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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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ausgestattet war. Saubere, gewobene Binsenmatten bedeckten den Holzfußboden und in mehreren Wandleuchtern brannten Öllichter. Die Läden der großen Fenster waren geschlossen – am Fluss war die Nacht kühl, obwohl der Herbst noch kaum begonnen hatte –, und in einem Kamin neben dem Bett loderte ein helles Feuer.
    Margaret kniete neben dem Kamin am Boden. Sie war einfach gekleidet, mit einem weiten Nachthemd aus feiner, elfenbeinfarbener Wolle. Ihr bronzefarbenes Haar war offen und ergoss sich über ihre Schultern.
    Rosalind lag schlafend in ihrem Schoß, und als Neville eintrat, blickte Margaret hoch und schenkte ihm ein unsicheres Lächeln.
    Dann sah sie zu Agnes hinüber, die gerade Kleider in eine der Truhen legte. »Lass uns bitte für einen Moment allein, Agnes. Du kannst Rosalind später holen.«
    Agnes nickte, machte einen Knicks vor Margaret und Thomas und ging durch eine schmale Tür hinaus, die in ein kleineres Zimmer führte, in dem sie und Rosalind die Nacht verbringen würden.
    Neville rieb sich müde den Nasenrücken und überlegte, was er sagen oder tun sollte.
    Margaret nickte in Richtung eines Stuhls, der ihr gegenüber am Kamin stand. »Tom, setz dich doch und zieh deine Stiefel aus. Du hast heute lange genug das Schicksal der Welt auf den Schultern getragen.«
    »Ja.« Neville sank auf den Stuhl und streifte mit einem erleichterten Seufzen die Stiefel ab. »Aber es gibt immer noch etwas, das auf mir lastet, Margaret.«
    Margaret blickte auf ihre Tochter hinab und strich mit dem Finger sanft über die Stirn des schlafenden Mädchens. »Auf mir ebenso, Thomas.«
    »Margaret…«
    Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen. »Warum hasst du mich so sehr? Womit habe ich das verdient?«
    »Margaret, ich weiß nicht recht, was ich von dir halten soll. Wie soll ich verstehen, was heute Nachmittag geschehen ist? Der heilige Michael hat mich aufgefordert, dich umzubringen. Er behauptet, du seist Geschmeiß, ein Scheusal, das niemals das Licht der Welt hätte erblicken dürfen. Er sagte, du seist das, was ich vernichten muss.«
    »Und trotzdem tötest du mich und unsere Tochter nicht. Weil du glaubst, ich könnte dir noch von Nutzen sein und durch meine Anwesenheit die Dämonen aus ihren Verstecken locken. Zumindest«, Margaret blickte ihm fest in die Augen, »ist das die Erklärung, die du dem Erzengel gegeben hast.«
    Neville schwieg.
    »Habe ich jemals Dämonen aus ihren Verstecken gelockt, Tom?«
    Immer noch antwortete er nicht, denn er musste an Wycliffes kurzen Besuch denken und die Achtung, die der Geistliche Margaret entgegengebracht hatte.
    »Oder habe ich dir nicht eher Verbündete für deinen Kampf gegen das Böse zugeführt?«, fuhr sie ruhig fort. »Ohne mich wärst du immer noch in der Kirche gefangen. Ohne mich könntest du jetzt nicht Lancaster und Bolingbroke deine stärksten Verbündeten nennen. Ohne mich würdest du nicht über die Mittel verfügen, um noch besser gegen die Dämonen kämpfen zu können.«
    »Und wer sind die Dämonen, von denen ich umgeben bin, meine Liebe?«
    Ihr Gesicht erstarrte angesichts des spöttischen Tons, mit dem er das Kosewort aussprach. »Wer, wenn nicht Richard! Richard ist das Gestalt gewordene Böse. Zweifellos hat er die Schatulle in seinem Besitz, nach der du so verzweifelt suchst.«
    Neville beugte sich vor. »Du verrätst dich selbst, Margaret. Du hast schon immer mehr gewusst, als du hättest wissen dürfen. Meine Liebe, heute Nacht wirst du mir die Wahrheit sagen, oder ich schwöre bei Gott, ich werde dir Rosalind aus den Armen nehmen und sie aus dem Fenster werfen und dich gleich hinterher!«
    »Du würdest deiner Tochter kein Leid zufügen!« Margaret drückte Rosalind fester an sich, doch es nützte nichts, denn Neville sprang auf und entriss ihr das Kind.
    Rosalind brach in Weinen aus, doch Neville achtete nicht auf sie. »Wenn du mich nicht auf der Stelle davon überzeugst, dass Rosalind kein dämonisches Blut in sich hat, dann verspreche ich dir, werde ich sie töten! Und dich ebenso!«
    Margaret versuchte, Rosalind aus Nevilles Griff zu befreien, doch es gelang ihr nicht. »Du liebst deine Tochter! Du kannst sie nicht umbringen!«
    »Hast du nicht heute Nachmittag selbst gesagt«, flüsterte Neville mit so viel Boshaftigkeit in der Stimme, dass Margaret ganz bleich wurde und einen Moment lang in ihren Versuchen, ihre Tochter zu retten, innehielt, »dass ich dich nicht für eine Dämonin halten kann, weil dann auch Rosalind eine wäre? Du

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