Diener des Boesen
und bog sich unter der Last von goldenen und silbernen Kerzenhaltern und einem großen goldenen Salzfässchen. »Wenn die Menge keinen Aufruhr veranstaltet und alles in Unordnung bringt, wird sicher ein Rabe herbeigeflogen kommen und sich über dem Abkommen erleichtern. Johann macht uns auch so schon genug Schwierigkeiten… einen Haufen Vogelkot würde er zweifellos als schlechtes Vorzeichen ansehen und sich weigern, zu unterzeichnen.«
»Immerhin ist überhaupt ein Abkommen zustande gekommen«, sagte Bolingbroke.
Lancaster seufzte, den Blick immer noch auf den Tisch gerichtet. »Ja. Aber ein Abkommen, das Karl zum Bastard und Richard zum französischen Thronfolger erklärt, ist kaum mehr wert als ein Haufen Vogelkot.«
»Warum denn, mein Lord?«, fragte Neville.
Lancaster drehte sich um und musterte Neville mit seinen kalten grauen Augen. »Glaubt Ihr etwa, die Franzosen werden niederknien und tausend Jahre ihrer stolzen Geschichte in Richards Hände legen, nur weil er im Besitz eines solchen Abkommens ist? Er kann damit winken, so viel er will. Solange er nicht bereit ist, es auch mit dem Schwert durchzusetzen und französisches Blut zu vergießen, ist es im Grunde wertlos.«
»Kein Franzose wird es anerkennen, wenn er nicht dazu gezwungen wird«, sagte Bolingbroke.
»Ja«, sagte eine unbekannte Stimme hinter ihnen, »und zweifelt nicht daran, mein junger Lord Hereford, dass englische Schwerter den französischen Stolz schon bald in die Knie zwingen werden.«
Die drei Männer drehten sich nach dem Neuankömmling um.
»Lord Oxford«, sagte Lancaster, ohne sich zu verbeugen, »schön, Euch zu sehen. Allerdings hatte ich Euch eher an Richards Seite erwartet.«
Robert de Vere, der Graf von Oxford, verzog verächtlich den Mund. Er war etwa fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahre alt und besaß die breitschultrige Statur, die sich in späteren Jahren häufig in Dickleibigkeit verwandelt. Sein Gesicht passte jedoch nicht zu seinem Körper: Es war schmal und finster, und die Haut besaß einen gelblichen Farbton, während Wangen und Nase von Pockennarben überzogen waren. Dennoch war es ein einnehmendes Gesicht, denn seine dunklen Augen und der volle Mund waren von überraschender Schönheit. Wenn man de Vere zum ersten Mal sah, fragte man sich unwillkürlich, ob er Augen und Mund nicht womöglich von irgendeinem gut aussehenden Toten gestohlen hatte.
»Und werdet Ihr es sein, der unsere siegreichen englischen Ritter und Bogenschützen im Kampf gegen die Franzosen anführt?«, fragte Bolingbroke.
De Vere lächelte gekünstelt, sein Gesichtsausdruck eher herausfordernd als kokett. »Nun, mein lieber Hal, ich ziehe das gemütliche Feuer im heimischen Herd und den Liebreiz unserer englischen Schönheiten einem solchen Unterfangen bei weitem vor. Doch vielleicht«, plötzlich wurde seine Miene drohend, »würdet Ihr eine solche Schlacht gern anführen? Wenn Euer Vater den Gedanken ertragen kann, dass Ihr womöglich von der Lanze irgendeines französischen Grafen aufgespießt werdet, heißt das. Nun? Was sagt Ihr, tapferer Ritter?«
Neville wurde plötzlich klar, dass Richard und de Vere sicher gehört haben mussten, wie die Menschen Bolingbroke zugejubelt hatten, und er fragte sich, ob ihnen vielleicht der gleiche Gedanke gekommen war wie ihm.
Wie ehrgeizig war Bolingbroke tatsächlich?
Und welcher Gefahr setzte er sich dadurch aus?
»Richard ist doch sicher froh, dass das Abkommen endlich unterzeichnet wird«, sagte Neville, um de Veres Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Ah… Neville, nehme ich an?« Der drohende Ausdruck in de Veres Miene ließ ein wenig nach. »Ich habe von Richard gehört, dass Ihr vor kurzem eine schöne und äußerst begehrenswerte Frau zur Gemahlin genommen habt. Zwar hat sie keine große Mitgift in die Ehe eingebracht«, ein Ausdruck der Gehässigkeit trat in de Veres Gesicht, »doch die Freuden des Schlafgemachs trösten einen über solche Kleinigkeiten leicht hinweg, habe ich nicht recht?«
»Genug!«, sagte Lancaster. »De Vere, Ihr habt bisweilen ein höchst lästerliches Mundwerk und blickt auf Männer hinab, die von Geburts wegen und ihrem Benehmen nach weit über Euch stehen. Ihr seid hier nur geduldet, weil Ihr Richards Schoßhündchen seid. Nehmt Euch in Acht, dass Ihr nicht eines Tages einen Dolch im Rücken habt, solltet Ihr einmal nicht mehr in seiner Gunst stehen!«
»Ihr solltet lieber auf Euch selbst achtgeben, damit Euch nicht ein ähnliches Schicksal ereilt!«,
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