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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. Lewis
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durch Tiefen und Dunkelheiten gegangen, wie sie niemand sonst kennenlernen wird. Der Grund dafür ist der: Für uns bedeutet der Mensch hauptsächlich ein Nahrungsmittel; wir bezwecken, seinen Willen vollständig aufzusaugen in unsern Willen, unsern Lebensraum auf seine Kosten zu erweitern. Der Gehorsam aber, den der Feind von den Menschen verlangt, ist etwas ganz anderes. Wir müssen uns der Tatsache stellen, daß alles Gerede über Seine Liebe zu den Menschen und über die Freiheit des Menschen in Seinem Dienst nicht (wie man gerne glaubt) bloße Propaganda, sondern erschreckende Wahrheit ist. Er hegt wirklich die Absicht, das Weltall mit einer Menge ekelhafter Abbilder Seiner Selbst zu füllen – mit Geschöpfen, deren Leben in ihrem Miniaturmaßstab dem Seinen wesenhaft gleich geworden ist, nicht weil Er sie in Sich aufgenommen hätte, sondern weil ihr Wille aus freiem Entschluß dem Seinigen gleichförmig geworden ist. Wir brauchen Vieh, das schließlich zum Fraß wird. Er sucht Diener, die zuletzt zu Söhnen werden. Wir saugen sie aus. Er gibt sich her. Wir sind leer und wollen uns füllen. Er besitzt die Fülle und fließt über! Unser Kriegsziel ist eine Welt, aus der Unser-Vater-in-der-Tiefe alle andern Wesen in sich selbst aufgesogen hat. Der Feind jedoch wünscht die Welt mit Wesen erfüllt, die mit Ihm vereint und doch unterschieden leben.
    Und damit kommen wir zu der Rolle, die die Tiefpunkte spielen. Du hast Dich gewiß schon oft gewundert, warum der Feind Seine Macht so wenig gebraucht, um der menschlichen Seele in jedem Augenblick Seine Gegenwart fühlbar zu machen in einer Weise, wie Er sie für gut hält. Nun aber verstehst Du, daß das Unwiderstehliche und das Unbestreitbare die beiden Waffen sind, die Sein Plan ihm anzuwenden verbietet. Den menschlichen Willen zu überspielen (was seine fühlbare Gegenwart – außer in der blassesten und abgeschwächtesten Form – sicher täte) wäre für Ihn nutzlos. Er kann nicht hinreißen. Er kann nur werben. Seine niederträchtige Absicht ist, den Pudding gleichzeitig zu verzehren und aufzubewahren. Die Geschöpfe sollen eins sein mit Ihm und doch sie selber bleiben. Ihre Persönlichkeit einfach aufzuheben oder sie Sich anzupassen dient Ihm nicht. Er ist zwar bereit, sie am Anfang ein wenig zu überwältigen. Er bringt sie mit Mitteilungen Seiner Gegenwart auf den Weg, die, so gering sie auch sein mögen, ihnen schon erhaben scheinen, und mit beseligenden Gefühlen und der Zuversicht leichter Siege über alle Versuchungen. Er aber läßt diesen Zustand nie zu lange währen. Früher oder später entzieht Er ihnen, wenn auch nicht in Wirklichkeit, so doch wenigstens für ihre bewußte Erfahrung, alle jene Stützen und Reizmittel. Er läßt das Geschöpf auf seinen eigenen Füßen stehen, damit es aus eigenem Willen die nun aller Reize entblößten Pflichten erfülle. Während solcher Perioden der Mühe, und nicht in der Begeisterung, wächst er zu einem Geschöpf heran, wie Er es haben will. Darum erfreuen Ihn die Gebete, die Ihm aus diesem Zustand geistiger Dürre heraus dargebracht werden, am meisten. Wir können unsere Patienten mit Hilfe beständiger Versuchungen hinter uns herschleppen, denn wir haben sie ausschließlich für unsere Tafel bestimmt, und je mehr ihr Wille durchkreuzt wird, um so besser ist es. Er kann die Menschen nicht zur Tugend versuchen wie wir zum Laster. Weil Er will, daß sie selbständig gehen lernen, muß Er Seine Hand von ihnen abziehen. Und wenn nur der Wille zum Gehen wirklich da ist, so freut Er sich auch über ihr Stolpern. Täusche Dich nicht, Wormwood! Unsere Sache steht nie so sehr in Gefahr wie dann, wenn ein Mensch, der zwar nicht mehr das Verlangen, aber doch noch den Vorsatz hat, dem Feind zu dienen, hinausblickt auf ein Weltall, aus dem auch der letzte Schatten Seiner Gegenwart gewichen zu sein scheint, wenn er fragt, warum er verlassen sei, und … trotzdem gehorcht.
    Aber natürlich bieten diese Zeiten der Leere auch uns allerlei Möglichkeiten. Im Laufe der nächsten Woche will ich Dir einige Winke darüber geben, wie Du sie am besten ausbeuten kannst.
    Dein Dich liebender Oheim
    Screwtape

IX
    Mein lieber Wormwood,

    Ich hoffe, mein letzter Brief hat Dich davon überzeugt, daß die Niederungen der geistigen Stumpfheit oder „Trockenheit“, durch die Dein Patient gegenwärtig geht, nicht an sich schon seine Seele in Deine Hände spielen, sondern vielmehr richtig ausgebeutet werden müssen. Ich will nun

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