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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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in das Boot zu steigen, das am Kai auf ihn wartete. Er kümmerte sich nicht um Lancasters Aufforderungen und schüttelte Arundels Hand ab, die dieser ihm auf die Schulter gelegt hatte, und begann sich stattdessen einen Weg durch die Menge zu bahnen.
    Neville sah Lancaster und Arundel hinter ihm her eilen, und Bolingbroke, der mehrere Schritte hinter ihnen folgte.
    Dann waren sie einen Moment lang inmitten der dichten Menge aus Pferden und Menschen verschwunden und –
    – und Neville erinnerte sich daran, wie Lancaster und Gloucester am Weihnachtsfest vor einem Jahr versucht hatten, sich einen Weg durch die Menge der Tänzer zu bahnen –
    – Neville stieß einen warnenden Ruf aus und schob zwei Männer beiseite, die ihm die Sicht versperrten, doch als er an ihnen vorbeieilte, wurde er von einem Pferd gestreift und wäre beinahe gestürzt. Als er das Gleichgewicht wiedergefunden hatte und weiterlaufen wollte, hörte er wilde Schreie, Stiefeltritte, das Aufstöhnen von Männern, die niedergeschlagen worden waren, und ein seltsames Klappern, als sei ein Messer auf die Pflastersteine gefallen…
    Die Menge teilte sich vor ihm, und Neville stolperte ins Freie. Direkt vor ihm auf dem Pflaster lagen zwei blutüberströmte Leichen.
    Gloucester und Arundel.
    Lancaster, der neben dem leblosen Körper seines Bruders kniete, hob langsam den Kopf und starrte Neville mit leerem Blick an.
    Der Herzog hob die blutverschmierten Hände.
    »Besitzt Richard so große Macht«, flüsterte er, »dass er meine Familie mitten ins Herz treffen kann? Ist er sich seiner Sache so sicher?«

Kapitel Elf
     
    Der Donnerstag während der Oktave
    der Bekehrung des heiligen Paulus
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (26. Januar 1380)
     
    – II –
     
     
     
    Lange Zeit wagte niemand, sich zu rühren oder etwas zu sagen. Aller Blicke waren auf die beiden Toten und Lancaster gerichtet, der sich über sie beugte und fassungslos seine blutverschmierten Hände betrachtete.
    Die Stille wurde schließlich nicht von einem der Männer, sondern von Mary durchbrochen.
    Sie war unbemerkt aus dem Palast auf den Hof getreten, hatte sich durch die Menschenmenge einen Weg gebahnt und tauchte erst jetzt in Nevilles Blickfeld auf, als sie sich neben Lancaster niederkniete.
    Sie legte dem Herzog beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Vater. Wir können hier nichts mehr tun. Wir müssen sie in den Palast bringen und sie so aufbahren, wie es sich für ihre edle Herkunft geziemt.«
    Es schienen weniger ihr Auftauchen oder ihre Worte zu sein, die den Bann brachen, der über dem Hof lag, sondern vielmehr die Sanftheit ihrer Stimme.
    Lancaster blinzelte, ließ die Hände sinken und sah Mary an. Der verwirrte Ausdruck in seinem Gesicht war verschwunden und war unbändiger Wut gewichen – gleichwohl eine Wut, die nicht gegen Mary gerichtet war.
    »Ihr könnt nichts mehr für sie tun«, sagte Mary noch einmal und hielt dem Blick ihres Schwiegervaters stand. »Wir müssen sie hineintragen.«
    Margaret war nun hinter ihnen aufgetaucht, und Mary sagte zu ihr: »Sorge dafür, dass im großen Saal zwei Tische aufgebaut werden. Dort können wir sie dann aufbahren.«
    Margaret nickte und eilte davon, und Mary half Lancaster auf die Beine.
    Unter den Menschen auf dem Hof erhob sich ein Geraune. Die Männer gerieten in Bewegung und flüsterten miteinander, dann begannen manche, laut Anschuldigungen zu rufen und mögliche Verdächtige beim Kragen zu packen.
    Keiner von ihnen, dachte Neville, hat so schnell und vernünftig gehandelt wie Mary. Warum sind es immer die Frauen, die über Geburt und Tod wachen?
    Einen Moment lang war Neville in Grübeleien versunken. Etwas an der Art, wie Mary neben Lancaster niedergekniet war, war ihm seltsam vertraut vorgekommen…
    »Tom?«
    Bolingbroke. Neville erwachte mit einem Ruck aus seinen Gedanken und wandte sich Hal zu. Der Prinz sah bleich und mitgenommen aus. Er schien weniger über die Toten erschrocken zu sein als vielmehr über die Dreistigkeit, mit der Richard sie hatte ermorden lassen, nicht nur in Lancasters Haus, sondern buchstäblich vor seinen Augen.
    »Wer kann das gewesen sein?«, fragte Neville mit halblauter Stimme.
    Bolingbroke schüttelte den Kopf und rang offensichtlich um Fassung. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Es war so voll auf dem Hof, so viele Stimmen, so viele Menschen… ich weiß es einfach nicht. Oh, gütiger Himmel, Tom. Ich hätte nicht gedacht, dass Richard es wagen würde, so rasch zu

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