Diener des Boesen
weitere Unterbrechungen geleistet, obwohl sich so mancher Blick hin und wieder auf den grinsenden Richard heftete, während die Leute sich fragten, was er als Nächstes tun mochte.
Nachdem Bolingbroke seinen Schwur abgelegt hatte, sprach auch Mary ihren mit klarer Stimme, und dann segnete Sudbury den Ring – einen schweren Goldring, in den ein großer Rubin eingelassen war.
Ein weiterer Fehler, dachte Margaret, denn dieser Ring wird niemals passen. Marys Hände sind viel zu klein.
Bolingbroke nahm den Ring und blickte Mary in die Augen. »Mit diesem Ring nehme ich dich zu meiner Frau. Ich will dich lieben und ehren, in guten wie in schlechten Zeiten, bis dass der Tod uns scheidet.«
Dann schob er Mary den Ring auf den Daumen ihrer linken Hand und sagte: »Im Namen des Vaters…«
Ein großer Schwarm Tauben erhob sich von den Gebäuden in der Umgebung der Kathedrale, und das Rauschen ihrer Flügel erfüllte die Luft.
Bolingbroke steckte Mary den Ring auf den Zeigefinger und fuhr fort: »… des Sohnes…«
Margaret blickte zum Himmel hinauf, und in diesem Moment brach das Licht der Sonne durch den grauschwarzen Taubenschwarm, und ein einzelner Sonnenstrahl fiel auf Marys Haupt.
Nun steckte Bolingbroke den Ring auf Marys Mittelfinger und sagte: »… und des Heiligen Geistes…«
Einige Leute, die an diesem Tag anwesend waren, schworen hinterher, ein leichtes Beben hätte die Erde unter ihren Füßen erschüttert, als Bolingbroke diese Worte sprach.
Schließlich schob Bolingbroke den Ring auf Marys Ringfinger, wo er bleiben würde.
»Amen«, sagte er, und die Tauben kreischten auf, denn in diesem Moment stürzte sich ein Falke auf sie, packte eine große schneeweiße Taube und stieg mit einem triumphierenden Krächzen in den Himmel auf.
Als der Falke sein Krächzen ausstieß, blickte Bolingbroke zu Richard hinüber, und diesmal wirkte sein Gesicht genauso triumphierend wie der Ruf des Falken.
Margaret bürstete Marys Haar aus und hoffte, dass die Nacht ebenso harmonisch verlaufen würde wie der Rest der Hochzeitszeremonie und der Feier. Nachdem Bolingbroke Mary den Ring auf den Finger gesteckt hatte, hatte Sudbury ihnen seinen Segen erteilt, und der Erzbischof, Braut und Bräutigam und alle geladenen Gäste waren zur Hochzeitsmesse in die Kathedrale gegangen. Nachdem die Messe vorbei war – es war eine äußerst ermüdende Angelegenheit gewesen, die sich über zwei Stunden hingezogen hatte –, war die Prozession unter dem Jubeln der Menge zum Savoy Palace zurückgekehrt und hatte sich zu einem opulenten Hochzeitsmahl im großen Saal versammelt.
Nun stand der letzte Ritus bevor, der aus Mary rechtsgültig eine Frau machen und Bolingbrokes Anspruch auf die Ländereien und den Reichtum, den sie als Mitgift in die Ehe einbrachte, besiegeln würde: der Vollzug der Ehe.
Mary schien niedergeschlagen und ängstlich, doch Margaret wusste, dass sie Glück hatte, dass der alte Brauch, wonach sechs Mitglieder des Geheimen Rates im Schlafgemach anwesend sein mussten, um Zeuge des Ehevollzugs zu werden, schon lange nicht mehr befolgt wurde. Bolingbroke und Mary würden bei ihrer ersten körperlichen Vereinigung allein sein, doch sie mussten noch die Segnung des Schlafgemachs über sich ergehen lassen – während beide nackt im Bett lagen, die schneeweißen Laken bis zu den Schultern hochgezogen. Und am nächsten Morgen würden drei Mitglieder des Geheimen Rates die Laken inspizieren, um sich zu vergewissern, dass tatsächlich eine Vereinigung stattgefunden hatte und Mary noch Jungfrau gewesen war, als sie Bolingbroke zum ersten Mal beigewohnt hatte.
Bolingbroke war ein mächtiger Adliger des Reiches, ein möglicher Thronerbe, zumindest so lange, bis Richard selbst einen Nachfolger gezeugt hatte, und der Geheime Rat wollte sichergehen, dass jedes Kind, das Mary gebar, tatsächlich von Bolingbroke stammte.
Den ganzen Abend lang verspürte Margaret Erleichterung darüber, dass sie einen Adligen von niederem Stand geheiratet hatte und deshalb den ganzen unangenehmen Teil der Hochzeitsbräuche, wie er bei den Edelleuten des Reiches üblich war, nicht hatte über sich ergehen lassen müssen.
Schließlich war sie mit Marys Haar fertig, und an dem Rascheln und Flüstern hinter dem Wandschirm, wo Bolingbroke von Neville und zwei seiner Kammerdiener entkleidet wurde, konnte sie erkennen, dass es Zeit wurde, Mary ins Bett zu bringen.
»Kommt«, flüsterte sie und beugte sich zu Mary hinab, die vor ihr saß.
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