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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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kann, daß selbst mein niederster Diener nicht so behandelt werden darf, wie du es getan hast! Und vielleicht hast du ja noch andere Antworten für mich - vielleicht ahnst du gar nicht, wie nützlich du mir sein kannst .? Hast du mich hierher geholt? Bist du eine Komplizin des Kindes - oder gar das Kind selbst ...?«
    Er verstummte, als das Stöhnen über den Köpfen der Gemeinde in einen animalischen Schrei mündete. Im Hochschauen sah Landru noch, wie der Priester ein Übergewicht nach vorne bekam, über die Balustrade hinwegkippte .
    ... und hilflos zappelnd wie ein Käfer in die Tiefe stürzte.
    Obwohl der freie Fall nur eine, höchstens zwei Sekunden dauerte, war Landru überzeugt, den Paffen während dieser kurzen Spanne zeitrafferschnell vergreisen zu sehen. Der Mann, der auf dem Steinboden aufschlug, war uralt, beinahe so mumienhaft und ausgetrocknet wie die Tiere in den Ställen.
    Und als hätte sein Tod eine Signalfunktion, erhoben sich im selben Moment die stillen Kirchgänger wie ein Mann von ihren Bänken, um sich Landru zuzuwenden.
    Wankend. Auch schon halbtot.
    Aber von einem Denken beseelt, das alles, was der Mann am Portal verkörperte, abgöttisch haßte .!
    Eucharius schleppte sich durch die trostlose Stille des Dorfes. Er hatte das Gefühl, innerlich auszudörren, und seine Müdigkeit hing eng mit dem schrecklichen Durst zusammen, der sich mit der Anhänglichkeit dem Meister gegenüber zu arrangieren versuchte.
    Der Meister war ihm vorausgeeilt, und Eucharius tappte hinter ihm her. Seine Bewegungen wurden immer ungelenker, und ein lepröser Wahn wollte ihn glauben machen, er würde bei jedem seiner Schritte ein Stück von sich verlieren. Immer wieder blickte er zum hin und her baumelnden Kopf seines Bruders, als müßte auch dieser sich jeden Moment von der gemeinsamen Schulter lösen und in den Staub der Straße rollen.
    Tatsächlich sah Hermes schlecht aus. Im nachhinein wußte Eucharius nicht, wie er sich den Spuren der fortschreitenden Verwesung so lange hatte verschließen können. Aber nun schälte sich die Haut unübersehbar vom Fleisch des Bruders, mehr noch: sie schien sich in ein zähes, wässerndes Sekret zu verwandeln, dessen gärende Fäulnis auch im Gewebe darunter steckte. Die Augen waren geschrumpft und ein Anblick, der Eucharius in den dunklen Kammern seines Herzens zu rühren vermochte.
    Er schüttelte sich, blieb aber nicht stehen, sondern trottete von Gebäude zu Gebäude, betrat Ställe und Häuser, ganz wie sein Meister es ihm vorgemacht hatte, denn wenn es eine Fährte gab, die er nie verloren hätte, dann war es die seines Herrn.
    Jede andere Witterung, die ihm eine Linderung seiner Qual verhießen hätte, vermißte er. Gab es hier keinen Menschen, der den ehrlichen und verzweifelten Durst einer Kreatur hätte stillen können?
    Fast schien es so.
    Fast.
    Als die Kirche des Dorfes schon in Sichtweite war, vernahm Eucharius plötzlich Laute, die an das erstickte Weinen eines Kindes erinnerten.
    Kinder waren verboten.
    Von dem wenigen, was der Meister dem Zwilling an Regeln mitgegeben hatte, klang Eucharius die strikte Maßgabe Hände weg von Kindern! am lautesten im Ohr. Sein Herr hatte dies nicht begründet; das hatte er nicht nötig.
    Eucharius zögerte. In seinem Hirn stoben kleine schwarze Blitze.
    Um dem leisen Wimmern zu folgen, mußte er die Fährte des Meisters verlassen. Und während der zum Gehorsam verdammte Teil seines Denkens sich immer noch nicht vorstellen konnte, die Gesetze seines Herrn zu überschreiten, lenkte der vor Durst wahnsinnige Teil die Schritte der Dienerkreatur bereits dorthin, wo ihm ein baldiges Ende seines quälenden Verzichts in Aussicht gestellt wurde ...
    *
    Die Bewohner von Saquefort sahen aus wie Vampire, denen man Pflöcke tief ins Herz getrieben hatte. Ihr Zerfall ging jedoch im Gegensatz zu ihrer vorherigen Alterung zeitlupenhaft verlangsamt vonstatten und erlaubte es diesen armen Teufel vielleicht sogar noch, ihr bitteres Los zu begreifen.
    Arme Teufel .
    Landru war weit davon entfernt, echtes Mitleid für jene zu empfinden, die ihm im Gleichschritt entgegenkamen. Für ihn zählte nur die dumpfe Kompromißlosigkeit, mit der sie sich ihm näherten. Eine Übermacht wie diese bereitete auch ihm Probleme, zumal diese Marionetten bereits einem fremdem Willen unterlagen und nicht mehr auf seine vampirische Hypnose ansprachen. Mit der eigenen Suggestivkraft schaffte es nicht einmal, sie ins Stocken zu bringen.
    Zehn Schritte trennten die

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