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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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unterziehen.«
    Er sah sie noch einen Moment lang an, dann ging er langsam zu ihr hinüber, ohne den Blick abzuwenden. Als er sie erreicht hatte, hob er sanft ihr Kinn an, beugte sich vor und küsste sie.
    »Dann spielst du deine Rolle gut«, sagte er schließlich und stellte überrascht fest, dass der Kuss heftiges Verlangen in ihm geweckt hatte und in Margaret ebenso.
    »Deswegen bin ich hier«, flüsterte sie.
    Neville schloss einen Moment lang die Augen und löste sich dann von ihr. Er setzte sich auf einen Stuhl, denn plötzlich waren die Kopfschmerzen zurückgekehrt, die ihn schon seit Stunden geplagt hatten. Jetzt durchzuckte ein unerträgliches Stechen seine Schläfen.
    Margaret sah, wie er den Kopf in die Hände sinken ließ. Schweigend ging sie zu seinem Stuhl hinüber und legte ihm die Hände auf die Schläfen.
    Er fuhr zusammen, ließ jedoch zu, dass sie seinen Kopf und seine Schultern aufrichtete, bis sie gerade gegen den Stuhlrücken lehnten. Ihre Finger strichen über seine Schläfen, und er atmete überrascht und dankbar auf, als der Schmerz nachließ.
    Sie ließ die Hände sinken und setzte sich auf den Teppich vor ihn.
    »Danke«, sagte er, und sie neigte den Kopf, ohne etwas zu sagen.
    Neville zögerte, doch er konnte nicht vergessen, wie Margaret Bolingbroke an diesem Nachmittag nach ihrer Ankunft angesehen hatte. »Eine Frage habe ich noch.«
    Sie hob den Kopf, und angesichts ihrer Schönheit stockte ihm der Atem.
    »Liebst du Hal?«
    »Ja«, erwiderte sie, ohne zu zögern. »Aber nicht so, wie du glaubst. Als ich im englischen Lager Rabys Geliebte wurde, hat Bolingbroke eine Freundschaft mit mir angefangen, wie es ein hoher Herr gegenüber einer Dame von niederem Stand gelegentlich tut. Raby hat mich gut behandelt, ist aber nie sonderlich freundlich zu mir gewesen. Bolingbroke hat sich meiner erbarmt. Er ist ein sehr mitfühlender Mensch.«
    Neville blickte sie mit ausdruckslosem Gesicht an und wusste nicht recht, ob er ihr glauben sollte.
    »Ich habe nie mit Bolingbroke das Lager geteilt«, fuhr Margaret fort. »Nur mit dir und Raby Tom, wenn Bolingbroke mich begehren würde, hätte er sich dann von Raby aufhalten lassen?«
    Neville ließ schließlich erleichtert die Schultern sinken. »Nein.«
    »Es geht mir nur um dich«, flüsterte Margaret. »Um niemanden sonst.«
    Neville glitt von seinem Stuhl auf den Teppich neben sie. Er vergrub eine Hand in ihrem Haar, küsste sie innig und ließ endlich seinem Verlangen freien Lauf.
    Wenn sie ihn heute Nacht angelogen hatte – und das konnte er nicht glauben, nachdem er den himmlischen Zorn in ihren Augen gesehen hatte –, dann hatte sie ihren Tod lediglich hinausgezögert. Wenn er die Schatulle gefunden hatte, würde er die Wahrheit erfahren.
    »Ich werde mich nie in dich verlieben«, sagte er, »und ich werde nicht das Schicksal der Welt für dich opfern, aber das bedeutet nicht, dass ich dich nicht ebenso gut behandeln kann, wie Raby es getan hat, oder so freundlich zu dir sein kann wie Hal.«
    Und damit zog er sie an sich und schob ihr das Wollhemd von den Schultern.
    Margaret seufzte, schlang die Arme um ihn und richtete im Geist ein kurzes Dankesgebet an den Heiland, dass Rosalind und sie immer noch am Leben waren und Thomas ihren Worten Glauben geschenkt hatte.
    Alles würde gut werden… und vielleicht würde Hals furchtbarer Plan gar nicht nötig sein. Vielleicht würde sich Tom auch ohne Hals schreckliche Täuschung in sie verlieben. Neville war völlig von seinem Begehren überwältigt, seine gesamte Welt bestand nur noch aus ihren ineinander verschlungenen Leibern, und Margaret stöhnte und drückte sich fester an ihn, als er in sie eindrang.
    Und während Neville in Leidenschaft versank, hob Margaret leicht den Kopf, sodass sie über seine Schulter blicken konnte, und schenkte dem Erzengel Michael, dessen golden leuchtende Gestalt stumm und wütend an der gegenüberliegenden Seite des Raumes stand, ein ebenso siegessicheres wie hasserfülltes Lächeln.
    Der Erzengel schrie auf, und sein Schrei hallte in Himmel und Hölle wider und verklang im selben Moment, als Neville mit einem Aufschrei auf Margarets Körper zusammenbrach.
    »Liebster Tom«, flüsterte Margaret und strich sanft mit der Hand über seinen Rücken.

Kapitel Sieben
     
    Am Fest von Mariä Geburt
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Donnerstag, 8. September 1379)
     
    – I –
     
     
     
    Es war ein warmer, stürmischer Tag am Fest von Mariä Geburt, und die

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