Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. Lewis
Vom Netzwerk:
im entscheidenden Augenblicke annimmt, und das will sagen: im Augenblick höchster Wirklichkeit; Keuschheit oder Ehrlichkeit oder Barmherzigkeit, die in der Gefahr nicht standhält, ist nur bedingte Keuschheit, Ehrlichkeit oder Barmherzigkeit. Pilatus war barmherzig, bis es gefährlich wurde.
    Es ist daher gut möglich, daß wir ebensoviel verlieren, wie wir gewinnen, wenn wir einen Feigling aus ihm machen; er könnte zuviel über sich selbst erfahren! Es bleibt natürlich immer noch die Möglichkeit, sein Schamgefühl nicht zu narkotisieren, sondern zu steigern und Verzweiflung zu schaffen. Dies wäre ein herrlicher Triumph! Dadurch würde offenbar, daß er an des Feindes Vergebung aller seiner andern Sünden nur deshalb geglaubt und diese Vergebung nur deshalb angenommen hat, weil er sich ihrer wirklichen Sündhaftigkeit nie völlig bewußt war. Und nun, wo es um die eine Sünde geht, die er in ihrer ganzen Schändlichkeit begreift, wäre er unfähig, die Gnade zu suchen oder an sie zu glauben. Ich fürchte jedoch, daß Du ihn in der Schule des Feindes schon zu weit hast voranschreiten lassen und daß er weiß, daß die Verzweiflung eine noch viel größere Sünde ist als alle jene, die sie veranlaßt haben.
    Über die eigentliche Technik der Verführung zur Feigheit brauchen wir nicht viele Worte zu verlieren. Der wichtigste Ausgangspunkt ist, daß Vorsichtsmaßnahmen meist die Furcht vergrößern. Die behördlich eingeschärften Vorsichtsmaßnahmen hingegen werden bei Deinem Patienten bald zur Gewohnheit und verlieren langsam diese Wirkung. Deine Sache ist es nun, daß er sich in Gedanken (neben der bewußten Absicht, seine Pflicht zu erfüllen) dauernd mit vagen Möglichkeiten beschäftigt, was er innerhalb des Rahmens seiner Pflicht tun oder lassen könnte, um seine Sicherheit ein wenig zu erhöhen. Lenke seine Gedanken ab von der ganz einfachen Regel („Ich habe hier auf meinem Posten zu stehen und so zu handeln“) hin auf eine ganze Reihe von eingebildeten Möglichkeiten. („Wenn ‚A’ geschehen würde – wenngleich ich dringend hoffe, daß es nicht geschehen werde –, so könnte ich ‚B’ tun – und wenn es zum Äußersten kommen sollte, wäre immer noch ‚C’ möglich.“) Auch könnte man seinen Aberglauben, wenn er nicht als solcher erkannt wird, wecken. Es geht darum, ihn im Glauben zu bestärken, er besitze etwas außer dem Feinde und der vom Feinde geschenkten Tapferkeit, worauf er sich im Notfalle stützen könnte , so daß, was er als volle Hingabe an die Pflicht intendiert, überall von kleinen unbewußten Vorbehalten durchlöchert wird. Durch den Aufbau einer Reihe solch vorsorglicher Maßnahmen, das „Äußerste“ zu vermeiden, könntest Du auf der Willensebene, die ihm nicht gewahr ist, den Entschluß erzeugen, „es überhaupt n icht zum Äußersten kommen zu lassen“. Dann, wenn der Moment des wirklichen Schreckens kommt, jage diesen Entschluß in seine Nerven und Muskeln, und er hat die verhängnisvolle Tat vollbracht, ehe er sich dessen bewußt geworden ist, was Du im Schilde führst. Denn denke daran, es ist die Tat der Feigheit, auf die es allein ankommt. Das Furchtgefühl an und für sich ist keine Sünde; und wenn wir auch unsere Freude daran haben, so nützt es uns doch nichts.
    Dein Dich liebender Oheim
    Screwtape

XXX
    Mein lieber Wormwood,

    Ich frage mich manchmal, ob Du glaubst, Du seist zu Deinem eigenen Vergnügen in die Welt gesandt worden. Ich erfahre nicht etwa durch Deinen jämmerlich unzulänglichen Bericht, sondern durch die Höllenpolizei, daß das Benehmen des Patienten während des ersten Luftangriffes so schlimm wie überhaupt nur möglich war. Er empfand furchtbaren Schrecken, aber er sieht sich nun auch selber als echten Feigling an und fühlt daher alles andere als Stolz über sich. Und doch tat er alles, was die Pflicht von ihm verlangte, und noch etliches mehr. Alles nun, was Du angesichts dieses Unheils als Guthaben buchen kannst, ist sein momentanes Aufbrausen wegen eines Hundes, der ihm zwischen die Beine lief, ein wenig übermäßiges Zigarettenrauchen und das Vergessen eines Gebetes. Welchen Wert hat es, daß Du mir über Deine Schwierigkeiten vorjammerst? Wenn Du Dich gar auf die vom Feinde propagierte Idee „der Gerechtigkeit“ zurückziehen und vorbringen willst, daß Deine Aussichten und Absichten in Rechnung gestellt werden müssen, dann weiß ich nicht, ob nicht eine Anklage wegen Ketzerei gegen Dich fällig ist. Auf jeden Fall wirst Du

Weitere Kostenlose Bücher