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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Londoner drängten sich mit ihren Verwandten aus den nahe gelegenen Dörfern und Städten in den Straßen und auf den Marktplätzen der Stadt. Geistliche standen auf den Kirchenstufen und erinnerten die Vorbeigehenden daran, dass sie diesen Tag in den heiligen Stätten verbringen und um Vergebung für ihre zahlreichen Sünden bitten sollten, wenn sie auch nur die leiseste Hoffnung auf Erlösung haben wollten.
    Doch die Menschen achteten nicht auf sie. Es war schließlich ein Feiertag, und niemand würde ihn darauf verschwenden, in einer eiskalten, düsteren Kirche sinnlose Gebete zu murmeln. Die Herbstmärkte waren in vollem Gange: Die Stände bogen sich unter der Last der Ernte, Scharen von Gänsen und Schweinen schnatterten und quiekten in ihren Verschlägen, Tagelöhner standen auf Kisten und boten ihre Dienste Landbesitzern an, die nach billigen Arbeitern suchten, und Hausierer und Quacksalber priesen ihre Waren und Wunderkuren an.
    Kauft meine Medizin! Kauft meine Medizin, Leute! Ein vorzüglicher und höchst kostbarer Trank, wohltuend und bekömmlich für Jung und Alt und besonders hilfreich bei hysterischen Anfällen in der Schwangerschaft. Tag und Nacht zu verwenden, ohne Gefahr, je nach Stärke des Anfalls. Dieser hervorragende Trank reinigt den Körper, befreit die Niere von Steinen und Grieß, wirkt Juckreiz und Krätze entgegen, und auch gegen Frostbeulen. Er lindert Gichtschmerz und Zahnschmerz, befreit den Darm von Blähungen und Pein, vertreibt Geräusche im Kopf oder in den Ohren, tötet alle Arten von Würmern und hilft gegen Knochenerweichung und Skorbut. Und das ist längst nicht alles! Nein, dieses Wundermittel fördert auch die Milchbildung in der Brust der Amme!
     
     
    »Ich schwöre beim Heiland«, murmelte Bolingbroke, als sie mit ihren Pferden den Savoy Palace verließen und in südliche Richtung den Strand hinunterritten, »wenn dieses Wundermittel auch dazu geeignet wäre, England von seinem König zu befreien, würde ich diesem grässlichen Quacksalber auf der Stelle seinen gesamten Vorrat abkaufen!«
    Neville lachte, obwohl die Angelegenheit viel zu ernst war. »Ich bin überzeugt«, flüsterte er und ritt dicht an Bolingbroke heran, damit nur dieser ihn hören konnte, »dass die Gefängniswärter in diesem schönen Land ein besseres Rezept für ein schnell und sicher wirkendes Gift kennen. Ich würde dir eher raten, dich an sie zu wenden, mein Freund, statt an diesen Honigwasserverkäufer.«
    Bolingbroke warf Neville einen nachdenklichen Blick zu. »Du würdest Mord in Betracht ziehen, um uns von diesem Dämon zu befreien, Tom?«
    Bevor Neville antworten konnte, hatten die Menschen, die den Strand entlang gen Westminster strömten, Bolingbroke und seine Eskorte bemerkt.
    »Prinz Hal! Unser strahlender Prinz!«
    »Hal! Hal!«
    Ein Schrei hallte über den Strand, der sich in ein mehrstimmiges Gebrüll verwandelte.
    Hal! Hal! Geliebter Prinz Hal!
    Neville zügelte sein Pferd und blieb bei den acht Soldaten zurück, die ihre Eskorte bildeten, damit Bolingbroke voranreiten und sich von der Menge feiern lassen konnte.
    Bolingbrokes silbrig glänzendes Haar war unbedeckt, und die blassgrauen Augen in seinem schönen Gesicht funkelten, als er sich in seinen Steigbügeln aufrichtete und den Menschen zuwinkte. Er trug eine Tunika aus prächtigem himmelblauem Samt, mit elfenbeinfarbenen Leinen- und Seidenstoffen darunter, und funkelte von Juwelen in allen Farben. An seiner Hüfte hing ein großes Zeremonialschwert und ein Basilard-Dolch, die beide in mit Gold und Edelsteinen verzierten roten Lederscheiden steckten. Als das Jubeln der Menge immer lauter wurde, schnaubte und tänzelte Bolingbrokes schneeweißes Schlachtross unruhig, doch Hal hielt es fest am Zügel, und mit jedem Aufbäumen des Hengstes schwoll das Jubeln der Menschen noch mehr an.
    Im Zeitalter der Heiden hätte man ihn wie einen Gott verehrt, dachte Neville und konnte ein freudiges und stolzes Lächeln nicht unterdrücken. Heute beten die Menschen ihn lediglich an.
    Eine Frau mit einem Kind auf den Armen kam am Rand der Menge ins Stolpern, und Bolingbroke ritt zu ihr hinüber. Er beugte sich vor und ergriff ihren Arm, um ihr aufzuhelfen und die Menge johlte und pfiff anerkennend.
    Die Frau lief vor Freude rot an, dass sich Bolingbroke so um sie bemühte, und hob ihr Kind hoch – ein Mädchen von vielleicht zwei Jahren.
    Bolingbroke ließ die Zügel seines Hengstes fahren, sodass er das Tier nun lediglich mit Schenkeln und Knien

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