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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Überfalls. Eine Kolik rollte vom Steiß an aufwärts und versuchte ihn in die Knie zu zwingen. Aber er blieb unerschütterlich.
    Selbst wenn sich jemand unmittelbar neben ihm aufgehalten hätte, wäre ihm der Kampf, den der Pfaffe von Saquefort ausfocht, wahrscheinlich verborgen geblieben. Der Kampf gegen die Strafe, die nun schon im dritten Jahr in ihm tobte. Längst hatten sich gummiartige Knoten an den intimsten Stellen seines Körpers ausgebildet, und die Koliken waren noch das geringste, was ihn peinigte. Manchmal ver-lor er völlig den Kontakt zu seiner Umgebung. Manchmal verwandelte sich sein Hirn in ein pelziges Ding, das ihn eine endlos scheinende Weile in Blindheit und Taubheit stürzte, bis sich seine Sinne endlich wieder öffneten.
    Eines Tages, das wußte er, würde ein Anfall kommen, der nicht mehr vorüberging, aber wenn er es geschickt anstellte, würde auch dann noch niemand die wahre Todesursache erfahren, die unweigerlich zu Ehrverlust und - auch nachträglicher - Ächtung geführt hätte .
    »Pretre Goulue?«
    Er biß die Zähne zusammen. Schwerfällig drehte er sich um. Die Nebel um seine Wahrnehmung lichteten sich gerade rechtzeitig, so daß er Roland erkannte, den Enkel der alten Tabitha, die in einem Häuschen am Dorfrand lebte, und im ersten Moment glaubte er, der Junge, der den Hügel herabgestolpert kam, wolle ihn darum bitten, an der Vertreibung der Fahrensleute teilzunehmen zu dürfen.
    Doch dann . mißtraute Goulue seinen Sinnen erneut. Die brennenden Wagen hellten die Umgebung auf, und so glaubte der Priester erkennen zu können, daß der elfjährige Junge seltsam verändert wirkte. Viel älter als gewohnt .
    »Roland!« Goulue war es, als griffe eine kalte Hand nach seiner Kehle.
    »Pretre, bitte, Pretre ... kommt! Kommt schnell zurück ins Dorf ... Ich weiß nicht, was dort geschieht, aber es ist furchtbar - entsetzlich!
    Meine Großmutter, die Nachbarn . bitte, beeilt Euch .«
    *
    Landru hatte Eucharius zu Boden gestoßen. Vielleicht hätte er ihn hier und jetzt in den Staub getreten und seines Dieneramtes enthoben, wenn . ja, wenn in diesem Moment nicht der Ruf des Pfaffen in das Getümmel hineingefahren wäre: »Genug! Laßt es genug sein!
    Wir müssen zurück, sofort! Folgt mir!«
    Bemerkenswert, wie befehlsgewohnt die Stimme des Krüppels, den Landrus Augen schon vorher zwischen dem Gesträuch ausgemacht hatten, in den Kampflärm hineinschnitt und sich Gehör verschaffte.
    Während er zusah, wie sich die Dörfler aus dem Lager zurückzogen und mit dem voraushinkenden Pfaffen Richtung Saquefort strebten, beschäftigten sich Landrus Gedanken mit dem Bericht des Zwillingsköpfigen. Es war auszuschließen, daß Eucharius gelogen oder etwas hinzugedichtet hatte. Aber wenn es sich um keinen Defekt im Dienerhirn handelte, welche Erklärung gab es dann noch für die Vorgänge in Lydias Wagen?
    »Wo hast du dich außer bei Rößlin und Lydia noch aufgehalten?« wandte sich Landru noch einmal an das Geschöpf, das zwischen Tot- und Untotsein schwankte.
    »Nirgends sonst«, antwortete Eucharius. Die Flammen hatten ihm nicht nur sämtliche Haare von beiden Häuptern gesengt, sondern darüber hinaus an einigen Stellen beinahe kryptisch anmutende Muster in die Haut gebrannt. Muster, die Landru nicht mehr allein dem Zufall zuzuschreiben versucht war.
    »Du warst etwa drei Stunden weg.«
    Die Dieneraugen flackerten irritiert. Dann schüttelte Eucharius so heftig den Kopf, daß auch der seines Gerüsts beraubte Bruder hin und her geschleudert wurde. »Das kann nicht sein, Herr .«
    Er schilderte Landru exakt den Ablauf, wie er sich aus seiner Sicht zugetragen hatte, seit er den Meister am Bachufer aufgesucht und wieder verlassen hatte, um Rößlin dessen Nachricht zu überbringen. Der Abstecher zu dieser Lydia war dem Durst einer Dienerkreatur zuzuschreiben, deren Eigeninitiative für die Beschaffung des Lebensnotwendigen ausreichte und die ihr zugebilligt werden mußte.
    Landru fand keine Erklärung für die etwa zwei Stunden umfassende Lücke im Gedächtnis des Zweiköpfigen. Da Untote nicht zu hypnotisieren waren, schied eine entsprechende Manipulation aus. Nur Landru als der uneingeschränkte »Meister« dieser Dienerkreatur hätte Eucharius eintrichtern können, er solle dieses oder jenes vergessen - aber ein anderer . Nein! Ein solcher Fall war ihm noch nie zu Gehör gekommen. Selbst die Magie eines anderen Vampirs hätte es nicht vermocht, eine Kreatur zu veranlassen, ihren Herrn zu

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