immer noch Gesetz.
    Manche hielten ihn gar für die rechte Hand des Gottes, an den sie glaubten. Das kam nicht zuletzt daher, daß er ihnen schon seit den ersten Ausbrüchen der Pest in der Umgebung immer wieder aufs neue versichert hatte, der Allmächtige würde dieses Dorf ungeschoren lassen, solange nur jeder gottesfürchtig genug blieb und den Geboten des Herrn (oder Goulues) Folge

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