Diebin der Zeit
robotischen Bewohner des Ortes noch von ihm. Er hatte also genügend Zeit, sich umzudrehen und aus dem Tor zu flüchten.
Glaubte er.
Aber im nächsten Moment waren sie mit einem einzigen Schritt bei
ihm!
Sie streckten ihre Arme aus, berührten ihn und versuchten ihn festzuhalten!
Landru zweifelte an seinem in Racoons Hirn eingepferchten Verstand. Dennoch reagierte er und trieb seinen neuen Körper in die sofortige Metamorphose. Mit seinen Klauen packte er den am nächsten stehenden, einem lebendigen Leichnam ähnelnden Mann. Dessen Haut barst schon unter geringstem Druck, und nichts anderes als Haut schien die Knochen aller, die Landru entgegenwankten, zu umschließen.
Es waren alles Greise - auch wenn manche Statur das Kind oder den Halbwüchsigen noch erahnen ließ, der vom Alter wie mit einer dämonischen Schminke überzogen worden war, von einem Tag auf den anderen, von einer Stunde auf die nächste. So wie dem Volksmund nach in einem sehr korpulenten Menschen bei genauem Hinsehen noch der ehemals schlanke auszumachen war, so ließ sich hier hinter den faltigen, furchendurchzogenen und runzlig welken Grimassen noch die Glätte der verlorenen Jugend und hinter erloschen matten Blicken die Neugierde eines rasend verflossenen Lebens zumindest vermuten.
Landru bändigte die Wut und Kraft seiner Bestiengestalt in keiner Weise.
Wie Dreschflegel mähten seine Arme über das erste und die folgenden Opfer hinweg. Seine Extremitäten und zu grausamen Waffen mutierten Zähne verheerten, was sie berührten. Dumpfe Laute, aber kein einziger echter Schrei erfüllten das Gotteshaus, das seinem Namen keine Ehre machte. Es hatte die Aura, die ein Geschöpf von der abseitigen Natur Landrus fürchten mußte, verloren - und der Grund dafür blieb rätselhaft.
Landru wütete berserkerhaft unter den Bewohnern Saqueforts, die ein gnadenloser Wille voranpeitschte. Ein Wille, der aber noch mehr vermochte, als Menschen in seinen Bann zu ziehen und sie ihrer Zu-kunft zu berauben.
Es geschah ebenso plötzlich wie der Schritt über zehn Meter hinweg: Landru nahm seine Gegner nur noch wie stroboskopartige Lichtblitze wahr!
Unglaublich schnell bewegte sich mit einemmal alles um ihn herum. Racoons Körper empfing Schläge in solcher Vielzahl und Geschwindigkeit, daß selbst ein Vampir Schwierigkeiten hatte, sie zu verdauen!
Landru fühlte sich zu Boden gerissen. Sein Schädel wurde mehrfach gegen die Steinplatten geschmettert, ehe er sich blutüberströmt aus der vielarmigen Fessel befreien und in seine geflügelte Gestalt verwandeln konnte.
Niemand hinderte ihn daran. Seine - nichts Racoons - Magie kam zur Entfaltung.
Die Magie eines Hüters!
Eine Feuerwalze raste auf die unter ihm zurückbleibenden Greise zu und verwandelte sie in lebendige Fackeln, die von dem widernatürlichen Feuer zu Aschehaufen verbrannt wurden - schneller, als der Blick zu folgen vermochte.
Und noch während Landru sich von seinen ledrigen Schwingen unter die Decke der Kirche tragen ließ, noch während sich erneut beklemmendes Schweigen über die entweihte Stätte breitete, öffnete sich hinter der Altarerhebung eine Tür, und eine Gestalt erschien, die trotz ihrer Vermummung als überaus feminin zu durchschauen war.
Landru zögerte nicht, zum Boden zurückzukehren.
*
Die Tür des armseligen Häuschens war unverschlossen. Eucharius brauchte sie nicht mit Gewalt einzudrücken, obwohl er keinen Augenblick gezögert hätte, dies zu tun.
Das Weinen, das ihn angelockt hatte, war auf dem Weg hierher kaum lauter gewonnen, obwohl der Zweiköpfige sicher fühlte, daß er den Ursprung fast erreicht hatte.
Der Blutgeruch lenkte seine Schritte untrüglich. Jener Duft, der selbst durch ein geschlossenes Netz von Adern, durch unverletzt ummantelndes Fleisch nach draußen drang und von den Sinnen eines Wiedergängers aufgefangen werden konnte.
Es gab kein Versteck, das sicher gewesen wäre .
Eucharius stapfte schwerfällig ins Innere der Stube, warf einen Blick auf die beiden nebeneinanderstehenden verlassenen Schlaflager, hielt sich aber nicht auf, sondern ging weiter in die Mitte der Stube. Dort legte er den Kopf schief und lauschte.
Das Wimmern war verstummt.
Beobachtete das Kind den Einbrecher? Hielt es den Atem an, weil es ahnte, was ihm blühte?
Ein bizarres Lächeln schmiegte sich um den Mund des Untoten. Die Witterung war immer noch da, und er bildete sich sogar ein, den Schlag eines Herzens zu hören.
Das seine konnte es nicht sein.
Er bückte
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