Diener des Boesen
Isabella hatte Katherine ihre Nachricht inzwischen sicher übermittelt – doch was würde Katherine tun? Nichts… gar nichts.
Und Hal. Margaret konnte verstehen, warum er Mary heiratete. Diese Ehe würde ihm große Macht verleihen. Aber konnte er es sich wirklich leisten, Katherine auf diese Weise vor den Kopf zu stoßen? Sie mussten stark bleiben und zusammenhalten. Sie konnten es sich nicht erlauben, Katherine zu beleidigen. Womöglich verweigerte sie ihnen sonst ihre Hilfe, wenn sie sie brauchten.
Die arme Mary, dachte Margaret. In einem solch erbitterten Kampf zwischen die Fronten zu geraten. Sie wird es nicht überleben.
»Edle Damen?« Ein Page erschien in der Tür. »Es ist so weit.«
Bolingbroke hatte beschlossen, nicht in der Kapelle des Savoy Palace zu heiraten und auch nicht in der Abtei oder der St. Stephen’s Kapelle von Westminster, sondern in der St. Paul’s Kathedrale im Westen Londons. Es war eine wohlüberlegte Entscheidung, denn Bolingbroke wollte, dass die Bewohner Londons an der Hochzeit teilnehmen konnten. Diese Ehe war nicht nur eine Verbindung zwischen Mary de Bohun und Hal Bolingbroke, sondern würde zugleich die Bindung zwischen Bolingbroke und dem englischen Volk festigen.
Die Londoner liebten Bolingbroke umso mehr, weil er sich für St. Paul’s entschieden hatte, und deshalb war es eine überaus gute Wahl gewesen. In anderer Hinsicht war sie jedoch weniger glücklich, denn Richard – wie immer in Begleitung von Robert de Vere, dem Grafen von Oxford – war ebenfalls anwesend.
Zur Mittagszeit setzte sich eine große Prozession vom Savoy Palace aus in Bewegung. An ihrer Spitze befanden sich Bolingbroke und Mary – Bolingbroke saß auf seinem großen, tänzelnden schneeweißen Schlachtross und Mary wesentlich bescheidener auf einem kastanienbraunen Zelter, der von einem Pagen geführt wurde.
Hinter ihnen ritten Seite an Seite Johann, der Herzog von Lancaster, und Richard, der einige Stunden zuvor mit dem Schiff von Westminster im Savoy Palace eingetroffen war. Dahinter folgten mehrere Adlige des Reiches, unter ihnen der Graf von Westmorland, Ralph Raby, der vor einer Woche von Sheriff Hutton angereist war, und Robert de Vere, der Graf von Oxford. Thomas Neville ritt hinter dem Hochadel, zusammen mit einigen anderen Begleitern der Herzöge, Grafen und Barone.
Vom Savoy Palace bis zur St. Paul’s Kathedrale, eine Strecke, die zu Fuß höchstens zwanzig Minuten in Anspruch nahm, war es nur ein kurzer Ritt. Nachdem sie die Tore des Savoy Palace hinter sich gelassen hatte, ritt die Prozession in nordöstlicher Richtung den Strand hinunter. Ein Jubeln erhob sich unter den Zuschauern, die sich am Straßenrand drängten, und Bolingbroke lächelte und verbeugte sich vor der Menge. Neville konnte sehen, wie sich Richards Rücken versteifte.
Sie ritten langsam den Strand entlang und passierten die Anwaltskammern zu ihrer Rechten. Die großen Rechtsschulen und Gerichte von England waren in einem alten Gebäude untergebracht, das einstmals dem Templerorden gehört hatte.
Dahinter ragte ein weiteres großes Gebäude auf, wie eine schwarze Krähe, die auf ihrer Beute hockt: Blackfriars, der Sitz der Dominikaner in London. Der Vergleich mit der gefräßigen Krähe war durchaus passend, denn Blackfriars hatte sich so stark vergrößert, dass es inzwischen den gesamten Teil der Stadtmauer vom Ludgate bis zur Themse einnahm.
Neville musste ein Schaudern unterdrücken. War der Ordensgeneral von England, Richard Thorseby, irgendwo dort drinnen und sann darüber nach, wie er Thomas zu Fall bringen konnte?
Ein Schatten fiel auf ihn, und er erschrak, ehe er bemerkte, dass es der Schatten des Ludgate war. Er blickte hoch, als er unter dem Tor hindurchritt, und stellte sich vor, er könnte die Schreie der Gefangenen hören, die in dem finsteren Kerker eingesperrt waren.
Er schüttelte sich. Was fiel ihm ein? Heute war ein Tag der Freude!
In diesem Moment ließen Bolingbroke und Mary an der Spitze der Prozession den Schatten des Ludgate hinter sich und ritten auf die breite Straße hinaus, die zur St. Paul’s Kathedrale führte.
Auf dem Hof der Kathedrale drängten sich die Bewohner Londons, und als Bolingbroke und Mary in Sicht kamen, erhob sich großer Jubel.
Hal! Hal! Geliebter Prinz Hal!
Und Neville sah, wie sich Richard noch mehr versteifte und de Vere über die Schulter hinweg einen finsteren Blick zuwarf.
Hal! Hal! Geliebter Prinz Hal!
Die Menge teilte sich, um der Prozession
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