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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Jumper und öffnet hastig die Etagentür.
    Im gleichen Augenblick trifft sie schon der Schlag in die Seite. Sie seufzt auf, sinkt hin – und sieht dabei, vor wütendem Schmerz nur halb bei Bewusstsein, eine kleine, untersetzte Gestalt in die Wohnung dringen. ›Emil Schaken‹, denkt sie noch.
    Johannes Wiebe hat den Fall auf der Treppe gehört, aber er ist zu müde, sich darüber Gedanken zu machen. Der eine Schuh ist schon auf den Boden gefallen, an dem andern knüpft er.
    Da springt einer in das Zimmer, steht vor ihm und sagt höhnisch: »Fatzke, ich komme, die Provisjon holen. Weeßte, die de mir versprochen hast for det Mächen! Schnieket Mächen, wat?«
    Johannes Wiebe hat nicht die geringste Lust, auf das blöde Geschwätz dieses Tiers zu lauschen. Aber er ist voll Empörung, dass dieser Kerl auf eine ihm noch unverständliche Weise in Hannes Zimmer gekommen ist.
    »Machen Sie schleunigst, dass Sie hier rauskommen!«
    »Nach Bezahlung jerne, Herr Jeneraldirektor! Her mit dem Kies!«
    Und des Redens müde, fasst er Hannes vorn an der Brust.
    »Was für Kies?«, fragt der.
    »Dein Jeld. Mir steht det zu – du kriegst det Mächen und ick det Jeld!«
    »Geld!«, sagt Johannes Wiebe. »Das Geld ist nicht mehr hier!«
    »Wat!«, schreit er. »Du lügst – willst du det Jeld herjeben, oder ick mache dir kaputte!«
    Und er schüttelt Wiebe in rasendem Jähzorn.
    »Wo is det Jeld?«
    »Das Geld hat Fräulein Lark eben zur Post gebracht«, sagt Johannes Wiebe angeekelt. »Bitte, überzeugen Sie sich, da liegt die leere Brieftasche.«
    Mit einem Satz ist Emil Schaken bei ihr. Er reißt sie auf, wirft den Paß zur Erde, schiebt seine Finger in jede Tasche.
    »Det Mächen!«, schreit er atemlos. »Det Mächen hat ...«
    »Das Geld zur Post gebracht.«
    »Aber die liegt ja draußen!«, schreit Emil Schaken und rennt.
    »Was?!«, ruft Johannes Wiebe und stürzt ihm nach.
    Emil Schaken steht auf dem Treppenabsatz und starrt dumm auf die Stelle, wo Hanne Lark zusammengesunken war. »Weg«, flüstert er und sieht Johannes Wiebe, wie um eine Erklärung bittend, an. »Und ick habe ihr doch eenen Rippentriller verpasst – zehn Minuten hätte se langliejen müssen.«
    »Was?!«, schreit nun Johannes Wiebe. »Sie haben sie geschlagen?!«
    Und dringt auf ihn ein! Wieder ist die Schwäche vergessen. Er schlägt blindlings auf den Überraschten los, der mit dem Problem fertig zu werden sucht, wieso das Geld wieder weg ist, das Mädchen fort ist ..., der sich kaum wehrt.
    Schritte auf der Treppe, leichte Schritte, schwere Schritte, von fern. Die Kämpfenden achten nicht darauf. Die Schritte kommen näher, und es erscheint ein Schutzmann, hinter ihm der Hauswart, der Hanne, die schneeweiße Hanne, führt.
    Zuerst sieht sich Emil Schaken um. An dem Schupogleitet sein Blick gleichgültig vorbei, aber als er das Mädchen sieht, reißt er sich mit einem Ruck von Hannes los.
    »Willst du das Geld hergeben, du frechet Aas!«, schreit er.
    Im Sprung trifft ihn die Faust des Schupos. Er fällt auf die Treppe, will sich halten und stürzt bis vor die Füße von Hanne und dem Hauswart. Ehe er noch hochkommt, ist der Schupo über ihm.
    »Nun aber Ruhe gehalten, alter Junge! Sonst spricht der mit!« Und er hebt den Gummiknüppel leicht an.
    »Stehen Sie auf und kommen Sie mit!«
    Wortlos steht Emil Schaken auf.
    »Zeigen Sie mal Ihre Hände her! So!« Es knackst stählern.
    »Und nun erzählen Sie mal, was Sie hier in der fremden Wohnung wollten.«
    »Klauen, Herr Wachtmeister!«, sagt Emil Schaken. »Jeld klauen, det mir zusteht!«
    Er wendet dabei keinen Blick von Hanne.
    »Det nächste Mal«, sagt er, »wo ick dir treffe, bleibste liejen, wo ick dir hinleje, vastanden?«
    »Unterlassen Sie solche Drohungen!«, sagt der Wachtmeister streng. »Sie geben also zu ...«
Ungeduld
    Hanne Lark war gelaufen, endlich stand sie wieder vor der Zentralmarkthalle. Sie war so sehr gelaufen, dass ein recht empfindlicher, scharf stechender Schmerz in der Seite sie an den »Rippentriller« von Emil Schaken erinnerte. Unwillkürlich fasste sie, aufseufzend, an die schmerzende Stelle.
    Der unter den Jumper gesteckte Brief knisterte und erinnerte sie an ein Vergessen.
    Einen Augenblick überlegte sie. Es war unklug, die Tante, die nun schon anderthalb Stunden hatte warten müssen, noch länger warten zu lassen. Auch ihr Pflichtgefühl sprach dagegen, denn in diesen Morgenstunden war der Andrang am stärksten und Tante Gustchen war nicht mehr die

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