Diener des Boesen
handeln…«
»Hal, Tom, in den Palast… sofort!« Raby trat zwischen sie und schob sie unsanft über den Hof auf die Eingangstür des Palasts zu.
»Ralph…«, sagte Bolingbroke.
»Schnell«, sagte Neville und zog Bolingbroke nun ebenfalls mit sich. Die Mörder waren womöglich noch in der Nähe.
Als sie die Schwelle des Palastes überschritten hatten, kam Bolingbroke wieder ein wenig zu Verstand und schüttelte Toms und Rabys Hände ab.
»In den Saal«, sagte Raby.
Soldaten hatten die Leichen hereingetragen und sie auf den Tischen aufgebahrt, die Margaret hatte aufstellen lassen. Mary und Margaret waren bereits damit beschäftigt, die Leichen zu waschen und sie zurechtzumachen.
Als sie damit fertig waren, schickte Lancaster alle außer Raby, Thomas Beauchamp – den Grafen von Warwick –, Bolingbroke und Neville aus dem Saal.
Lancaster hatte sich selbst noch nicht das Blut abgewaschen und als er nun vor den beiden Toten stand, hob er anklagend die Hände und richtete den Blick auf die vier Männer, die vor ihm standen.
»Diesmal ist Richard zu weit gegangen«, sagte er mit tonloser Stimme. »Das hier«, er wies mit der Hand auf die beiden Leichen, »ist nicht das Werk eines irregeleiteten Jünglings, sondern das eines bösen Mannes. Neville und Hal, ihr beide habt mich bereits vor Monaten vor Richard gewarnt. Ich habe nicht auf euch gehört. Das hier… ist das Ergebnis.«
Er ließ die Hände sinken. »Jetzt werde ich euch zuhören. Nein, ich werde mehr tun als nur zuhören.«
Warwick warf Bolingbroke einen Blick zu und ergriff dann das Wort. »Mein Lord, es gibt viele, die Euch unterstützen, aber auch viele, die sich gegen Euch stellen werden. Richard hat mächtige Verbündete: den Schmeichler de Vere, mit all seinen Vertrauten, und Northumberland, der Euch und Raby nur zu gern Eurer Macht beraubt sehen will und selbst ebenfalls viele Anhänger hat.« Warwick nannte noch sechs oder sieben andere Namen, hohe Adlige des Reiches, hinter denen noch viele weitere Edelleute von niederem Rang standen. »Außerdem hat Richard die Kirche auf seiner Seite«, schloss Warwick, »und die Kirche hält Euch für verdächtig, weil Wycliffe unter Eurem Schutz steht.«
Neville wechselte einen Blick mit Bolingbroke, doch keiner von beiden sagte etwas.
»Worauf wollt Ihr hinaus?«, fragte Lancaster.
»Ich will damit sagen, mein Lord, dass Ihr zwar auf größere Unterstützung zählen könnt als jeder andere Adlige in England, Richard eingeschlossen, doch Ihr könnt es nicht mit der großen Macht all jener aufnehmen, die hinter Richard stehen.«
»Wie sieht es mit dem Parlament aus?«
»Wenn die Parlamentsmitglieder von Gloucesters und Arundels Tod erfahren«, sagte Bolingbroke, »werden sie sich mit Richard gut stellen wollen. Gloucester war die treibende Kraft des Widerstands gegen die Kopfsteuer und Arundel sein stärkster Verbündeter. Beide sind nun tot. Niemand wird danach drängen, ihren Platz einzunehmen.«
»Richard wird Gloucesters und Arundels Ländereien an sich reißen und dadurch noch mächtiger werden«, fügte Raby hinzu. »Viele Adlige werden vor Richard zu Kreuze kriechen, in der Hoffnung, dass er ihnen einige dieser Ländereien und Titel vermacht.«
»Er wird es nicht wagen, Anspruch auf Gloucesters Besitz zu erheben!«, sagte Lancaster.
Niemand sagte etwas.
»Oh, gütiger Himmel«, sagte Lancaster erschöpft. Er seufzte und fuhr dann mit festerer Stimme fort: »Richards Macht wird schwinden. Sie muss es einfach. Früher oder später wird er einen Fehler machen und die Adligen Englands gegen sich aufbringen. Und wenn das geschieht… müssen wir bereit sein.«
»Bereit wofür, Vater?«, fragte Bolingbroke.
Lancaster hielt inne, Jahrzehnte der Treue und Ergebenheit gegenüber seinem Vater und seinem Bruder ließen ihn zögern, Worte des Verrats auszusprechen. Er richtete sich auf, und ein Abglanz von seiner einstigen Stärke kehrte in sein Gesicht zurück.
»Bereit, Richard vom Thron zu stürzen, wenn es nötig sein sollte. Wenn wir es nicht tun, ist das ganze Reich dem Untergang geweiht.«
»Und Ihr wollt seinen Platz einnehmen?«, fragte Warwick sehr vorsichtig.
Lancaster schenkte ihm ein kleines Lächeln. »Nein, nicht ich, Warwick. Ich bin zu alt und zu müde.« Er nickte Bolingbroke zu. »England braucht meinen Sohn, nicht mich.«
Kapitel Zwölf
Am Fest des heiligen Chad
Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
(Freitag, 2. März 1380)
Sie waren still und ruhig
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